Judywie © Photocase

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Neuregelung zur EDV-Rechnung beim Vorsteuerabzug – Unternehmer müssen noch warten

Das Steuervereinfachungsgesetz 2011 will die bislang sehr hohen Anforderungen an die elektronische Übermittlung von Rechnungen reduzieren und die Wirtschaft damit in Milliardenhöhe entlasten. Da der Bundesrat dem Gesetz am 08.07.2011 nicht zugestimmt hat, verschiebt sich die für den 01.07.2011 geplante Einführung. Das BMF teilte am 26.07.2011 mit, dass derzeit die Anrufung des Vermittlungsausschusses geprüft wird und insoweit eine rechtssichere Anwendung der vorgesehenen Neuregelung zur EDV-Rechnung erst mit Inkrafttreten des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 möglich sein wird.

Durch die parlamentarische Sommerpause wird sich das gesamte Vorhaben bis in den Herbst verzögern. Umstritten ist die Neuregelung jedoch nicht, der Bundesrat hatte dem Gesetz aus anderen Gründen (Abgabe der Einkommensteuererklärung für zwei Jahre) die Zustimmung verweigert. Insoweit bleibt es bei den ursprünglichen Plänen, die nachfolgend in einer kurzen Übersicht zusammengefasst werden:

  • Derzeit gelten als zulässige Verfahren für den Vorsteuerabzug nur die qualifizierte elektronische Signatur und die Übermittlung der Rechnung per elektronischem Datenaustausch (EDI). Auf diese beiden Möglichkeiten soll es für den Vorsteuerabzug in Zukunft ausdrücklich nicht mehr ankommen, sie sind aber weiterhin zulässig. Ausreichen wird zukünftig eine elektronische Rechnung; diese wird in einem elektronischen Format ausgestellt und empfangen. Hierunter fallen Rechnungen, die per E-Mail (mit PDF- oder Textdateianhang), per Computer-Telefax oder Fax-Server, per Web-Download, mit qualifizierter elektronischer Signatur oder im Wege des EDI übermittelt werden. Auch DE-Mail oder E-Post können zukünftig für die elektronische Übermittlung einer Rechnung verwendet werden. Die Übermittlung einer Rechnung von Standard-Fax zu Standard-Fax oder von Computer-Telefax/Fax-Server an Standard-Telefax gilt zukünftig als Papierrechnung. Eine Unterscheidung von Papier- und elektronischen Rechnungen wird demnach zukünftig nicht mehr erforderlich sein, da umsatzsteuerlich beide gleich zu behandeln sind. Die Anforderungen an Papierrechnungen erhöhen sich dadurch nicht.
  • Papier- und elektronische Rechnungen werden für den Vorsteuerabzug anerkannt, wenn die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und ihre Lesbarkeit gewährleistet sind und die Rechnung alle gesetzlich erforderlichen Angaben enthält. Insbesondere muss die Identität des Rechnungsausstellers sichergestellt sein, die Rechnung muss alle erforderlichen Pflichtangaben enthalten und diese dürfen während der Übermittlung nicht geändert worden sein.
  • Für die elektronische Rechnungsstellung ist kein bestimmtes technisches Übermittlungsverfahren vorgeschrieben. Der Rechnungsaussteller kann  selbst entscheiden, in welcher Weise er zukünftig Rechnungen übermittelt, sofern der Empfänger dem zugestimmt hat.
  • Der Unternehmer selbst hat durch ein innerbetriebliches Kontrollverfahren sicherzustellen, dass die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts sowie die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet sind. Diesem Verfahren kann bereits ein entsprechend eingerichtetes Rechnungswesen dienen, das die Zuordnung der Rechnung zur empfangenen Leistung ermöglicht.
  • In kleinen Unternehmen ohne kaufmännisches Rechnungswesen kann das innerbetriebliche Kontrollverfahren zur Überprüfung eingehender Rechnungen z.B. durch einen manuellen Abgleich mit der Bestellung und dem Lieferschein geschehen.
  • Die Verwendung eines innerbetrieblichen Kontrollverfahrens zur Überprüfung von Papier- und elektronischen Rechnungen führt nicht zu neuen Aufzeichnungs- oder Aufbewahrungspflichten. Auch erhöhen sich die umsatzsteuerlichen Anforderungen an eine Papierrechnung nicht.
  • Wird eine qualifizierte elektronische Signatur verwendet, sind für den Rechnungsempfänger während der Übertragung vorgenommene Änderungen in der Rechnung nicht sofort sichtbar. Bei dem EDI-Verfahren ist der Übertragungsweg gesichert, so dass während der Übermittlung grundsätzlich keine Änderungen möglich sind. Bei der Verwendung innerbetrieblicher Kontrollverfahren legt der Unternehmer selbst fest, in welcher Weise er die Rechnung überprüft, um zu gewährleisten, dass keine Änderungen vorgenommen wurden und die Rechnung vom zutreffenden Rechnungsaussteller versendet wurde.
  • Besteht eine Aufbewahrungspflicht, so sind EDV-Rechnungen in dem elektronischen Format der Ausstellung bzw. des Empfangs (z.B. digital als E-Mail ggf. mit Anhängen in Bildformaten wie pdf oder tiff, digital als Computer-Telefax, digital als Web-Download oder in EDI-Formaten) aufzubewahren. Das bei der Aufbewahrung angewendete Verfahren und die Prozesse müssen den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung und DV-gestützter Buchführungssysteme sowie den Grundsätzen zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen entsprechen.
  • Die aufbewahrten Rechnungen müssen während der Dauer der Aufbewahrungsfrist jederzeit lesbar und maschinell auswertbar sein. Diese Regelung ist nicht neu, sondern gilt auch für andere steuerlich relevante elektronische Unterlagen. Die Aufbewahrungsfrist beträgt bei einem Unternehmer in der Regel zehn Jahre.
  • EDV-Rechnungen sind während der Dauer der Aufbewahrungsfrist zwingend elektronisch auf einem Datenträger aufzubewahren, der keine Änderungen mehr zulässt. Hierzu gehören insbesondere nur einmal beschreibbare CDs und DVDs. Die Aufbewahrung einer elektronischen Rechnung als Papierausdruck ist in diesen Fällen nicht zulässig.
  • Die Neuregelung der elektronischen Rechnungsstellung soll nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Rechnungen für  nach dem 30.06.2011 ausgeführte Umsätze angewandt werden. Eine Übergangsregelung ist insoweit nicht erforderlich, da die Anforderungen an die elektronische Rechnungsstellung herabgesetzt werden und die bislang zulässigen Verfahren (qualifizierte elektronische Signatur und der EDI) weiterhin angewandt werden können.

Praxishinweis

Die Reduzierung der Anforderungen an eine elektronische Rechnung und der damit einhergehende Bürokratieabbau bedürfen zwangsläufig Neuregelungen, um auch weiterhin eine effektive Umsatzsteuerkontrolle sicherzustellen. Daher wird künftig gesetzlich geregelt werden, dass der Finanzbeamte im Rahmen einer Umsatzsteuer-Nachschau auch elektronisch gespeicherte Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere, andere Urkunden und elektronische Rechnungen auf Verlangen einsehen kann.

Soweit dies für die Feststellung von Sachverhalten, die für die Besteuerung erheblich sein können, erforderlich ist, hat der die Umsatzsteuer-Nachschau durchführende Finanzbeamte auch das Recht, die eingesetzten Datenverarbeitungssysteme zu nutzen.

Hinweis: Damit werden die Zugriffsmöglichkeiten der Finanzverwaltung auf elektronisch gespeicherte Aufzeichnungen und Datenverarbeitungssysteme im Rahmen der Umsatzsteuer-Nachschau erweitert. Bislang war der Datenzugriff nur im Rahmen einer Außenprüfung zulässig.

Entwurf eines Steuervereinfachungsgesetzes, BT-Drucks. 17/6105, 17/6146
Bundesrat, Beschl. v. 08.07.2011, BR-Drucks. 360/11 (B)

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 03.08.11