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Schuldübernahme als Gegenleistung für ein eingebrachtes Grundstück ist kein Gestaltungsmissbrauch

Nach einem kürzlich veröffentlichten BFH-Urteil lassen sich Kreditzinsen auch dann als Werbungskosten bei den Mieteinkünften absetzen, wenn eine aus Ehegatten bestehende Grundstücksgemeinschaft ein von einem der Partner ursprünglich aus privaten Motiven aufgenommenes Darlehen als Gegenleistung weiter bedient. Das Darlehen war zur Finanzierung des Eigenheims aufgenommen worden. Die Ehegattengemeinschaft übernahm die Tilgung der Restschuld und die Zahlung der Schuldzinsen, weil der Ehegatte seine Immobilie an die Gemeinschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten überschrieben hat.

Das stellt nach Auffassung des BFH - im Gegensatz zur Ansicht der Vorinstanz - keinen Gestaltungsmissbrauch dar. Denn den Beteiligten an der Grundstücksgesellschaft werden sowohl Haus als auch Kredit anteilig nach ihrer Besitzquote zugerechnet. Der Grund für diese Schuldübernahme liegt im steuerlich bedeutsamen Bereich, wenn mit dem Objekt durch die Vermietung Einkünfte erzielt werden. Das ist kein Rechtsmissbrauch, weil es nur um die Umschichtung von privaten Aufwendungen des zunächst privat nur von einer Person aufgenommenen Darlehens auf einen neuen Steuerpflichtigen geht.

Auf diesen einfachen Nenner lassen sich die Urteilsausführungen zusammenfassen. Der BFH führt jedoch für die Praxis wichtige Details aus. Er stellt klar, dass es kein Gestaltungsmissbrauch ist, wenn ein Grundstück gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in eine vermögensverwaltende Personengesellschaft mit Vermietungseinkünften eingebracht wird. Übernimmt die Personengesellschaft vom einbringenden Gesellschafter ein ursprünglich privat veranlasstes Darlehen als Gegenleistung für das von ihm eingebrachte Grundstück, so können Schuldzinsen als Werbungskosten abgezogen werden. Die Schuldübernahme führt bei der Gesellschaft zu Anschaffungskosten und damit zu AfA und absetzbaren Finanzierungsaufwendungen.

Ausgangslage

Im zugrunde liegenden Fall wurde eine GbR - bestehend aus dem Ehemann mit 10 % und seiner Ehefrau mit 90 % Anteilen - gegründet, um ein Mehrfamilienhaus zu vermieten, das bis dahin dem Ehemann allein gehörte. Nach dem notariellen Vertrag brachte der Mann das Grundstück gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten mit den darauf lastenden Grundpfandrechten und insgesamt mehreren Darlehen in die GbR ein. Darunter befanden sich Kredite, die er zur Finanzierung des selbstgenutzten Einfamilienhauses aufgenommen hatte. Die Darlehen wurden auf die GbR umgeschrieben. Diese war nunmehr verpflichtet, die Darlehen zu bedienen. Die GbR ging im Rahmen der Steuererklärungen von einem teilentgeltlichen Vorgang aus, nach dem Verhältnis des Verkehrswerts der Immobilie zu den Darlehen, was einen entgeltlichen Erwerb der Ehefrau von rund 50 % ausmachte. Auf dieser Basis wurden die AfA berechnet und zudem Schuldzinsen aus den übernommenen Krediten erklärt. Das Finanzamt sah keinen Anschaffungsvorgang und kürzte dementsprechend Anschaffungs-sowie Werbungskosten.

Lösung

Entgegen der Auffassung des Finanzamts kann die GbR die Schuldzinsen sowie die mit der Übernahme dieser Darlehen als Anschaffungskosten in Zusammenhang stehenden höheren AfA-Beträge als Werbungskosten absetzen. Nur weil privat veranlasste Aufwendungen in den steuerlichen Bereich verlagert worden sind, liegt nach Ansicht des BFH kein Gestaltungsmissbrauch vor. Der Abzug der Schuldzinsen ist demnach nicht zulässig. Bei der GbR werden Grundstück und Darlehen den Beteiligten anteilig zugerechnet. Somit hat die Ehefrau das Vermietungsobjekt zu 90 % gegen Übernahme einer fremden Schuld in gleicher Höhe angeschafft. Da der Grund hierfür im steuerrechtlich bedeutsamen Bereich der Erzielung von Mieteinkünften liegt, erkennt der BFH diese Gestaltung an.

Steuerzahlern und somit auch dem Ehemann steht es frei, ob, wann und an wen sie ihr Grundstück veräußern. Als Gegenleistung für die Übertragung des Grundstücks übernahm die GbR seine Verbindlichkeiten, worin ein wirtschaftlich beachtlicher Grund liegt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob und inwieweit der neue Eigentümer teilentgeltlich erwirbt. Denn allein dieser Umstand führt nicht dazu, der Entgeltsabrede die steuerrechtliche Anerkennung zu versagen. Lediglich die Bemessungsgrundlage ist um den geschenkten Anteil zu kürzen.

Praxishinweis

Der BFH betont erneut, dass allein das Motiv der Steuerersparnis eine Gestaltung noch nicht unangemessen oder missbräuchlich macht. Ein Gestaltungsmissbrauch ist erst gegeben, wenn

  • eine rechtliche Gestaltung gewählt wird, die - gemessen an dem erstrebten Ziel - unangemessen ist,
  • die gewählte Gestaltung nur der Steuerminderung dienen soll,
  • die Gestaltung durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist und
  • der Steuerpflichtige die vom Gesetzgeber vorausgesetzte Gestaltung zum Erreichen eines bestimmten wirtschaftlichen Ziels nicht anwendet.

Die vom BFH im Urteilsfall gefundene Lösung ist nachvollziehbar. Denn die Eheleute hätten die steuerlichen Auswirkungen auch auf zwei anderen Wegen mit gleichem Ergebnis erreichen können:

  1. Die GbR nimmt ein Darlehen auf, um damit die Verbindlichkeiten des Mannes abzulösen, oder
  2. der Ehemann verkauft das Grundstück zum Teil an seine Frau gegen Übernahme privater Schulden ohne den Umweg der Gesellschaftsgründung.

BFH, Urt. v. 18.10.2011 - IX R 15/11
BFH, Urt. v. 07.12.2010 - IX R 40/09, BStBl 2011 II 427
BFH, Urt. v. 29.05.2008 - IX R 77/06, BStBl 2008 II 789

FG Münster, Urt. v. 01.10.2010 - 11 K 3216/06 F

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 13.12.11