Nach einigen Änderungen hat der Bundestag dem Gesetzentwurf zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens zugestimmt. Wichtige Punkte für die Steuerpflichtigen und ihre Berater sind dabei die vorgesehenen verlängerten Abgabefristen für Steuererklärungen und Änderungen bei den Verspätungszuschlägen. Und bei verbindlichen Auskünften der Finanzbehörden sollen künftig klarere Regelungen greifen.
Der Bundestag hat, nachdem der Finanzausschuss den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Modernisierung modifiziert hatte, das Gesetz zur Modernisierung des Steuerrechts in der Form der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses auf die Zielgerade gebracht.
Das Gesetz führt in erster Linie zwei neue Prinzipien in die Abgabenordnung ein: Die Prinzipien der Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit sollen künftig die bisherigen Grundsätze der Gleichmäßigkeit, Gesetzmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der Besteuerung ergänzen. Dazu ist der ursprüngliche Gesetzentwurf der Bundesregierung aus dem Februar 2016 vom Ausschuss noch in folgenden wesentlichen Punkten – insbesondere hinsichtlich der Änderungsvorschläge zur Abgabenordnung – modifiziert worden:
- Verlängerung der Steuererklärungsfrist für nicht beratende Steuerpflichtige um zwei Monate auf insgesamt sieben Monate (§ 149 Abs. 2 AO-E).
- Steuererklärungsfrist: Verlängerung der Frist im Fall der Vorabanforderung der Steuererklärung von drei Monaten auf vier Monate (§ 149 Abs. 4 AO-E).
- Verspätungszuschlag (§ 152 AO-E): Ausnahme der Nullfestsetzungen und Erstattungsfälle von der Mussregelung; Sonderregelung für gesonderte und einheitliche Feststellungen; Ausnahme der Jahreslohnsteueranmeldungen von der Mussregelung.
- Verbindliche Auskunft nach § 89 Abs. 2 AO-E: Bearbeitungsfrist für Anträge auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft auf sechs Monate festgelegt.
- Für die verbindliche Auskunft nach § 89 Abs. 2 AO-E in Sachverhalten, die mehrere Personen oder Unternehmen gemeinsam betreffen, wurde eine einheitliche Bindungswirkung und Beschränkung der Gebühren eingefügt.
- Vereinfachungen der Regelungen zur Bekanntgabe von Steuerverwaltungsakten durch Bereitstellung zum Datenabruf (§ 122a AO-E).
Für die breite Masse der Steuerpflichtigen dürften zunächst nur die Neuregelungen für die Abgabefristen der Steuererklärungen einschließlich deren Vorabanforderung und des Verspätungszuschlags von Bedeutung sein.
Geplante Neuregelung der Abgabefristen für Steuererklärungen
Die Frist zur Abgabe der Steuererklärung für den Fall, dass der Steuerpflichtige dies nicht durch einen Steuerberater erledigen lässt, verlängert sich um zwei Monate bis Ende Juli des Folgejahres. Gleichzeitig sollen dabei Steuererklärungen möglichst automatisiert bearbeitet werden und lediglich kritische Steuererklärungen, die durch sogenannte Risikomanagementsysteme (RMS) identifiziert werden, noch durch einen Steuerbeamten geprüft werden. Dies soll die Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung verbessern und, was die Beschlussempfehlung allerdings nicht schreibt, den personalen Aufwand der Finanzverwaltung verringern bzw. das Personal soll an anderer Stelle nutzbringender eingesetzt werden.
Für steuerlich beratene Steuerpflichtige verbleibt es bei den bisherigen Vorschlägen zur Neuregelung: Die Abgabefrist läuft bis zum Ende Februar des übernächsten Jahres.
Geplante Änderungen bei der Vorabanforderung von Steuererklärungen
Die gesetzliche Frist für die Abgabe von vorab angeforderten Steuererklärungen soll nach der Beschlussempfehlung nunmehr einen Monat länger laufen und damit vier Monate nach Bekanntgabe der Anordnung betragen. Der Ausschuss geht in seiner Beschlussempfehlung davon aus, dass die Finanzverwaltung erst, wenn die für die Voranmeldung nötigen Grundlagen (z.B. Formulare, elektronische Schnittstellen) geschaffen wurden, die Vorabanforderung versendet – dies ist jedoch nicht im Gesetzesentwurf gesetzlich festgelegt. Damit sollen Steuerberater in Zukunft etwas entlastet werden, indem vor allem bei einer Zusendung von zahlreichen Vorabanforderungen beim Steuerberater der normale Kanzleiablauf aufrechterhalten bleiben soll.
Gleichzeitig soll nach der Vorstellung des Finanzausschusses der Widerruf der Vorabanforderung u.a. für den Fall erfolgen, dass der Steuerpflichtige seine Bilanz nach dem Handelsrecht erst zu einem Zeitpunkt erstellen muss, der mehr als vier Monate nach Bekanntgabe der Vorabanforderung liegt, und ihm eine vorzeitige Bilanzerstellung nicht möglich oder nicht zuzumuten ist. Diese Änderungen sollen für die Steuererklärungen ab dem Veranlagungszeitraum 2018 gelten.
Vorgesehene Änderung des Verspätungszuschlags
Künftig sollen Verspätungszuschläge automatisch bei einer verspäteten Abgabe festgesetzt werden. Dies soll jedoch nicht der Fall sein, wenn keine Steuer festgesetzt wird (also die Steuerfestsetzung 0 € beträgt) oder es zu einer Steuererstattung kommt. In diesen Fällen steht es weiterhin im Ermessen des zuständigen Sachbearbeiters der Finanzbehörde, ob ein Verspätungszuschlag erhoben wird. Schließlich soll die Mindesthöhe des Verspätungszuschlags von monatlichen 50 € auf 25 € halbiert werden.
Weitere wesentliche Regelungen
Weiterhin ist vorgesehen, dass Anträge auf verbindliche Auskunft der Finanzbehörden, die dazu dienen, im Vorfeld einer geplanten Gestaltung Klarheit über deren steuerliche Behandlung von Seiten der Finanzbehörden zu erlangen, innerhalb von sechs Monaten beschieden werden sollen. Sofern dies nicht möglich ist, sollen dem Antragsteller die Gründe dafür mitgeteilt werden. In diesem Zusammenhang ist auch vorgesehen, dass verbindliche Auskünfte, die gegenüber mehreren Beteiligten ergehen, allen Beteiligten gegenüber Bindungswirkung entfalten und im Gegenzug aber auch mit lediglich einer Gebühr abgerechnet werden sollen. Diese Änderungen sollen – wie die Neuregelung des Verspätungszuschlags – ab dem Veranlagungszeitraum 2017 gelten.
Praxishinweis
Zwar muss der Bundesrat dem Gesetz noch zustimmen, wegen der Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat dürfte dessen Zustimmung aber wohl reine Formsache sein. Steuerpflichtige können sich also im Prinzip jetzt schon auf die Neuregelungen einstellen – jedoch tritt die Mehrzahl der Änderungen erst ab 2017 bzw. 2018 in Kraft. Insbesondere ist zunächst die maßgebliche Abgabefrist für Steuererklärungen, die ohne Mitwirkung des Steuerberaters eingereicht werden, in diesem Jahr weiterhin Ende Mai. Insgesamt dürften die Neuregelungen aber sowohl bei den Steuerpflichtigen als auch deren Beratern zu etwas Entlastung führen – auch wenn die Hauptentlastung wohl auf Seiten der Finanzverwaltung zu finden ist.
Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses (7. Ausschuss) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung –Drucksache 18/7457 – Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens v. 11.05.2016, BT-Drucks. 18/8434
Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens v. 03.02.2016, BT-Drucks. 18/7457
Quelle: Rechtsanwalt und Steuerberater Axel Scholz
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