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Aufteilung der Aufwendungen für eine gemischt veranlasste Reise

Aufwendungen für die Hin- und Rückreise bei gemischt beruflich und privat veranlassten Reisen können grundsätzlich in abziehbare Werbungskosten oder Betriebsausgaben und nicht abziehbare Aufwendungen für die private Lebensführung nach Maßgabe der beruflich und privat veranlassten Zeitanteile aufgeteilt werden, wenn die beruflich veranlassten Anteile feststehen und nicht von untergeordneter Bedeutung sind. Das unterschiedliche Gewicht der verschiedenen Veranlassungsbeiträge kann es jedoch erfordern, einen anderen Aufteilungsmaßstab heranzuziehen oder ganz von einer Aufteilung abzusehen.

(Änderung der Rechtsprechung: Aufgabe des Aufteilungs- und Abzugsverbots für gemischt veranlasste Reisekosten)

Der Große Senat (GrS) des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit seinem Beschluss die Rechtsprechung zur Beurteilung gemischt (beruflich und privat) veranlasster Aufwendungen grundlegend geändert und Aufwendungen für gemischt veranlasste Reisen in größerem Umfang als bisher zum Abzug als Betriebsausgaben oder Werbungskosten zugelassen.

Im Streitfall hatte der Kläger, der im Bereich der Informationstechnologie beschäftigt und anschließend als "EDV-Controller" tätig war, eine Computer-Messe in Las Vegas besucht. Finanzamt und Finanzgericht (FG) waren der Auffassung, von den sieben Tagen des USA-Aufenthalts seien nur vier Tage einem eindeutigen beruflichen Anlass zuzuordnen. Deshalb seien nur die Kongressgebühren, Kosten für vier Übernachtungen und Verpflegungsmehraufwendungen für fünf Tage zu berücksichtigen. Das FG erkannte darüber hinaus auch die Kosten des Hin- und Rückflugs zu 4/7 als Werbungskosten an. Dagegen wandte sich das Finanzamt mit der Revision und machte geltend, die Aufteilung der Flugkosten weiche von der ständigen Rechtsprechung ab.

Der für die Revision (Az. VI R 94/01) zuständige VI. Senat des BFH hatte den GrS angerufen mit dem Ziel, das angefochtene Urteil des FG hinsichtlich der Aufteilung der Flugkosten zu bestätigen.


Abzug von gemischten Reisekosten nach Zeitanteilen

Diesem Begehren ist der GrS nun gefolgt. Aufwendungen für die Hin- und Rückreise bei gemischt beruflich (betrieblich) und privat veranlassten Reisen können grundsätzlich in abziehbare Werbungskosten oder Betriebsausgaben und nichtabziehbare Aufwendungen für die private Lebensführung entsprechend der beruflich und privat veranlassten Zeitanteile der Reise aufgeteilt werden, wenn die beruflich veranlassten Zeitanteile feststehen und nicht von untergeordneter Bedeutung sind. Das unterschiedliche Gewicht der verschiedenen Veranlassungsbeiträge kann es jedoch im Einzelfall erfordern, einen anderen Aufteilungsmaßstab heranzuziehen oder von einer Aufteilung ganz abzusehen.

Ein Abzug der Aufwendungen kommt nach der Entscheidung nur dann nicht in Betracht, wenn die - für sich gesehen jeweils nicht unbedeutenden - beruflichen und privaten Veranlassungsbeiträge (z.B. bei einer beruflichen/privaten Doppelmotivation für eine Reise) so ineinandergreifen, dass eine Trennung nicht möglich ist, wenn es also an objektivierbaren Kriterien für eine Aufteilung fehlt.


Großer Senat gibt seine bisherige Rechtsprechung auf

Damit hat der GrS seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben, die ein allgemeines Aufteilungs- und Abzugsverbot für gemischt veranlasste Aufwendungen entnommen hatte. Dieses Aufteilungs- und Abzugsverbot, das die Rechtsprechung in der Vergangenheit ohnehin in zahlreichen Fällen durchbrochen hatte, lässt sich nach Ansicht des GrS dem Gesetz nicht entnehmen. Dies kann Auswirkungen auch auf die Beurteilung anderer gemischt veranlasster Aufwendungen haben.

Von der Änderung der Rechtsprechung sind allerdings unverzichtbare Aufwendungen für die Lebensführung nicht betroffen, die durch die Vorschriften zur Berücksichtigung des steuerlichen Existenzminimums pauschal abgegolten oder als Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen abziehbar sind (z.B. Aufwendungen für bürgerliche Kleidung oder für eine Brille).


Hinweis:
Für den Arbeitgeberersatz im Lohnsteuerverfahren gilt diese Sichtweise schon seit dem sog. Portugalurteil (BFH, Urt. v. 18.08.2005 - VI R 32/03, BStBl II 2006, 30): So dürfen gemischt veranlasste Reisen in steuerfreie Bestandteile aufgeteilt werden, wenn die Reisen im eigenbetrieblichen Interesse erfolgen, und in lohnsteuerpflichtige Bestandteile, sofern sie einen geldwerten Vorteil darstellen.


BFH, Beschl. v. 21.09.2009 - GrS 1/06

Quelle: Redaktion Steuern - vom 26.01.10