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Nachträgliche Werbungskosten: BFH-Urteil zur Absetzbarkeit von Auflösungsverlusten

Wenn Beteiligungen an Kapitalgesellschaften aufgelöst oder das Unternehmen veräußert wird, können Schuldzinsen als Auflösungsverluste bzw. Werbungskosten bei den Kapitaleinkünften abgesetzt werden. Das gilt auch für nachlaufende Schuldzinsen im Zusammenhang mit der Finanzierung der Beteiligung. In einem aktuellen Urteil hat jetzt der BFH entschieden, dass auch bei vor 1999 abgewickelten Veräußerungen oder Beteiligungsauflösungen später anfallende Schuldzinsen in diesem Zusammenhang absetzbar sein können.

Mit einem aktuellen Urteil wendet der BFH seine Rechtsprechung für Aufgabeverluste aus einer GmbH-Beteiligung auch auf Vorgänge vor 1999 an.

Mit Urteil vom 16.03.2010 hatte der BFH seine Rechtsprechung zu nachträglichen Schuldzinsen im Zusammenhang mit der Aufgabe bzw. Veräußerung der Kapitalgesellschaft neu geregelt.

Wegen des Systemwechsels vom Anrechnungsverfahrens zum Halbeinkünfte- (jetzt Teileinkünfteverfahren) hatte der BFH seine Rechtsprechung dahingehend geändert, dass nachlaufende Schuldzinsen aus der Finanzierung des Beteiligungserwerbs, die nicht durch den Veräußerungserlös oder die Verwertung zurückbehaltener Wirtschaftsgüter beglichen werden können, ab dem Veranlagungszeitraum 1999 grundsätzlich als nachträgliche Werbungskosten bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen abziehbar sind.

Für den BFH kommt es dabei entscheidend darauf an, ob zwischen den nachträglichen Schuldzinsen und der früheren Einkunftsquelle aus § 20 EStG bei wertender Betrachtungsweise ein unmittelbarer Veranlassungszusammenhang besteht.

Dieser Veranlassungszusammenhang entfällt erst, wenn nachträglich ein Ereignis eintritt, das den ursprünglich bestehenden Zusammenhang derart überlagert, dass entweder die ursprüngliche Veranlassung durch die Einkunftssphäre mit Zukunftswirkung entfällt oder eine neue Veranlassung durch die Erzielung anderer Einkünfte begründet wird.

Streitig war bislang, ob diese Rechtsprechung auch für nachträgliche Schuldzinsen im Zusammenhang mit Beteiligungen anzuwenden ist, die vor 1999 aufgegeben oder verkauft worden sind.

Der BFH hat dies nun in seinem Urteil vom 29.10.2013 jedenfalls für die Fälle einer fremdfinanzierten, durchgängig steuerverstrickten Beteiligung bejaht.

Nach seiner Ansicht besteht ein Veranlassungszusammenhang zwischen den Kreditzinsen und der früheren GmbH-Beteiligung. Wegen des 1999 eingeleiteten gesetzlichen Paradigmenwechsel sieht der BFH bei einer Beteiligung i.S.v. § 17 EStG keine sachliche Rechtfertigung mehr, die nachträglichen Finanzierungskosten der (grundsätzlich) nicht steuerbaren Vermögensebene rechtlich zuzuweisen.

Nach Auffassung des BFH gibt es keine gesetzliche Vorgabe, die an das Jahr der Veräußerung oder der Aufgabe der Beteiligung an der Kapitalgesellschaft anknüpft. Eine Unterscheidung nach Maßgabe des jeweiligen Jahres der Beteiligungsbeendigung ist seiner Ansicht nach auch nicht aus übergeordneten, gesetzlich nicht geregelten, insbesondere nicht aus systematischen Gründen geboten.

Andernfalls sieht der BFH einen Wertungswiderspruch: Der Dauertatbestand der Zinszahlung im selben Veranlagungszeitraum würde bei ansonsten gleicher oder vergleichbarer Ausgangslage (Beendigung einer fremdfinanzierten, durchgängig steuerverstrickten Beteiligung) nur in Abhängigkeit vom Veräußerungs- oder Aufgabevorgang unterschiedlich beurteilt.

Der BFH hat in diesem Zusammenhang auch entschieden, dass die hälftige Abzugsbeschränkung gem. § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG auf Finanzierungskosten im Zusammenhang mit vor 1999 aufgegebenen Beteiligungen nicht anwendbar ist.

Nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG dürfen u.a. Werbungskosten, die mit den in § 3 Nr. 40 EStG genannten Einnahmen (u.a. dem Veräußerungspreis oder dem gemeinen Wert i.S.v. § 17 Abs. 2 EStG) im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, bei der Ermittlung der Einkünfte nur zur Hälfte bzw. zu 60 % abgezogen werden; und dies unabhängig davon, in welchem Veranlagungszeitraum die Einnahmen anfallen.

§ 3c EStG ist erstmals auf Aufwendungen anzuwenden, die mit Erträgen im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, auf die § 3 Nr. 40 EStG erstmals anzuwenden ist. Dies betrifft grundsätzlich erstmals Erträge des Veranlagungszeitraums 2002.

Einkünfte aus GmbH-Beteiligungen, die vor 1999 aufgegeben worden sind, fallen nicht in diesen zeitlichen Anwendungsbereich. Denn Aufwendungen sind nach einem Urteil des BFH vom 27.03.2007 eindeutig entweder dem alten oder dem neuen Verfahren zuzuordnen.

Praxishinweis

Der BFH hat mit seiner aktuellen Entscheidung Klarheit darüber geschaffen, dass nachträgliche Schuldzinsen für Beteiligungen, die vor 1999 aufgegeben oder verkauft worden sind, steuerlich abzugsfähig sind, und zwar in voller Höhe, weil § 3c EStG nicht anzuwenden ist.

Damit sind nachträgliche Schuldzinsen im Zusammenhang mit Beteiligungen gleichzubehandeln. Diese Klarheit in der Rechtsprechung ist zu begrüßen.

BFH, Urt. v. 29.10.2013 - VIII R 13/11
BFH, Urt. v. 16.03.2010 - VIII R 36/07, BStBl 2010 II 787
BFH, Urt. v. 27.03.2007 - VIII R 23/06, BFH/NV 2007, 1842

Quelle: StB und Fachanwalt für Steuerrecht Scholz - vom 11.02.14