Maksym Yemelyanov © fotolia.de

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Betriebsprüfer klingeln künftig früher

Bereits im Koalitionsvertrag der Bundesregierung war der Gedanke der zeitnahen Betriebsprüfung verankert, was zur Erhöhung der Planungssicherheit auf Seiten der Unternehmen und der Finanzverwaltung sorgen soll. Nunmehr hat die Regierung den Entwurf für eine Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Betriebsprüfungsordnung veröffentlicht. Hierüber sollen erstmals bundesweit einheitliche Rahmenbedingungen für eine zeitnahe Betriebsprüfung verbindlich festgelegt werden.

Dabei sind folgende acht Punkte zu nennen:

  1. Die Finanzbehörde kann Steuerpflichtige für eine zeitnahe Betriebsprüfung auswählen.
  2. Grundlage zeitnaher Betriebsprüfungen sind die Steuererklärungen.
  3. Eine Betriebsprüfung ist dann zeitnah, wenn der Prüfungszeitraum einen oder mehrere gegenwartsnahe Besteuerungszeiträume umfasst und wenn die anfängliche Bereitschaft von Unternehmen und Finanzbehörde zu Effizienz und Kooperation während der gesamten Prüfungsdauer aufrechterhalten und proaktiv in der Prüfungspraxis umgesetzt wird.
  4. Prüfungszeitraum ist der letzte Veranlagungszeitraum, für den eine Steuererklärung abgegeben wurde. Eine zeitnahe Betriebsprüfung kann also nur für die Zeiträume durchgeführt werden, zu denen dem Finanzamt rechtsverbindliche und vollständige Steuererklärungen vorliegen.
  5. Zur Sicherstellung der Mitwirkungsrechte des Bundeszentralamts für Steuern (BZSt) wird der von der Finanzbehörde ausgewählte Steuerpflichtige dem BZSt unverzüglich benannt.
  6. Über das Ergebnis der zeitnahen Betriebsprüfung ist ein Prüfungsbericht zu erstellen, damit der Steuerpflichtige und z.B. der Folgeprüfer über die in der Prüfung getroffenen Feststellungen informiert sind. Dabei sind die Änderungen von Besteuerungsgrundlagen hinsichtlich der Sach- und Rechtslage so detailliert wiedergegeben, dass Grund und Höhe der Änderung überprüfbar sind.
  7. Führt die Prüfung hingegen zu keiner Änderung, genügt die Mitteilung an den Steuerpflichtigen über die ergebnislose Prüfung.
  8. Diese Neuregelungen sind erstmals für Außenprüfungen anzuwenden, die nach dem 01.01. 2012 angeordnet werden.

Eigentlich ist die zeitnahe Betriebsprüfung als „Prüfung im Jahrestakt” kein Novum. Eine Außenprüfung ist nämlich derzeit unabhängig davon zulässig, ob eine Steuer bereits festgesetzt oder ob der Steuerbescheid endgültig, vorläufig bzw. unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen ist. Das Modell sieht grundsätzlich vor, dass eine Überprüfung der Steuererklärungen bereits durch die Betriebsprüfung erfolgt und erst aus diesen Ergebnissen der Steuerbescheid erlassen wird. Während es beim Unternehmer im Normallfall zu einer Festsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung kommt und die Visite erst Jahre später erfolgt, werden die Feststellungen des Betriebsprüfers endgültig veranlagt. Grundsätzlich wird eine solche zeitnahe Betriebsprüfung durchgeführt

  • bei größeren Unternehmen, die laufend geprüft werden,
  • wenn das zu prüfende Unternehmen seine steuerlichen Pflichten in der Vergangenheit ohne Beanstandung erfüllt hat,
  • sofern Selbständige bei vorangegangenen Prüfungen aktiv bei der Informationsbeschaffung mitgewirkt haben,
  • wenn keine fragwürdigen Steuergestaltungsmodelle genutzt werden,
  • wenn es hierüber eine Vereinbarung zwischen der Finanzverwaltung und dem Betrieb gibt und
  • die Vorjahre bereits geprüft sind.

Praxishinweis

Das geplante Vorhaben der bundeseinheitlich geregelten zeitnahen Betriebsprüfung wird grundsätzlich von Experten begrüßt. Das lässt sich den Äußerungen anlässlich einer Anhörung der Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft im Rahmen ihrer Stellungnahme an das BMF zur neuen BpO entnehmen. Aber auch Kritik und Verbesserungsvorschläge haben die Verbände geäußert:

  • Grundsätzlich wird die Neuregelung begrüßt, da die Unternehmen an dem erheblichen zeitlichen Auseinanderfallen von zu prüfendem Veranlagungszeitraum und Durchführung/Abschluss der Prüfung leiden. Denn oft sind in 2011 noch die Prüfungszeiträume 2003 bis 2005 Gegenstand der Außenprüfung. Diese erhebliche Rechts- und Planungsunsicherheit ist nach Ansicht der Spitzenverbände kaum noch akzeptabel und gefährdet die verfassungsrechtlich gebotene Gleichmäßigkeit des Steuervollzugs.
  • Der Entwurf wirft jedoch auch technische Abgrenzungsfragen auf und muss konkretisiert werden. Als kritisch wird z.B. angesehen, dass die Durchführung einer zeitnahen Betriebsprüfung auch gegen den Willen des Steuerpflichtigen erlaubt ist.
  • „Zeitliche Nähe“ wird als Prüfungszeitraum definiert, der einen oder mehrere gegenwartsnahe Besteuerungszeiträume umfasst. Das ist nach Ansicht der Spitzenverbände nicht sinnvoll, weil es durch einen unbestimmten Rechtsbegriff zu Rechtsunsicherheit und Abgrenzungsschwierigkeiten in der Praxis kommen wird. Sinnvoller wäre eine Konkretisierung dahingehend, dass die Betriebsprüfung zeitnah ist, wenn sie grundsätzlich in dem Jahr beginnt, in dem die letzte Steuererklärung der zu prüfenden Zeiträume eingereicht wird.
  • Der verbindliche Rahmen für die zeitnahe Betriebsprüfung wird von den Spitzenverbänden im Grundsatz jedoch ausdrücklich begrüßt. Die zeitnahe Betriebsprüfung ist jedoch nicht für alle Unternehmen sinnvoll und administrativ umsetzbar.
  • Angeregt wird, auch eine Beschleunigung der allgemeinen Betriebsprüfung durch Straffung, Begrenzung auf Schwerpunkte und den Abschluss nach spätestens fünf Jahren nach Ende des Veranlagungsjahrs vorzunehmen. Hierzu sollten die Regelungen in der AO nachgebessert und angepasst werden. 

Regierungsentwurf für eine Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Betriebsprüfungsordnung v. 27.05.2011, BR-Drucks. 330/11

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 07.06.11