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Finanzgericht hebelt Abzugsverbot für Schuldzinsen aus

Fallen noch Schuldzinsen für Anschaffungskosten einer im Privatvermögen gehaltenen wesentlichen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft an (derzeit ab einer Quote von 1 %), können diese unter bestimmten Konstellationen auch nach Einführung der Abgeltungsteuer als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigt werden, wenn sich die Anteile - etwa bei Liquidation oder Verkauf - nicht mehr im Besitz befinden oder nicht mehr mit Einnahmen zu rechnen ist.

Der Tenor dieses Urteils des FG Düsseldorf ist insbesondere aus zwei Gründen interessant:

  1. Der BFH hatte vor gut zwei Jahren entschieden, dass private Gesellschafter ihre Schuldzinsen nach der Veräußerung der GmbH-Anteile wie nachträgliche Betriebsausgaben als Werbungskosten absetzen können, soweit der Verkaufspreis nicht zur Darlehenstilgung ausreicht.
  2. Mit Einführung der Abgeltungsteuer haben sich die Besteuerungsbedingungen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen insofern geändert, dass der Abzug der tatsächlichen Werbungskosten ausgeschlossen ist.

Sowohl der Schuldzinsenabzug als Werbungskosten als auch eine Verrechnung der Verluste mit anderen Einkunftsarten - wie Unternehmensgewinne, Mieten oder Arbeitslohn - sind möglich. Denn die gesetzlichen Begrenzungen kommen nicht zur Anwendung, wenn ein privater GmbH-Gesellschafter die Abgeltungsteuer für seine Einkünfte aus dieser Beteiligung (auch wenn nur Ausgaben anfallen) „abwählt" und anstelle des pauschalen Tarifs den allgemeinen, individuellen Einkommensteuertarif nutzt. Diese Option „Abwahl mit Kostenansatz und Verlustverrechnung" lässt sich auch dann noch wählen, wenn der Gesellschafter zu diesem Zeitpunkt nicht mehr mit Kapitalerträgen aus der Beteiligung rechnen kann.

Der Ex-Beteiligte oder Besitzer wertloser GmbH-Anteile soll nicht ehemalige Erträge mit dem allgemeinen Einkommensteuertarif versteuern und dann durch den beschränkten Werbungskostenabzug bestraft werden, so das FG Düsseldorf. Es steht nämlich nicht in Einklang mit dem Gesetzeszweck, einen Gesellschafter mit einer unternehmerischen Beteiligung auf die ab 2009 bestehenden Begrenzungen zu verweisen, nur weil ihm früher einmal Einnahmen aus der Beteiligung vor Einführung der Abgeltungsteuer zugeflossen sind.

Ob und inwieweit sich die Anwendung bei Verzicht auf die Pauschalabgabe im Falle der GmbH-Beendigung ergibt, ist höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt. Da die endgültige Entscheidung noch aussteht, hat das FG Düsseldorf die Revision zugelassen, zumal die Verwaltung anderer Meinung ist.

Praxishinweis

Voraussetzung für eine Option zur Anwendung der tariflichen Einkommensteuer ist, dass ein Gesellschafter entweder bereits aufgrund seiner Beteiligungshöhe von mindestens

  • 25 % oder
  • 1 % in Verknüpfung mit einer beruflichen Tätigkeit für die Kapitalgesellschaft

wesentlichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen ausüben kann. Ein einmal über die Anlage KAP gestellter Antrag gilt für dieses Jahr und für die folgenden vier Veranlagungszeiträume als gestellt. In diesem Fall gilt das Werbungskostenabzugsverbot nicht.

Nach Ansicht der Finanzverwaltung gelten die Voraussetzungen für eine Option aber letztmalig für den Veranlagungszeitraum der Beendigung der Beteiligung als erfüllt. Wurde die Beteiligung beendet oder sinkt die Beteiligungsquote unter die Grenzen 1 % bzw. 25 %, ist auch innerhalb der Fünfjahresfrist ein Werbungskostenabzug ausgeschlossen.

Diese Sichtweise der Finanzverwaltung, die im Widerspruch zum Urteil des FG Düsseldorf steht, lässt sich an folgendem Beispiel erklären:

Der Fall

Ein Alleingesellschafter hielt 100 % der Anteile an einer GmbH. Der Erwerb der Beteiligung wurde fremdfinanziert. Im Rahmen der Einkommensteuererklärung 2010 übte er sein Optionsrecht aus und beantragte den Abzug der angefallenen Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen. Ende 2011 veräußerte er die Beteiligung, wobei ein Schuldrest übrig blieb. Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung 2011 machte er deshalb nachträgliche Schuldzinsen als Werbungskosten geltend.

Folge

Da die Optionsvoraussetzungen in 2012 zu keinem Zeitpunkt erfüllt waren, kommt ein Abzug der Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen für den Fiskus nicht mehr in Betracht. Die Option kann somit letztmalig für den Veranlagungszeitraum 2011 Wirkung entfalten, in dem die Beteiligung dem Gesellschafter noch als Einkunftsquelle zuzurechnen ist.

FG Düsseldorf, Urt. v. 04.10.2012 - 12 K 993/12 E; Revision zugelassen

BFH, Urt. v. 16.03.2010 - VIII R 20/08, BStBl 2010 II 787

OFD Münster, aktualisierte Kurzinfo ESt 07/2012 v. 23.08.2012

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 03.01.13