Was sich im Bereich der Lohnsteuer zum Jahreswechsel 2022/2023 ändert

Durch eine Reihe gesetzlicher Änderungen tut sich bei der Lohnsteuer einiges! Nach der Energiepreispauschale und der neuen Inflationsausgleichsprämie werden sich zum Jahreswechsel zahlreiche weitere Rechtsänderungen ergeben. Die wesentlichen Neuerungen stellen wir Ihnen im folgenden Beitrag vor.

Das Jahressteuergesetz (JStG) 2022 und das Inflationsausgleichsgesetz bringen zum Jahreswechsel eine Reihe von Neuerungen im Bereich der Lohnsteuer. Beide Gesetze bedürfen noch der Zustimmung des Bundesrats.

Bereits verabschiedet sind das Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz und das Steuerentlastungsgesetz 2022, die ebenfalls für Arbeitgeber und Arbeitnehmer relevante Änderungen mit sich bringen.

1. JStG 2022

Der Entwurf eines JStG 2022 sieht insbesondere folgende Neuerungen vor:

Entfristung: Was sich bei der Homeoffice-Pauschale ändern soll

Der Gesetzgeber plant Änderungen bei der aus Anlass der Corona-Pandemie eingeführten Homeoffice-Pauschale: Für jeden Kalendertag, an dem die betriebliche oder berufliche Tätigkeit

  • überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt und
  • für diese keine außerhalb der häuslichen Wohnung belegene erste Tätigkeitsstätte aufgesucht

wird, soll ab 2023 für die gesamte betriebliche und berufliche Betätigung ein Betrag von 5 € (Tagespauschale), höchstens jedoch 1.000 € pro Jahr (bisher 600 €), abgezogen werden können. Damit sollen künftig 200 statt 120 Tage im Homeoffice begünstigt sein. Die Regelung soll auch gelten, wenn kein häusliches Arbeitszimmer zur Verfügung steht.

Steht für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, soll ein Abzug der Tagespauschale künftig selbst dann zulässig sein, wenn die Tätigkeit am selben Kalendertag auch auswärts oder an der ersten Tätigkeitsstätte ausgeübt wird. Der Abzug der Tagespauschale soll hingegen nicht zulässig sein,

  • soweit für die Wohnung Unterkunftskosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung abgezogen werden können, oder
  • wenn ein Abzug der Kosten eines häuslichen Arbeitszimmers vorgenommen wird.

Der Abzug der Tagespauschale ist grundsätzlich ausgeschlossen für die Tage, an denen die Voraussetzungen für den Abzug der Entfernungspauschale erfüllt sind (d.h., wenn neben der Ausübung der Tätigkeit in der häuslichen Wohnung die erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wird).

Ein Abzug beider Pauschalen nebeneinander für einen Tag ist grundsätzlich unzulässig. Das gilt jedoch nicht in den Fällen, in denen dem Beschäftigten für die betriebliche oder berufliche Betätigung kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesen Fällen kann daher sowohl die Entfernungspauschale als auch die Tagespauschale abgezogen werden.

Der Abzug von Reisekosten schließt - anders als bei der derzeitigen Regelung zur Homeoffice-Pauschale - den Abzug der Tagespauschale nicht aus.

Beispiel: Ein angestellter Bauingenieur fährt an einem Tag erst auf die Baustelle und anschließend erledigt er die Büroarbeiten nicht am Arbeitsplatz seines Arbeitgebers (erste Tätigkeitsstätte), sondern an seinem Arbeitsplatz in der häuslichen Wohnung.

 

Der Bauingenieur kann für diesen Tag Reisekosten für die Fahrt zur Baustelle und die Tagespauschale abziehen, wenn die Arbeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt wurde, d.h. mehr als die Hälfte der Gesamtarbeitszeit des Tages beträgt.

Können Unterkunftskosten für eine betrieblich oder beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung abgezogen werden, gilt Folgendes: Ein zusätzlicher Abzug der Tagespauschale ist nicht zulässig, soweit die Beschäftigten ihre betriebliche oder berufliche Betätigung in eben der Wohnung ausüben, für die die entstandenen Kosten als Mehraufwendungen im Rahmen der doppelten Haushaltsführung abziehbar sind.

Jahrespauschale: Neuregelungen beim häuslichen Arbeitszimmer geplant

Die Bundesregierung will den Abzug der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer mit Wirkung ab 2023 neu regeln: Steht für die betriebliche und berufliche Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, können die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer ab 2023 pauschal mit 1.250 € (Jahrespauschale) abgezogen werden.

Bildet das Arbeitszimmer darüber hinaus auch den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung, sind anstelle der Jahrespauschale die höheren tatsächlichen Aufwendungen abziehbar. Voraussetzung für den Vollkostenabzug soll ab 2023 jedoch auch in diesen Fällen sein, dass kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht.

Insoweit beinhaltet die geplante Neuregelung ab 2023 eine nicht zu unterschätzende Verschärfung gegenüber der geltenden Rechtslage.

Beachte: Soweit die Voraussetzungen für einen Vollabzug erfüllt sind, sollen Beschäftigte künftig zwischen der Pauschale und dem Vollabzug der tatsächlich entstandenen höheren Kosten wählen können.

 

Sonderausgabenabzug von Altersvorsorgeaufwendungen

Mit der Neuregelung soll eine im Koalitionsvertrag vereinbarte Maßnahme umgesetzt werden, die den vollständigen Abzug von Altersvorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben bereits ab dem Jahr 2023 vorsieht.

Die im Jahr 2005 mit dem Alterseinkünftegesetz begonnene Umstellung der Besteuerung von Renten aus der Basisversorgung auf die nachgelagerte Besteuerung sieht u.a. eine kontinuierlich ansteigende Steuerfreistellung von Altersvorsorgeaufwendungen vor.

Bisher ist gesetzlich geregelt, dass diese Altersvorsorgeaufwendungen bis zum Höchstbeitrag zur knappschaftlichen Rentenversicherung erstmals im Jahr 2025 zu 100 % als Sonderausgaben berücksichtigt werden können. Mit der Änderung soll der vorgesehene vollständige Sonderausgabenabzug auf das Jahr 2023 vorgezogen werden.

Damit sollen sich die als Sonderausgaben abzugsfähigen Altersvorsorgeaufwendungen im Jahr 2023 um 4 % und im Jahr 2024 um 2 % erhöhen.

Der höhere Sonderausgabenabzug soll ab 2023 im Lohnsteuerabzugsverfahren berücksichtigt werden.

Datenaustausch mit der privaten Kranken- und Pflegeversicherung

Zum 01.01.2024 soll ein umfassender Datenaustausch zwischen den Unternehmen der privaten Kranken- und Pflegeversicherung, der Finanzverwaltung und den Arbeitgebern eingeführt werden. Die Vorbereitungsarbeiten laufen seit längerem.

Dabei hat sich gezeigt, dass die mit dem JStG 2020 verabschiedeten gesetzlichen Regelungen zum Datenaustausch derzeit noch nicht vorsehen, dass das BZSt nicht nur Empfänger der Daten ist, sondern auch aus den übermittelten Daten die entsprechenden Lohnsteuerabzugsmerkmale bildet.

Diese Lücke soll mit einer Ergänzung von § 39 Abs. 4a Satz 1 EStG geschlossen werden.

Kurzfristig Beschäftigte

Nach § 40a Abs. 1 Satz 1 EStG kann der Arbeitgeber bei Arbeitnehmern, die nur kurzfristig beschäftigt werden, die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz von 25 % des Arbeitslohns erheben (Pauschalversteuerungsoption). Voraussetzung für das Vorliegen einer kurzfristigen Beschäftigung ist u.a., dass der Arbeitslohn während der Beschäftigungsdauer durchschnittlich 120 € je Arbeitstag nicht übersteigt.

Die Arbeitslohngrenze orientierte sich bisher an der Höhe des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns, lag aber stets darüber. Dadurch wird ermöglicht, auch über dem Mindestlohn liegende Stundenlöhne für qualifizierte Tätigkeiten in die Lohnsteuerpauschalierung einzubeziehen.

Mit Wirkung zum 01.10.2022 wurde der gesetzliche Mindestlohn auf 12 € je Stunde angehoben. Bei einem Achtstundentag beläuft sich der Mindestlohn danach auf 8 * 12 € = 96 € täglich.

Als Folgeänderung hierzu soll die Arbeitslohngrenze bei kurzfristiger Beschäftigung mit Wirkung zum 01.01.2023 von 120 € auf 150 € je Arbeitstag angehoben werden, damit die Pauschalversteuerungsoption ihre bisherige praktische Bedeutung auch in Zukunft behält.

Exkurs

Außerhalb der Lohnsteuer sind im Rahmen des JStG 2022 u.a. folgende Änderungen geplant:

  • Für bestimmte Photovoltaikanlagen soll eine Ertragsteuerbefreiung eingeführt werden.
  • Die Beratungsbefugnis von Lohnsteuerhilfe­vereinen im Zusammenhang mit steuerbefreiten Photovoltaikanlagen soll erweitert werden.
  • Der lineare AfA-Satz für die Abschreibung von Wohngebäuden soll auf 3 % angehoben werden (§ 7 Abs. 4 EStG).
  • Für Altersvorsorgeaufwendungen soll ab 2023 ein vollständiger Sonderausgabenabzug möglich sein (§ 10 Abs. 3 EStG).
  • Der Sparer-Pauschbetrag soll von 801 € auf 1.000 € pro Jahr erhöht werden (§ 20 Abs. 9EStG).
  • Der Ausbildungsfreibetrag soll von 924 € auf 1.200 € angehoben werden (§ 33aEStG).
  • Der Grundrentenzuschlag soll steuerfrei gestellt werden.
  • Bei der Riester-Förderung sind Verfahrensverbesserungen geplan

2. Inflationsausgleichsgesetz

Mit dem Inflationsausgleichsgesetz sollen die Folgen der Inflation durch folgende Maßnahmen gemildert werden:

Einkommensteuertarif

Für 2023 soll der Grundfreibetrag auf 10.908 € und für 2024 auf 11.604 € angehoben werden. Die Tarifeckwerte zu Beginn der „Reichensteuer“ (45 %) sollen unverändert beibehalten werden.

Kindergeld

Für das Jahr 2022 beträgt das monatliche Kindergeld für das erste und zweite Kind jeweils 219 €, für das dritte Kind 225 € und für das vierte und weitere Kinder jeweils 250 €. Für die Jahre 2023 und 2024 soll es angehoben werden, und zwar einheitlich auf 250 €.

Kinderfreibetrag

Der steuerliche Kinderfreibetrag soll für die Jahre 2022, 2023 und 2024 folgendermaßen angepasst werden:

  • für den Veranlagungszeitraum (VZ) 2022 von 2.730 € um 80 € auf 2.810 € für jeden Elternteil – der für ein Kind insgesamt zu berücksichtigende Kinderfreibetrag soll somit von 5.460 € um 160 € auf 5.620 € erhöht werden;
  • für den VZ 2023 von 2.810 € um 202 € auf 3.012 € – der für ein Kind insgesamt zu berücksichtigende Kinderfreibetrag soll somit von 5.620 € um 404 € auf 6.024 € erhöht werden;
  • für den VZ 2024 von 3.012 € um 180 € auf 3.192 € – der für ein Kind insgesamt zu berücksichtigende Kinderfreibetrag soll somit von 6.024 € um 324 € auf 6.348 € erhöht werden.

Beachte: Beim Lohnsteuerabzug bleibt die Erhöhung des Kinderfreibetrags für das Jahr 2022 unberücksichtigt und kann nur durch Abgabe einer Einkommensteuererklärung geltend gemacht werden.

 

Abzug von Unterhaltsleistungen

Der Höchstbetrag für den steuerlichen Abzug von Unterhaltsleistungen, dessen Höhe an die des Grundfreibetrags angelehnt ist, soll angehoben und rückwirkend ab dem Jahr 2022 durch die Einführung eines dynamischen Verweises angepasst werden.

3. Inflationsausgleichsprämie

Darüber hinaus wurde im bereits verabschiedeten Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz eine weitere, für Arbeitgeber und Arbeitnehmer bedeutsame Steuerbefreiung „versteckt“: Arbeitgeber können ihren Beschäftigten seit dem 26.10.2022 bis zum 31.12.2024 steuer- und sozialversicherungsfrei eine Zulage von bis zu 3.000 € gewähren.

Die nach § 3 Nr. 11c EStG begünstigten Leistungen können Arbeitgeber auch in mehreren Einzelleistungen während des Begünstigungszeitraums gewähren. Arbeitgebern steht ein Betriebsausgabenabzug hierfür zu.

Es handelt sich um eine „echte“ Steuerfreiheit, d.h., die steuerfreie Leistung unterliegt bei den Arbeitnehmern nicht dem Progressionsvorbehalt (anders als z.B. das Kranken- oder Kurzarbeitergeld hat die Zahlung der Inflationsausgleichsprämie keine Auswirkung auf die Höhe des Steuersatzes auf die steuerpflichtigen Einkünfte).

Der Betrag (3.000 €) ist als Freibetrag und nicht als Freigrenze ausgestaltet. Wird der Freibetrag überschritten, kann auf den übersteigenden Betrag aber eine andere Lohnsteuerbegünstigung, z.B. die 50-€-Freigrenze, der Rabattfreibetrag oder eine Lohnsteuerpauschalierung nach § 40 Abs. 2 EStG zur Anwendung kommen.

Die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 11c EStG kommt nur auf Arbeitgeberleistungen zur Anwendung, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden.

 

Beachte: Im jeweiligen Einzelfall ist nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen zu prüfen, ob eine freiwillige Arbeitgeberleistung allein durch Aufnahme eines Freiwilligkeitsvermerks vorliegt. Schriftliche Einschätzungen sollten für künftige Außenprüfungen im Lohnkonto hinterlegt werden.

  • Für die Inanspruchnahme der neuen Steuerfreiheit gem. § 3 Nr. 11c EStG ist es unerheblich, ob die Arbeitgeberleistung in Form von Barlohn oder einer Sachzuwendung erbracht wird.
  • Die steuerfreie Inflationsausgleichsprämie bezieht sich auf Leistungen vom jeweiligen Arbeitgeber. Daher dürfte je Dienstverhältnis die Steuerfreiheit von 3.000 € zur Anwendung kommen.
  • Die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 11c EStG gilt für Arbeitnehmer im Sinne des Steuerrechts. Durch den Bezug auf die Arbeitnehmereigenschaft im Sinne des Steuerrechts kann sie auch bei
    • (sozialversicherungsfreien) Gesellschaftern/ Geschäftsführern,
    • pauschal besteuerten kurzfristig beschäftigten Mitarbeitern,
    • geringfügig entlohnten Mitarbeitern bzw.
    • kurzfristigen, im Inland ausgeübten Tätigkeiten beschränkt steuerpflichtiger Arbeitnehmer zur Anwendung kommen.

 

4. Steuerentlastungsgesetz 2022

Schließlich hat auch das Steuerentlastungsgesetz 2022 vom 23.05.2022 zwei wichtige Änderungen im Bereich der Lohnsteuer gebracht:

Arbeitnehmer-Pauschbetrag

Der Arbeitnehmer-Pauschbetrag ist rückwirkend zum 01.01.2022 um 200 € auf 1.200 € angehoben worden. Beschäftigte können also ihre Werbungskosten bei der Einkommensteuererklärung ohne Belege pauschal in Höhe von 1.200 € geltend machen.

Fernpendlerpauschale

Rückwirkend ab dem 01.01.2022 ist die Entfernungspauschale für Fernpendler (ab dem 21. Kilometer) befristet bis 2026 von 35 Cent auf 38 Cent erhöht worden. Über die Mobilitätsprämie wird die Entlastung auch auf Geringverdiener übertragen.

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