Gesellschaftsrechtliche Änderungen als Folge der Corona-Krise

Neben den steuerrechtlichen Änderungen und Fördermaßen hat der Gesetzgeber ebenfalls aufgrund der Corona-Pandemie im Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht zeitlich vom 27.03.2020[1] beschränkte Änderungen im Gesellschaftsrecht vorgesehen.

Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften im Jahr 2020 können elektronisch abgehalten werden. Auch ohne ausdrückliche Satzungsbestimmung kann der Vorstand die Durchführung der HV im Wege elektronischer Kommunikation bzw. die Stimmabgabe bestimmen, wenn die Zustimmung des Aufsichtsrats vorliegt.

Die Hauptversammlung findet in diesem Fall ohne physische Präsenz der Aktionäre oder ihrer Bevollmächtigten als virtuelle Hauptversammlung statt. Voraussetzung dafür ist, dass kumulativ

  • die gesamte Versammlung in Bild und Ton übertragen wird;
  • die Aktionäre über elektronische Kommunikation ihr Stimmrecht ausüben (Briefwahl oder elektronische Teilnahme) und auf diese Weise eine Vollmacht erteilen können;
  • die Aktionäre Fragen mittels elektronischer Kommunikation stellen können;
  • die Aktionäre, die ihr Stimmrecht ausgeübt haben, eine Möglichkeit haben, Widerspruch gegen Hauptversammlungsbeschlüsse einzulegen.

Gleichzeitig wird die Frist zur Einberufung auf 21 Tage verkürzt und zudem die Frist für die Abhaltung der Hauptversammlung auf zwölf Monate nach Geschäftsjahresende verlängert. Ferner erhält der Vorstand auch ohne Hauptversammlung und Ermächtigung durch die Satzung mit Zustimmung des Aufsichtsrates die Möglichkeit, einen Abschlag auf den Bilanzgewinn an die Aktionäre zu zahlen. Sofern der Vorstand hiervon Gebrauch macht, hat er die Beschränkungen, die die Satzung oder das Gesetz zur Höhe des Abschlags vorsehen, auch weiterhin zu beachten.

Diese Bestimmungen gelten jedoch nicht für Aktiengesellschaften nach europäischem Recht (SE). Insoweit ist der  EU-Gesetzgeber tätig geworden und hat die Frist zur Abhaltung der Hauptversammlung für die SE ebenfalls auf zwölf Monate nach Abschluss des Geschäftsjahrs verlängert, sofern die Hauptversammlung spätestens bis zum 31. Dezember 2020 abgehalten wird.

Vergleichbare Regelungen gelten für Vereine und Genossenschaften.

Für das Jahr 2020 können Gesellschafterversammlungen einer GmbH Beschlüsse in Schrift- oder Textform fassen, ohne dass eine Gesellschafterversammlung durchzuführen ist. Dazu müssen nicht alle GmbH-Gesellschafter der Durchführung des schriftlichen Verfahrens zustimmen. Ein entsprechendes Mehrheitserfordernis lässt sich dem neuen Gesetz nicht entnehmen.

Praxistipp: Gleichwohl sollte aus Gründen der Rechtssicherheit das Einverständnis der einfachen oder – je nach Beschlussgegenstand - qualifizierten Mehrheit der GmbH-Gesellschafter eingeholt werden. Wenn sich die notwendige Mehrheit der Gesellschafter mit dem schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt (formlos möglich), ergeht der Gesellschafterbeschluss mit satzungsgemäßer Mehrheit unter Stimmabgabe in Textform (auch per E-Mail möglich). Sofern besondere gesetzliche Formvorschriften zu beachten sind (z.B. notarielle Beurkundung bei Änderung des Gesellschaftsvertrages), gilt dies unverändert fort.

Die geschilderte Erleichterung gilt insbesondere auch für solche GmbHs, deren Gesellschaftsvertrag keine ausdrücklichen Regelungen zur Beschlussfassung außerhalb von Präsenzversammlungen enthält oder die den Gesetzeswortlaut von § 48 Abs. 2 GmbHG wiederholen. Regelungen für GmbH-Gesellschafterversammlungen per Video- und Telefonkonferenzen sind nicht geschaffen worden, so dass der Gesellschaftsvertrag insoweit grundsätzlich ausdrückliche Regelungen vorsehen muss.

Praktisch lassen sich virtuelle Gesellschafterversammlungen mit Zustimmung aller Gesellschafter durchführen, indem sich die Gesellschafter zunächst in Telefon- oder Videokonferenzen über die einzelnen Beschlussgegenstände verständigen und (unmittelbar) anschließend Beschluss im schriftlichen Umlaufverfahren fassen.

Oder alternativ indem die Gesellschafter einen Gesellschafter bevollmächtigen, eine Gesellschafterversammlung abzuhalten und dort auch in ihrem Namen die Stimme abzugeben. Die dafür erforderliche Vollmacht kann grundsätzlich formlos erteilt werden, aus Beweiszwecken ist aber wenigstens Textform (z.B. per E-Mail) ratsam. Sofern der Gesellschaftsvertrag für diesen Fall Formvorschriften (z. B. Text- oder Schriftform) vorsieht, sind diese einzuhalten.

Ebenso lässt sich eine kombinierte Gesellschafterversammlung durchführen, indem die Gesellschafter, die per Telefon oder Videokonferenz zugeschalteten werden, einen Gesellschafter, der in der Gesellschafterversammlung anwesend ist, mit der Stimmabgabe bevollmächtigen.


[1] BGBl I 2020, S. 569.

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