Zu welchem Zeitpunkt werden Aktienoptionen besteuert? Was gilt in grenzüberschreitenden Fällen? Der BFH hat klargestellt, dass die geldwerten Vorteile, die einem Arbeitnehmer im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses gewährt werden, erst zum Zeitpunkt der Ausübung der Option zufließen. Bei einem Wohnsitzwechsel ins Ausland richtet sich eine Freistellung nach dem Ort der Tätigkeit im Erdienenszeitraum.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 21.12.2022 (I R 11/20) entschieden, dass bei Gewährung von Aktienoptionen im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses die daraus resultierenden geldwerten Vorteile erst zum Zeitpunkt der Ausübung der Optionen zufließen.
Die abkommensrechtliche Behandlung richtet sich dabei nach dem Ort der Tätigkeit im Erdienenszeitraum. Damit hängt eine etwaige Freistellung davon ab, ob die Tätigkeit nach einem Doppelbesteuerungsabkommen im Inland besteuert werden durfte oder nicht.
Sachlage im Streitfall
Die Kläger (K und seine Ehefrau) wohnten im Jahr 2011 (Streitjahr) in Deutschland. In den Jahren 2001 bis 2005 war K in den USA für die ebenfalls in Deutschland ansässige X-AG tätig. Für diesen Zeitraum gaben sie ihren Wohnsitz im Inland auf und zogen in die USA.
Die X-AG gewährte dem K für diese Tätigkeit Aktienoptionen (sog. „Stock Options“), die er erst nach dem Ablauf einer gewissen Zeitspanne ausüben konnte. 2011 übte K einen Teil dieser Aktienoptionen aus.
Der dadurch erzielte Überschuss entfiel teilweise auf Arbeitstage, die in den USA ausgeübt wurden, und teilweise auf Arbeitstage in Deutschland.
Das Finanzamt behandelte die nicht in den USA besteuerten Einkünfte als im Inland steuerpflichtig. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage der Eheleute statt und unterstellte die Einkünfte lediglich dem Progressionsvorbehalt.
Für die Frage der Ansässigkeit sei nicht der Zeitpunkt des Zuflusses maßgeblich, sondern auf die Ansässigkeit zwischen der Gewährung der Optionen und deren erstmaliger Ausübbarkeit abzustellen. Der BFH sah dies anders und verwies die Sache zur anderweitigen Verhandlung an das FG zurück.
Steuerliche Behandlung von Aktienoptionen
Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit gehören auch im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses gewährte Aktienoptionen.
Der verbilligte Erwerb der Aktien führt zu einem geldwerten Vorteil i.S.d. § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG und damit zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Die Einkünfte fließen gem. § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG zum Zeitpunkt der Ausübung der Option zu.
Gemäß Art. 15 Abs. 1 Satz 1 DBA-USA können Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden - es sei denn, die Arbeit wird in dem anderen Vertragsstaat ausgeübt.
In diesem Fall kann die Besteuerung im Tätigkeitsstaat erfolgen. Deutschland stellt Einkünfte gem. Art. 23 Abs. 3 Satz 1 Buchst. a DBA-USA i.V.m. § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG unter Progressionsvorbehalt frei, falls den USA das Besteuerungsrecht zusteht.
Die Entlohnung mit Aktienoptionen folgt somit der Behandlung von „regulärem“ Arbeitslohn aus einer nichtselbständigen Tätigkeit.
Erhält ein Steuerpflichtiger Aktienoptionen für eine entsprechende Tätigkeit, so ist abkommensrechtlich entsprechend der Behandlung von Arbeitslohn zu prüfen, wo die Tätigkeit tatsächlich ausgeübt wurde und welchem Staat das Besteuerungsrecht dafür obliegt.
Anwendung der Grundsätze auf den Streitfall
Nach Ansicht des BFH hat das FG zur Bestimmung der Zuteilung des Besteuerungsrechts zu Unrecht auf die Ansässigkeit während des Erdienenszeitraums abgestellt. Stattdessen ist auf den Ort der Arbeitsausübung während des Erdienenszeitraums abzustellen.
Dieser befindet sich beim Kläger lediglich zeitanteilig in den USA. Für die Beschäftigungstage, an denen der Kläger auf Dienstreise in Deutschland oder in Drittstaaten war, steht das Besteuerungsrecht hingegen dem deutschen Fiskus zu. Da das FG jedoch auf die Ansässigkeit des Klägers abstellte, hat es den Ort der Tätigkeit nicht ermittelt.
Praxishinweis: Die Bezahlung mit Aktienoptionen und Aktien ist eine attraktive Möglichkeit, Mitarbeiter zu entlohnen. Zum einen kann so die Identifikation mit dem Unternehmen gesteigert werden, zum anderen gibt es inzwischen auch steuerliche Förderungsmöglichkeiten.
Nach § 3 Nr. 39 EStG gilt unter bestimmten Voraussetzungen ein Steuerfreibetrag von 1.440 € jährlich für Mitarbeiterbeteiligungsprogramme. Zudem gilt nach § 19a EStG ein abweichender Zuflusszeitpunkt, damit auch ein späterer Wertverlust von Aktien berücksichtigt werden kann.
BFH, Urt. v. 21.12.2022 - I R 11/20
Christian Kappelmann, StB, M.A., Dipl.-Finw. (FH)