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Bedenken gegen das Haushaltsbegleitgesetz 2004 ausgeräumt

Am 11.04.2011 wurde das Gesetz zur bestätigenden Regelung verschiedener steuerlicher und verkehrsrechtlicher Vorschriften des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 verkündet. Die inhaltsgleiche Neufassung will im Wege der formell verfassungsgemäßen Bestätigung Zweifel an diversen Neuregelungen, die Ende 2003 durch die sogenannte Koch-Steinbrück-Liste eingeführt wurden, beseitigen. Auch wenn das Gesetz eine Vielzahl von Einzelmaßnahmen aus den verschiedensten Bereichen des Steuerrechts enthält, ergeben sich aber keine materiellen Änderungen.

Dies erfolgt als Reaktion auf einen Beschluss des BVerfG von Ende 2009, in dem Mängel im Gesetzgebungsverfahren beanstandet wurden. Damals ging es um die Kürzung des Ausgleichsbetrags für Unternehmen des öffentlichen Personennahverkehrs. Die Änderungen beruhten auf einem Gesetz, bei dem der Vermittlungsausschuss seine Kompetenzen überschritten hatte. Das BVerfG beschränkte die Anwendung des Gesetzes bis zum 30.06.2011, was nun noch rechtzeitig durch die neue Verkündung umgesetzt ist. Da - neben der Rolle des Vermittlungsausschusses - sonstige Verfassungsverstöße durch das Gesetz nicht ersichtlich waren, müssen keine inhaltlichen Änderungen vorgenommen werden.

Steuerliche Vorschriften, die das Gesetz berührt, sind insbesondere:

  • Streichung der Steuerbefreiung für Zuschüsse zu Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit öffentlichen Verkehrsmitteln
  • Kürzung des Freibetrags für Sachprämien aus Kundenbindungsprogrammen
  • Absenkung der begrenzten Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für Geschenke auf 35 €
  • Absenkung der begrenzten Abzugsfähigkeit der Bewirtungsaufwendungen auf 70 %
  • Absenkung der degressiven Gebäudeabschreibung
  • Verminderte AfA-Sätze für vermietete und selbstgenutzte Denkmal- und Sanierungsobjekte
  • Absenkung der Freigrenze für Sachbezüge auf 44 €
  • Absenkung des Rabattfreibetrags auf 1.080 €
  • Absenkung des Freibetrags für Gewinne aus der Veräußerung von Betrieben, Teilbetrieben und ganzen Mitunternehmeranteilen auf 45.000 €
  • Absenkung des Freibetrags für die Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften auf 9.060 € und der Abschmelzungsgrenze auf 36.100 €
  • Änderung der Entgeltgrenze bei verbilligt überlassener Wohnung von 50 % auf 56 %


Praxishinweis

Einkommensteuerbescheide ergehen hinsichtlich der Frage, ob das Haushaltsbegleitgesetz 2004 verfassungsgemäß zustande gekommen ist, bereits seit längerem vorläufig.

Nach den Ausführungen des BVerfG waren die damaligen Kürzungsregelungen materiell verfassungsgemäß. Da dem Gesetzgeber bis zum 30.06.2011 Zeit zur Neuregelung gegeben wurde, blieben die Normen vorläufig weiter anwendbar. Dies endet nun mit der aktuellen Neuregelung.

Die Kompetenzen des Vermittlungsausschusses und ihre Grenzen sorgen im Gesetzgebungsverfahren immer wieder für heftige Diskussionen, besonders bei hektisch unter politischem Druck beschlossenen Paketen. Zwar sind sie in der Verfassung nicht ausdrücklich geregelt, doch ergeben sich die Kompetenzen aus der Funktion und Stellung des Vermittlungsausschusses und sind in der Rechtsprechung des BVerfG geklärt.

Der Vermittlungsausschuss hat danach kein eigenes Gesetzesinitiativrecht, sondern vermittelt lediglich zwischen den zuvor parlamentarisch beratenen Regelungsalternativen. Seine faktische Gestaltungsmacht wird durch die verfassungsrechtliche Ausgestaltung des Gesetzgebungsverfahrens beschränkt. Der Vermittlungsausschuss hat die Aufgabe, auf der Grundlage des Gesetzesbeschlusses und des vorherigen Gesetzgebungsverfahrens Änderungsvorschläge zu erarbeiten. Diese müssen sich ausgehend vom Anrufungsbegehren im Rahmen der parlamentarischen Zielsetzung des Gesetzgebungsvorhabens bewegen und sichtbar gewordene politische Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Deutschen Bundestag und Bundesrat ausgleichen.

In diesem Zusammenhang hat der BFH jüngst entschieden, dass die mit dem Jahressteuergesetz 1996 nach Anrufung des Vermittlungsausschusses zustande gekommenen einkommensteuerrechtlichen Regelungen über die private Nutzung eines betrieblichen Kfz nicht die Grenzen für die Beschlussempfehlungen des Vermittlungsausschusses überschreiten.

Gesetz zur bestätigenden Regelung verschiedener steuerlicher und verkehrsrechtlicher Vorschriften des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 v. 05.04.2011, BGBl I 2011, 554
BMF-Schreiben v. 29.10.2010 - IV A 3 - S 0338/07/10010, BStBl I 2010, 1202
BVerfG, Beschl. v. 08.12.2009 - 2 BvR 758/07
BVerfG, Beschl. v. 15.01.2008 - 2 BvL 12/01
BFH, Urt. v. 22.09.2010 - VI R 55/09 

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 19.04.11