Zwei neue Steuergesetze geplant - Steuerfortentwicklungsgesetz (ehemals JStG II 2024) liegt jetzt als Regierungsentwurf vor

Die Bundesregierung hat Ende Juli Entwürfe für ein „Gesetz zur Fortentwicklung des Steuerrechts und zur Anpassung des Einkommensteuertarifs (Steuerfortentwicklungsgesetz - ehemals JStG II)" und für ein „Gesetz zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums 2024" beschlossen.

Die Gesetzgebungsverfahren in Bundestag und Bundesrat sind damit gestartet. Mit einer Verabschiedung ist noch in diesem Jahr zu rechnen.

Mit den Gesetzen soll die steuerliche Freistellung des Existenzminimums für die Jahre 2024 (gesonderter Entwurf), 2025 und 2026 sichergestellt und weitere Entlastungen bei der Einkommensteuer gewährt werden.

Daneben werden weitere Einzelmaßnahmen aufgegriffen, die thematisch nicht oder nur partiell miteinander verbunden sind. Umgesetzt werden damit insbesondere weitere Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag.

Hinweis: Der Entwurf für ein Steuerfortentwicklungsgesetz trug als Referentenentwurf noch den Titel „Zweites Jahressteuergesetz 2024". Wir hatten dazu bereits vor einigen Wochen berichtet. Es kommen nun noch weitere Maßnahmen der Wachstumsinitiative der Bundesregierung hinzu.

 

Folgende Änderungen sind geplant:

Rückwirkende Absenkung des Lohn- und Einkommensteuertarifs 2024 (Gesetz zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums 2024)

Zum 01.01.2024 sind die sozialrechtlichen Regelbedarfe stärker als prognostiziert gestiegen. Das wirkt sich auf die Höhe des steuerfrei zu stellenden sächlichen Existenzminimums für 2024 aus. Mit der weiteren Anhebung des in den Einkommensteuertarif integrierten Grundfreibetrags um 180 € auf 11.784 € soll die steuerliche Freistellung des Existenzminimums für 2024 sichergestellt werden.

Der steuerliche Kinderfreibetrag soll für 2024 nochmals um 228 € 6.612 € angehoben werden. Stimmen Bundestag und Bundesrat dem Gesetzentwurf zu, wird dieser im Herbst 2024 in Kraft treten und den Lohn-/Einkommensteuertarif rückwirkend ändern.

Normalerweise - und so letztmalig im April 2024 durchgeführt - ist der in den Monaten bis zur Anwendung der geänderten Programme vorgenommene Lohnsteuerabzug vom Arbeitgeber zu korrigieren (§ 41c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 EStG). Dieses Mal hat sich der Gesetzgeber jedoch für eine Sonderlösung entschieden, die das Verfahren vereinfachen soll (§ 52 Abs. 32a EStG des Gesetzentwurfs):

Die lohnsteuerliche Berücksichtigung der weiteren steuerlichen Entlastung für 2024 erfolgt ausschließlich bei der Lohn-, Gehalts- bzw. Bezügeabrechnung für Dezember 2024 (Nachholung).

Es werden von der Finanzverwaltung gesonderte Programmablaufpläne aufgestellt, die dies berücksichtigen. Die Lohnsteuerberechnungen für die Lohnabrechnungszeiträume Januar 2024 bis November 2024 bleiben unverändert.

Absenkung des Einkommensteuertarifs in den Jahren 2025 und 2026 (§§ 32 Abs. 6 Satz 1, 32a Abs. 1, 39b Abs. 2 Satz 7 EStG)

Die Einkommensteuertarife sollen wie folgt angepasst werden, um die sog. "kalte Progression" auszugleichen:

  • Anhebung des in den Einkommensteuertarifs integrierten Grundfreibetrags um weitere 300 € auf 12.084 € im Jahr 2025 und ab 2026 um 252 € auf 12.336 €;
  • Anpassung der übrigen Eckwerte des Einkommensteuertarifs für die Veranlagungszeiträume 2025 und ab 2026 (mit Ausnahme des Eckwerts der sog. "Reichensteuer").

Zudem erfolgt eine Anhebung des steuerlichen Kinderfreibetrags für den VZ 2025 um 60 € auf 6.672 € und ab dem VZ 2026 um nochmals 156 € auf 6.828 €.

Die Zahlen zum Grund- und Kinderfreibetrag können sich im Herbst nach Vorlage des Progressionsberichts noch ändern.

Erhöhung des Kindergelds (§ 66 Abs. 1 und 3 EStG)

Das Kindergeld soll zum 01.01.2025 von aktuell 250 € um 5 € auf einheitlich 255 € pro Kind im Monat angehoben werden.

Ab 2026 soll ergänzend geregelt werden, dass die Anhebung von Kinderfreibeträgen eine entsprechende Anhebung des Kindergelds auslöst. Dementsprechend soll das Kindergeld 2026 um weitere 4 € auf 259 € im Monat für jedes Kind angehoben werden.

Reform der Sammelabschreibungen (§ 6 Abs. 2a EStG)

Für abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die nach dem 31.12.2024 angeschafft, hergestellt oder eingelegt werden, kann ein Sammelposten im Wirtschaftsjahr der Anschaffung, Herstellung oder Einlage des Wirtschaftsguts oder der Eröffnung des Betriebs gebildet werden, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für das einzelne Wirtschaftsgut netto 800 € (bisher 250 €), aber nicht 5.000 € (bisher 1.000 €) übersteigen.

Hinweis: Mit der Anhebung der unteren Betragsgrenze auf 800 € besteht zukünftig die Möglichkeit, neben der Anwendung des Sammelpostens für abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten 800 € nicht übersteigen, eine Sofortabschreibung vorzunehmen. Im Ergebnis ist das die Streichung des bisherigen Ausschließlichkeitserfordernisses zwischen GWG-Regelung und Sammelposten.

 

Ergänzend soll die gewinnmindernde Auflösung des Sammelpostens auf drei Jahre (bisher fünf Jahre) verkürzt werden. Die Pflicht zur Aufnahme von geringwertigen Wirtschaftsgütern bzw. von Wirtschaftsgütern, für die ein Sammelposten gebildet wird in ein besonderes, laufend zu führendes Verzeichnis (aktuell § 6 Abs. 2 Satz 4 und 5 EStG) soll gestrichen werden.

Hinweis: Ähnliche Änderungen beim Sammelposten waren auch schon im letzten Jahr im Entwurf des Wachstumschancengesetzes enthalten, sie wurden jedoch im Vermittlungsverfahren wieder gestrichen. Damals war auch noch eine gleichzeitige Anhebung der GWG-Grenze vorgesehen.

 

Verlängerung/Erhöhung der degressiven AfA (§ 7 Abs. 2 EStG)

Die degressive AfA soll auch für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die nach dem 31.12.2024 und vor dem 01.01.2029 angeschafft oder hergestellt worden sind, möglich sein. Der AfA-Satz soll in diesen Fällen auf das 2,5-fache (aktuell das Zweifache) der linearen Abschreibung und 25 % (aktuell 20 %) begrenzt sein.

Faktorverfahren statt der Steuerklassen 3 und 5 (§§ 38b, 39 Abs. 4, 39a Abs. 1, 39b Abs. 2, 39e Abs 1a, 39g EStG)

Mit dem Gesetzentwurf soll die im Koalitionsvertrag vereinbarte Überführung der Steuerklassen III und V in das Faktorverfahren (Steuerklasse IV mit Faktor) umgesetzt werden, um die Lohnsteuerbelastung gerechter auf Eheleute, Lebenspartnerinnen und Lebenspartner zu verteilen. Vorgesehen ist die Überführung allerdings erst für 2030.

Mittelverwendung steuerbegünstigter Körperschaften (§ 55 Abs. 1 Nr. 5 AO)

Die Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung bei steuerbegünstigten Körperschaften in § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO soll ab 2025 abgeschafft werden.

Politische Betätigung steuerbegünstigter Körperschaften (§ 58 Nr. 11 AO)

Es soll ab dem Tag der Gesetzesverkündung klargestellt werden, dass steuerbegünstigte Körperschaften „gelegentlich" auch zu tagespolitischen Themen Stellung beziehen dürfen, ohne dass sie ihre Gemeinnützigkeit gefährden.

Photovoltaikanlagen als Zweckbetrieb (§ 68 Nr. 2 Buchst. b AO)

Der Begriff der Selbstversorgungseinrichtungen soll ab 2025 um Photovoltaikanlagen ergänzt werden. Damit wären sie steuerbegünstigte Zweckbetriebe. Hierbei ist grundsätzlich die Eigennutzungsgrenze zu prüfen. Die Prüfung entfällt, wenn ausschließlich nach § 3 Nr. 72 EStG steuerfreie Einnahmen und Entnahmen erzielt werden.

Anzeigepflicht für innerstaatliche Steuergestaltungen (§§ 138l, 138m, 138n AO)

Die Bundesregierung startet einen erneuten Versuch, eine Anzeigepflicht für innerstaatliche Steuergestaltungen umzusetzen. Diese war bereits im Gesetzgebungsverfahren zum Wachstumschancengesetz vorgesehen, wurde allerdings im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat gestrichen.

Weitere Maßnahmen

  • Anpassungen aufgrund der Rechtsprechung des EuGH zur Gewährung von Kindergeld und von Freibeträgen für Kinder an EU-Bürger;
  • Erhöhung des sog. Sofortzuschlags im SGB II, im SGB XII, im SGB XIV, im Asylbewerberleistungsgesetz und im Bundeskindergeldgesetz ab Januar 2025 von 20 € auf 25 € monatlich;
  • Steuerbefreiung der Stiftung Generationenkapital;
  • Elektronische Sterbefallanzeigen für Erbschaftsteuerzwecke;
  • Erhöhung Bemessungsgrundlagenhöchstbetrag Forschungszulage auf 12 Mio. € (bisher 10 Mio. €).

 

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