BMF-Schreiben: So müssen Sie den Schuldzinsenabzug jetzt berechnen

Werden dem Unternehmen mehr Mittel entnommen, als über Einlagen und Gewinne zugeführt werden, kann der betriebliche Schuldzinsenabzug eingeschränkt sein. Der BFH hat im März 2018 gegen die bisherige Verwaltungsauffassung zur Berechnung des Schuldzinsenabzugs entschieden. Das BMF hat mit einem Schreiben reagiert. So müssen Sie den Schuldzinsabzug im aktuellen Jahresabschluss berechnen.

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Sinn und Zweck der Vorschrift § 4 Abs. 4a EStG

Der Abzug betrieblich veranlasster Schuldzinsen ist gem. § 4 Abs. 4a EStG eingeschränkt, wenn Überentnahmen vorliegen. Dies ist grundsätzlich der Fall, wenn die Entnahmen höher sind als die Summe aus Gewinn und Einlagen des Wirtschaftsjahres. Zur Ermittlung der Über- oder Unterentnahmen ist dieser Betrag mit den Über- oder Unterentnahmen der vorangegangenen Wirtschaftsjahre zu saldieren.

Sinn und Zweck der Regelung ist, dass private Entnahmen des Mandanten nicht durch die Aufnahme von Fremdkapital im Rahmen des Betriebs finanziert werden und so eigentlich privat veranlasste Schuldzinsen steuerlich abziehbar werden.

Berücksichtigung von Verlusten nach bisheriger Verwaltungsauffassung

Strittig war bisher die Frage, wie sich Verluste bei der Berechnung der Überentnahmen auswirken, insbesondere wie der Verlustfall über mehrere Veranlagungszeiträume (VZ) zu handhaben ist.

Beispiel - Nach bisheriger Verwaltungsauffassung war der Verlustabzug wie folgt zu behandeln:

 

Jahr 01 02
Gewinn/Verlust   -100.000 30.000
Einlagen 0    120.000
Entnahmen 150.000 20.000
betriebl. Schuldzinsen 25.000 25.000

 

Nach dem Gesetzeswortlaut wäre für das Jahr 01 – wegen des Verlusts – eine Überentnahme i.H.v. 250.000 € zu berücksichtigen, obwohl nur Entnahmen von 150.000 € getätigt wurden.

Verluste als solche dürfen allerdings nicht zu Überentnahmen führen. Die laufende Überentnahme eines Verlustjahres ist demnach nicht höher anzusetzen als der negative Saldo zwischen Einlage und Entnahme (Entnahmeüberschuss). Dieser beträgt im Jahr 01 150.000 €. Die nichtabziehbaren Schuldzinsen im Jahr 01 betragen somit 6 % von 150.000 € = 9.000 €. Der verbleibende Verlust von 100.000 € ist formlos festzuhalten (gesonderter Verlustvortrag bezogen auf § 4 Abs. 4a) EStG).

Im Jahr 02 ermittelt sich eine Unterentnahme im laufenden Wirtschaftsjahr i.H.v. 130.000 € (30.000 € + 120.000 € – 20.000 €). Nunmehr wäre der aus dem Vorjahr verbliebene Verlust von 100.000 € vorrangig mit der Unterentnahme zu verrechnen. Die verbleibende Unterentnahme beträgt noch 30.000 €; saldiert mit der verbleibenden Überentnahme aus dem Vorjahr von 150.000 € verbleibt im Jahr 02 eine Überentnahme i.H.v. 120.000 €. Die nichtabziehbaren Schuldzinsen im Jahr 02 betragen somit 6 % von 120.000 € = 7.200 €.

BFH-Urteil und Schuldzinsabzug nach neuer Rechtsauffassung

Der BFH teilt nicht die Auffassung der Finanzverwaltung, dass Verluste aus früheren Wirtschaftsjahren vorzutragen und dann vorrangig mit Differenzbeträgen zwischen Entnahmen und Einlagen (Unterentnahmen) späterer Jahre zu verrechnen sind (BFH, Urt. v. 14.03.2018 – X R 17/16 und X R 16/16).

Die Finanzverwaltung hat sich dieser Auffassung angeschlossen. Unter Berücksichtigung der oben angeführten BFH-Urteile sind auch nach Auffassung der Finanzverwaltung nunmehr jährlich zwei parallele Rechnungen durchzuführen und fortzuschreiben (BMF-Schreiben v. 02.11.2018 – IV C 6 – S 2144/07/10001 :007):

  1. In einem ersten Schritt sind etwaige Verluste bei der Ermittlung der nach § 4 Abs. 4a Satz 3 EStG zu addierenden Über- und Unterentnahmebeträge uneingeschränkt als Bestandteil in die Berechnung einzubeziehen. Rechnerisch gehen sie damit sowohl in die Überentnahme des einzelnen Wirtschaftsjahres als auch in die Bemessungsgrundlage der Totalperiode ein (Fortentwicklung der Überentnahmen einschließlich der Verluste).
  2. Da aber ein Verlust für sich genommen keine Überentnahme begründen darf, ist in einem zweiten Schritt die Bemessungsgrundlage der nichtabziehbaren Schuldzinsen des aktuellen Jahres auf den kumulierten Entnahmeüberschuss der Totalperiode zu begrenzen.

Der kumulierte Entnahmeüberschuss errechnet sich aus den Entnahmen abzüglich der Einlagen der Totalperiode (Differenz zwischen Entnahmen und Einlagen über mehrere VZ). Im Ergebnis stellt stets der niedrigere der beiden Beträge die Bemessungsgrundlage für die nichtabziehbaren Schuldzinsen dar.

Beispiel - Lösung für den o.g. Beispielfall nach neuer Rechtsauffassung:

 

Jahr 01 02
Gewinn/Verlust   -100.000 30.000
Einlagen 0    120.000
Entnahmen 150.000 20.000
Überentnahmen, rechnerisch   p.a. 250.000     p.a.-130.000
   kum. 250.000    kum. 120.000
Entnahmeüberschuss p.a. 150.000 p.a. -100.000
  kum. 150.000 kum. 50.000

 

Während sich die kumulierten Überentnahmen im Jahr 01 auf 250.000 € bzw. im Jahr 02 auf 120.000 € belaufen, hat der Mandant in dieser Zeitspanne jedoch nur insgesamt 150.000 € bzw. 50.000 € mehr entnommen als eingelegt. Da diese Werte die Beträge der kumulierten Überentnahmen unterschreiten, sind sie die Bemessungsgrundlage für die nach § 4 Abs. 4a EStG nichtabziehbaren Schuldzinsen. Der entstandene Verlust führt somit nicht zu Überentnahmen.

Die nichtabziehbaren Schuldzinsen des Jahres 01 betragen demnach 6 % von 150.000 € = 9.000 €. Die Schuldzinsen des Jahres 02 sind mit 6 % von 50.000 € = 3.000 € nicht abziehbar.

Nichtabziehbare Schuldzinsen bei der Einnahmenüberschussrechnung

Die Regelung des § 4 Abs. 4a EStG ist auch bei der Einnahmenüberschussrechnung anzuwenden (§ 4 Abs. 4a Satz 6 EStG). Die neue Berechnung wird bei der Anlage EÜR ab dem VZ 2018 durch die Anlage SZ abgebildet, welche die Anlage SZE (alte Berechnung) ersetzt.

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