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Keine Anrechnung fiktiver Quellensteuer auf Stückzinseinnahmen

Länderanleihen mit fiktiver Quellensteueranrechnung notieren in Euro und sind nicht nachrangig besichert. Als Schuldner fungieren verschiedene Staaten wie etwa China, Portugal, Uruguay, Jamaika, Israel, Ägypten oder Tunesien. Diese eher wenig beachteten Bonds bieten einen entscheidenden Vorteil im Vergleich zu allen anderen Anleiheformen: Gemäß dem jeweiligen DBA mit Deutschland wird ein Betrag angerechnet, der überhaupt nicht anfällt. Diese fiktive Quellensteuer von bis zu 20 % der Zinsen mindert die Abgeltungsteuer und führt über den Entlastungseffekt automatisch zu einem Renditezuschlag.

 

Hinweis: Sofern solche Anleihen als Betriebsvermögen ausgewiesen werden, erfolgt die Verrechnung ebenfalls bereits auf Bankenebene. Die endgültige Besteuerung erfolgt dann mit der individuellen Progression auf den Gewinn über die Veranlagung.

Wie auch bei der herkömmlichen Quellensteuer auf Auslandsdividenden gelingt die Anrechnung nicht in jedem Fall. Kommt es im entsprechenden Jahr nicht zu einer Zahllast, geht die Anrechnung ins Leere. Gleiches gilt, wenn die Zinsen unter dem Sparer-Pauschbetrag bleiben. Auslandsanleihen mit fiktiver Steueranrechnung kommen daher grundsätzlich eher bei Anlegern mit höheren Kapitalerträgen in Betracht, und die Anrechnung fiktiver Quellensteuer erfolgt nur bei dem Sparer, der im Zeitpunkt der Fälligkeit Gläubiger der Zinsen ist. Bemessungsgrundlage für die Kapitaleinnahmen ist der ausbezahlte Bruttobetrag. Dieser muss nicht um die fiktive Quellensteuer erhöht werden.

Praxishinweis

Die fiktive Steuer ist in einigen Fällen ein Auslaufmodell. Das zeigt sich nicht nur am Beispiel Brasiliens. Die Bundesregierung hat in der Vergangenheit bereits mehrfach erklärt, dass sie im Rahmen einer Neuverhandlung der DBA auf diese Möglichkeit künftig generell verzichten möchte. Das zeigt sich aktuell auch an den Beispielen aus diversen Ländern wie Venezuela und Vietnam (2007), Indien (2009), Mexiko (2011) und Türkei, Irland, Malaysia (2011).

Es ist damit zu rechnen, dass die DBA nach und nach unter die Lupe genommen werden. Diese Aussicht muss Anleger aber nicht beunruhigen. Denn wenn der Steuervorteil entfällt, können die Anleihen bei Bedarf jederzeit vor Fälligkeit wieder verkauft werden. Der Erlös kann dann in weiterhin begünstigte Länderanleihen investiert werden.

BMF-Schreiben v. 06.12.2011 - IV B 3 - S-2293/10/10001 :001
BMF-Schreiben v. 22.12.2009 - IV C 1 - S-2252/08/10004, BStBl 2010 I 94
BFH, Urt. v. 09.06.2010 - I R 94/09, BStBl 2011 II 860

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 20.12.11