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Dienstwagen: Wann kann die 1-%-Regelung angewendet werden?

Die Anwendung der 1-%-Regelung setzt voraus, dass der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer tatsächlich einen Dienstwagen zur privaten Nutzung überlassen hat. Der Anscheinsbeweis streitet dafür, dass der Arbeitnehmer einen solchen Dienstwagen auch tatsächlich privat nutzt, nicht aber dafür, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Dienstwagen auch dafür überlassen hat.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Streitfall betrieb der Kläger eine Apotheke mit Arzneimittelherstellung und etwa 80 Mitarbeitern, darunter auch der Sohn des Klägers, der auch das höchste Gehalt aller Mitarbeiter erhielt. Im Betriebsvermögen befanden sich sechs Kraftfahrzeuge, die für betriebliche Fahrten zur Verfügung standen. Fahrtenbücher wurden nicht geführt. Im Anschluss an eine Lohnsteuerprüfung ging das Finanzamt davon aus, dass der Sohn das teuerste der sechs betrieblichen Kraftfahrzeuge, einen Audi A8 Diesel, auch privat nutze, setzte dies als steuerpflichtigen Sachbezug mit der 1-%-Regelung an und erließ einen Lohnsteuerhaftungsbescheid.

Der Kläger machte dagegen vor dem FG erfolglos geltend, dass die Mitarbeiter und auch sein Sohn die betrieblichen Kraftfahrzeuge nicht privat, sondern nur betrieblich genutzt hätten, und die Privatnutzung arbeitsvertraglich verboten sei. Das FG entschied, dass aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung der Beweis des ersten Anscheins für eine auch private Nutzung des Dienstwagens spreche. Unstreitig habe der Sohn das Fahrzeug dienstlich genutzt. Eine Privatnutzung durch ihn sei daher nicht auszuschließen.

Der BFH hob die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück. Im Streitfall seien die Anwendungsvoraussetzungen der 1-%-Regelung, nämlich dass der Arbeitgeber eines der für Betriebszwecke vorgehaltenen Fahrzeuge seinem Sohn zur privaten Nutzung überlassen habe, nicht festgestellt. Stehe eine solche Kraftfahrzeugüberlassung zur privaten Nutzung nicht fest, könne diese fehlende Feststellung nicht durch den Anscheinsbeweis ersetzt werden. Es gebe weder einen Anscheinsbeweis dafür, dass dem Arbeitnehmer ein Dienstwagen aus dem arbeitgebereigenen Fuhrpark zur Verfügung stehe, noch dass der Arbeitnehmer ein solches Fahrzeug unbefugt auch privat nutze.

Hinweis: Der BFH macht deutlich, dass die unbefugte private Nutzung nicht zum Ansatz eines als Arbeitslohn anzusetzenden Vorteils führt. Der Ansatz eines lohnsteuerrechtlich erheblichen Vorteils ist danach nur insoweit gerechtfertigt, als der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer auch gestattet, den Dienstwagen privat zu nutzen. Die unbefugte private Nutzung des betrieblichen Pkw hat dagegen keinen Lohncharakter. Denn ein Vorteil, den der Arbeitnehmer gegen den Willen des Arbeitgebers erlangt, wird nicht "für" eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt und zählt damit nicht zum Arbeitslohn nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG. Und wenn § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG voraussetzt, dass der Dienstwagen "auch" genutzt werden "kann" (z.B. aus dem Arbeitsvertrag oder zumindest auf Grundlage einer konkludent getroffenen Nutzungsvereinbarung), erfasst der Tatbestand damit offenbar nicht schon die tatsächliche, sondern erst die befugte Nutzung, die erst einen lohnsteuerrechtlichen Vorteil rechtfertigt.

BFH, Urt. v. 21.04.2010 - VI R 46/08

Quelle: Redaktion Steuern - vom 18.08.10