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Umwandlungsteuer: Anwendungserlass liegt im Entwurf vor

Bereits Ende 2006 wurden die nationalen steuerlichen Vorschriften zur Umstrukturierung von Unternehmen an die gesellschaftsrechtlichen und steuerlichen Entwicklungen und an die Vorgaben des EU-Rechts angepasst und eine Internationalisierung bei der Umwandlungsteuer vorgenommen. Nach viereinhalb Jahren nimmt das BMF endlich detailliert zu Zweifelsfragen zum neuen Umwandlungsteuerrecht Stellung und hat den lange erwarteten Anwendungserlass zur Anhörung an die Verbände und Fachkreise übersandt. Damit ist der erste Schritt zur Beseitigung der vorherrschenden Rechtsunsicherheit getan. Das Entwurfsschreiben beinhaltet 177 Seiten und wird nach der Stellungnahme der Verbände voraussichtlich im Herbst 2011 als offizieller Anwendungserlass zum UmwStG veröffentlicht.

Das BMF-Schreiben beinhaltet neben zahlreichen Hinweisen auf die zwischenzeitlich ergangene BFH-Rechtsprechung und Rechenbeispielen - insbesondere zum Bilanzansatz - die Neuregelungen, die durch das Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (SEStEG) veranlasst waren. In Abkehr von der vormaligen Gesetzeslage wurde das UmwStG auf grenzüberschreitende Umwandlungsvorgänge von Gesellschaften und natürlichen Personen ausgedehnt, die in der EU oder im EWR ansässig sind. Ziel der Neuregelung war damals, steuerliche Hemmnisse für betriebswirtschaftlich sinnvolle Umstrukturierungen innerhalb der EU unter Wahrung der deutschen Besteuerungsrechte zu beseitigen.

Nachfolgend 20 wichtige Eckpunkte des Erlasses im Kurzüberblick:

  1. Das UmwStG regelt ausschließlich steuerliche Folgen von Umwandlung, Verschmelzung durch Aufnahme oder Neugründung, Spaltung (Aufspaltung, Abspaltung, Ausgliederung) und den Formwechsel einer Kapital- in eine Personengesellschaft.
  2. Umwandlungen und Einbringungen werden beim übertragenden und übernehmenden Rechtsträger sowie beim Anteilseigner einer übertragenden Körperschaft als Veräußerungs- und Anschaffungsvorgänge hinsichtlich des übertragenen Vermögens zum gemeinen Wert beurteilt.
  3. Das UmwStG regelt nur die Folgen von Umwandlungen und Einbringungen für die Körperschaft-, Einkommen- und Gewerbesteuer, nicht hingegen für die Umsatz-, Grunderwerb- oder Erbschaftsteuer.
  4. Für vergleichbare ausländische Vorgänge, bei denen auf den übertragenden und/oder den übernehmenden/umwandelnden Rechtsträger das UmwG keine Anwendung findet, bestimmt sich das Recht regelmäßig nach dem Gesellschaftsstatut des Staats, in dem das Unternehmen in ein öffentliches Register eingetragen ist.
  5. Für die Anwendung der §§ 3-19 UmwStG müssen der übertragende und der übernehmende Rechtsträger nach dem Recht eines EU- oder EWR-Staats gegründet worden sein und ihren Sitz sowie ihren Ort der Geschäftsleitung in einem dieser Staaten haben.
  6. Einbringender bzw. übertragender Rechtsträger kann jede natürliche Person sein, die in einem EU- oder EWR-Staat unbeschränkt steuerpflichtig ist und auch nach den mit Drittstaaten bestehenden DBA als innerhalb dieses Gebiets ansässig anzusehen ist.
  7. Der steuerliche und der handelsrechtliche Umwandlungsstichtag sind nicht identisch. Der steuerliche Übertragungsstichtag ist der Tag, auf den der übertragende Rechtsträger die handelsrechtliche Schlussbilanz aufzustellen hat.
  8. Steuerlich ist das Einkommen und das Vermögen des übertragenden sowie des übernehmenden Rechtsträgers so zu ermitteln, als wäre es mit Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtags auf den Übernehmenden übergegangen.
  9. Der Übertragungsgewinn oder -verlust entsteht stets mit dem Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtags. Die Besteuerung des Übertragungsgewinns oder -verlusts, des Übernahmeergebnisses sowie der Einnahmen erfolgt in dem Veranlagungszeitraum, in dem das Wirtschaftsjahr endet, in das der steuerliche Übertragungsstichtag fällt.
  10. Der übertragende Rechtsträger besteht zivilrechtlich in der Zeit zwischen dem steuerlichen Übertragungsstichtag und der Eintragung der Umwandlung in das Handelsregister fort. Steuerlich werden dem übertragenden Rechtsträger jedoch kein Einkommen und kein Vermögen mehr zugerechnet.
  11. Ab dem handelsrechtlichen Umwandlungsstichtag gelten die Handlungen des übertragenden Rechtsträgers als für Rechnung des übernehmenden Rechtsträgers vorgenommen. Die Geschäftsvorfälle im Rückwirkungszeitraum und das Einkommen werden steuerlich dem übernehmenden Rechtsträger zugerechnet.
  12. Liefer- und Leistungsbeziehungen zwischen dem übertragenden und dem übernehmenden Rechtsträger im Rückwirkungszeitraum werden ertragsteuerlich nicht berücksichtigt.
  13. Die in dem letzten Wirtschaftsjahr der übertragenden Körperschaft vorgenommenen Ausschüttungen haben das Betriebsvermögen und damit auch das übergehende Vermögen bereits verringert. Am steuerlichen Übertragungsstichtag bereits beschlossene, aber noch nicht vollzogene Gewinnausschüttungen sind als Schuldposten in der steuerlichen Schlussbilanz zu berücksichtigen. Das gilt sowohl für offene als auch für verdeckte Gewinnausschüttungen.
  14. Durch eine Verlustverrechnungsbeschränkung soll verhindert werden, dass gestalterisch eine Verlustnutzung oder ein Erhalt des Zinsvortrags erreicht werden kann, obwohl diese bereits untergegangen sind. Voraussetzung für die Nutzung ist, dass ein Verlust oder Zinsvortrag auch ohne die steuerliche Rückwirkung von der übertragenden Körperschaft hätte ausgeglichen oder verrechnet werden können.
  15. Bei der Verschmelzung ist jede übertragende Körperschaft nach eigenständigen steuerlichen Ansatz- und Bewertungsvorschriften zur Erstellung und Abgabe einer steuerlichen Schlussbilanz auf den Übertragungsstichtag verpflichtet. In die Schlussbilanz gehören auch unentgeltlich erworbene und selbstgeschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter sowie steuerfreie Rücklagen.
  16. Der übernehmende Rechtsträger tritt auch hinsichtlich der historischen Anschaffungskosten in die Rechtsstellung der übertragenden Körperschaft ein. Er hat die auf ihn übergehenden Wirtschaftsgüter mit den Wertansätzen zu übernehmen, die die übertragende Körperschaft in der steuerlichen Schlussbilanz angesetzt hat.
  17. Bei der Übertragung eines Teilbetriebs verringern sich in Abspaltungsfällen bei der übertragenden Körperschaft verrechenbare Verluste, ein verbleibender Verlustvortrag, nicht ausgeglichene negative Einkünfte sowie ein Zins- und EBITDA-Vortrag in dem Verhältnis, in dem Vermögen auf eine andere Körperschaft übergeht.
  18. Das UmwStG gilt auch für die Ermittlung des Gewerbeertrags des übertragenden und übernehmenden Rechtsträgers bei der Gewerbesteuer. Der Übergang von Fehlbeträgen auf den übernehmenden Rechtsträger ist ausgeschlossen.
  19. Der Formwechsel einer Personen- in eine Kapitalgesellschaft wird wie eine Umwandlung behandelt.
  20. Die Ausführungen zum besonderen Teil des UmwStG beziehen sich auf die Auswirkungen der Umwandlung in Organschaftsfällen, auf das steuerliche Einlagekonto sowie den Sonderausweis.

Praxishinweis

Als Stichtag für die Anwendung des neuen Rechts gilt grundsätzlich eine Einbringung, die nach dem 12.12.2006 zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet wurde. Sofern für die Wirksamkeit keine Einbringung Voraussetzung ist, wird auf das Datum des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums an den eingebrachten Wirtschaftsgütern ab dem 13. 12. 2006 abgestellt.

Die Grundsätze des BMF-Schreibens sollen - nach seiner offiziellen Veröffentlichung im Herbst 2011 - für alle noch nicht bestandskräftigen Fälle gelten, auf die das UmwStG (Fassung SEStEG) anzuwenden ist.

Das durch das SEStEG abgelöste UmwStG 1995 wurde nicht aufgehoben, sondern gilt unverändert fort. Hiervon sind insbesondere die Regelungen zu den einbringungsgeborenen Anteilen und zum rückwirkenden Wegfall von Steuererleichterungen betroffen. Insoweit finden auch die vorherigen BMF-Schreiben weiterhin Anwendung. Das UmwStG 1995 gilt zudem für Anmeldungen einer Einbringung zur Eintragung in das Handelsregister bis zum 12.12.2006.

BMF-Schreiben v. 02.05.2011 - IV C 2 – S XXXX, IV C 6 – S XXXX
BMF-Schreiben v. 25.03.1998 - IV B 7 - S 1978 - 21/98 IV B 2 - S 1909 - 33/98, BStBl I 1998, 268
BMF-Schreiben v. 21.08.2001 - IV A 6 - S 1909 - 11/01, BStBl I 2001, 543
BMF-Schreiben v. 16.12.2003 - IV A 2 - S 1978 - 16/03, BStBl I 2003, 786

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 10.05.11