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Säumniszuschläge können aus Billigkeitsgründen erlassen werden!

Säumniszuschläge sind aus sachlichen Billigkeitsgründen zu erlassen, wenn sie auf einer materiell rechtswidrigen und deswegen aufgrund eines Rechtsbehelfs des Steuerpflichtigen geänderten Jahressteuerfestsetzung beruhen und wenn der Steuerpflichtige insoweit die AdV der Vorauszahlungsbescheide erreicht hat und die - weitere - AdV dieser Beträge nach Ergehen des Jahressteuerbescheids allein an den Regelungen der §§ 361 Abs. 2 Satz 4 AO und 69 Abs. 2 Satz 8 FGO scheitert.

§ 240 Abs. 1 Satz 4 AO bestimmt u.a. für den Fall der Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung, dass bis dahin verwirkte Säumniszuschläge unberührt bleiben. Der Grundsatz der Akzessorietät, nach dem Säumniszuschläge als steuerliche Nebenleistungen (§ 3 Abs. 4 AO) grundsätzlich vom Bestehen der ihnen zugrunde liegenden Steuerschuld abhängig sind, wird durch diese Vorschrift nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers durchbrochen.

Ein Erlass verwirkter Säumniszuschläge aus sachlichen Billigkeitsgründen kommt demnach nicht allein deshalb in Betracht, weil die Steuerfestsetzung zugunsten des Steuerpflichtigen herabgesetzt worden ist oder möglicherweise geändert werden wird. Dagegen ist nach ständiger Rechtsprechung die Erhebung der Säumniszuschläge dann eine unbillige Härte i.S.d. § 227 AO, wenn das Rechtsmittel des Steuerpflichtigen gegen die Steuerfestsetzung Erfolg hatte und er gegenüber der Finanzbehörde alles getan hat, um die AdV eines Steuerbescheids zu erreichen, und diese, obwohl an sich möglich und geboten, von der Finanzbehörde abgelehnt wurde.

Aufgrund dieser Erwägungen hielt der BFH die Entstehung von Säumniszuschlägen als sachlich unbillig. Die Klägerin hatte alles getan, um die AdV der rechtswidrigen Umsatzsteuerjahresbescheide zu erreichen. Sie hatte sowohl - mit Erfolg - die AdV der Vorauszahlungsbescheide für die Streitjahre in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen dem ermäßigten Steuersatz für ihre Umsätze und dem vom Finanzamt angewandten jeweiligen Regelsteuersatz wie auch in derselben Höhe - im Ergebnis erfolglos - die AdV der Umsatzsteuerjahresbescheide beantragt. Deren Aussetzung war dem Grunde nach auch möglich und geboten. Denn im beantragten Umfang bestanden ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Regelsteuersatzes für ihre Umsätze und der darauf entfallenden Umsatzsteuer.

BFH, Urt. v. 20.05.2010 - V R 42/08

Quelle: Redaktion Steuern - vom 24.08.10