Wann greift die Freigrenze von 44 € bei Sachbezügen? Ausschlaggebend sind hierbei die üblichen Endverbraucherpreise. Der BFH hat entschieden, dass die Lieferung von Waren an den Wohnort des Arbeitnehmers eine zusätzliche Leistung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer darstellt. Der geldwerte Vorteil aus dieser Lieferung muss demnach in die Berechnung der Freigrenze einbezogen werden.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 06.06.2018 entschieden, dass der Vorteil aus einer Belieferung an den Wohnsitz des Arbeitnehmers eine zusätzliche Leistung darstellt, die in die Berechnung der steuerfreien Freigrenzen von 44 € einzubeziehen ist. Dies gilt auch, wenn der günstigste Endverbraucherpreis im Versand- oder Onlinehandel zu finden ist. In einem solchen Fall ist der geldwerte Vorteil aus der Lieferung dem Warenwert hinzuzurechnen.
Sachlage im Streitfall
Im aktuellen Fall gewährte eine GmbH ihren Mitarbeiten unter bestimmten Voraussetzungen Sachprämien wie Verbrauchsgüter, Unterhaltungselektronik oder andere Produkte, die sie über ein anderes Unternehmen bezog. Bezugsberechtigte Arbeitnehmer konnten monatlich über einen Onlinezugang Sachbezüge auswählen und bestellen.
Diese Sachbezüge wurden der GmbH nebst einer sogenannten Versand- und Handlingpauschale in Rechnung gestellt. Regelmäßig betrug der in Rechnung gestellte Bruttobetrag der Sachbezüge einschließlich Umsatzsteuer 43,99 €. Darüber hinaus war i.d.R. für jede Bestellung eine Versand- und Handlingpauschale i.H.v. 6 € zu zahlen.
Das Finanzamt vertrat bei einer Lohnsteueraußenprüfung die Auffassung, dass die Versand- und Handlingpauschale dem Wert der Sachzuwendung hinzuzurechnen ist, so dass die 44-€-Freigrenze überschritten wurde. Nach erfolglos eingelegtem Einspruch wies das Finanzgericht Baden-Württemberg (FG) die dagegen gerichtete Klage als unbegründet zurück. Der in Revision angerufene BFH hingegen gab der Klage der GmbH statt und wies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.
Sachbezüge als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
Grundsätzlich gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen. Hierzu gehören neben Gehältern und Löhnen auch alle anderen Bezüge und Vorteile, die im Rahmen eines privatrechtlichen oder öffentlichen Beschäftigungsverhältnisses gewährt werden. Sachbezüge bleiben jedoch dann außer Ansatz, wenn die sich nach Anrechnung der vom Steuerpflichtigen gezahlten Entgelte ergebenden Vorteile insgesamt 44 € im Kalendermonat nicht übersteigen.
Dabei liegt ein Sachbezug bereits vor, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Anspruch einräumt, eine Sach- oder Dienstleistung beziehen zu können. Der Wert des erlangten Sachvorteils ist mit dem um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreis am Abgabeort anzusetzen. Wenn die Waren nicht vom Arbeitgeber hergestellt, vertrieben oder erbracht wurden, kommt eine begünstigte Bewertung der Sachbezüge nicht in Betracht.
Üblicher Endpreis
Als üblicher Endpreis ist nach der Rechtsprechung des BFH grundsätzlich der günstigste Einzelhandelspreis am Markt zu sehen, da der Endverbraucher regelmäßig das günstigste Angebot wählen würde. Dabei ist jeder Sachbezug einzeln zu bewerten; Fracht-, Liefer- und Versandkosten gehören regelmäßig nicht zum Endpreis, da es sich dabei nicht um eine Gegenleistung des Endverbrauchers für die Ware handelt.
Liefert der Arbeitgeber die Ware in die Wohnung des Arbeitnehmers, liegt eine zusätzliche Leistung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer vor. Die Kosten für die Lieferung erhöhen nicht den Warenwert der gelieferten Sachbezüge, sondern vielmehr liegt mit der Lieferung ein gesonderter Sachbezug vor, der auch gesondert zu bewerten ist. Dabei kann es jedoch an einer Bereicherung fehlen, wenn der Arbeitnehmer für das Empfangene selbst nichts hätte aufwenden müssen.
Ist der günstigste Einzelhandelspreis des Sachbezugs im Versand- oder Onlinehandel zu finden und ist der Versand als eigenständige Leistung ausgewiesen und nicht bereits im Einzelhandelsverkaufspreis enthalten, so ist der geldwerte Vorteil der Lieferung bei der Berechnung der Freigrenze von 44 € zum Warenwert hinzuzurechnen.
Praxishinweis: Der BFH hat entschieden, dass Versandkosten grundsätzlich eine eigenständige Leistung darstellen und nicht den Warenwert des Liefergegenstands erhöhen. Das gilt jedoch nicht, wenn der günstigste Einzelhandelspreis des Liefergegenstands im Versand- oder Onlinehandel aufgerufen und dort der Versand als eigenständige Leistung ausgewiesen wird.
Der BFH hat das Verfahren an das FG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen, da das FG nicht ermittelt hatte, ob die Sachbezüge mit dem niedrigsten Endverbraucherpreis bewertet wurden. Unternehmen sollten bei der Gewährung von Sachbezügen darauf achten, dass die Freigrenze von 44 € nicht überschritten wird, und die Endpreise entsprechend dokumentieren. Werden die Sachbezüge versendet, sind die Versandkosten jedoch hinzuzurechnen.
BFH, Urt. v. 06.06.2018 - VI R 32/16
Steuerberater und Dipl.-Volkswirt Volker Küpper