Bei Arbeiten an Gebäuden stellt sich in der steuerlichen Praxis immer wieder die Frage nach der Abgrenzung zwischen nachträglichen Herstellungskosten und steuerlich sofort absetzbaren Erhaltungsaufwendungen. Der BFH hat jetzt in einer aktuellen Entscheidung deutlich gemacht: Auch geringfügige Erweiterungen der Gebäudefläche führen regelmäßig zur Annahme nachträglicher Herstellungskosten. Ein sofortiger steuerlicher Abzug als Werbungskosten scheidet dann aus.
Bei Arbeiten an Gebäuden stellt sich in der steuerlichen Praxis immer wieder die Frage nach der Abgrenzung zwischen nachträglichen Herstellungskosten und steuerlich sofort absetzbaren Erhaltungsaufwendungen.
Unter dem Gesichtspunkt der „Erweiterung" sind nachträgliche Herstellungskosten nach Ansicht des BFH bei folgenden Baumaßnahmen gegeben:
- bei Anbau und Aufstockung,
- wenn nach Fertigstellung des Gebäudes die nutzbare Fläche auch nur geringfügig vergrößert wird (z.B. bei Umbau eines Flachdachs in ein Satteldach).
Dabei kommt es für die Einstufung als Erweiterung nicht auf die tatsächliche Nutzung sowie auf den etwa noch erforderlichen finanziellen Aufwand für eine Fertigstellung zu Wohnzwecken an. Die nutzbare Fläche umfasst nicht nur die reine Wohnfläche, sondern auch die zum Gebäude zählenden Zubehörräume sowie die den Anforderungen des Bauordnungsrechts nicht genügenden Räume.
In dem vom BFH entschiedenen Fall erklärten Hauseigentümer eines im Jahr 1972 errichteten, nicht unterkellerten und von ihnen 1996 erworbenen Einfamilienhauses Verluste aus Vermietung und Verpachtung. 2006 wurden ein undichtes Flachdach durch ein Satteldach ersetzt und 2007 weitere Sanierungs- und Wärmedämmmaßnahmen, die z.T. auch mit der Dachsanierung zusammenhingen, durchgeführt. Eine Genehmigung zur Wohnnutzung wurde insoweit nicht beantragt.
Hinweis: Sind Aufwendungen durch die Absicht veranlasst, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, lassen sie sich nicht unmittelbar als Werbungskosten abziehen, wenn es sich um Herstellungskosten handelt. Welche Aufwendungen zu den Herstellungskosten zählen, bestimmt das HGB. Demnach sind Herstellungskosten Aufwendungen, die entstehen
- durch den Verbrauch von Gütern,
- durch die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstands,
- für die Erweiterung,
- für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung,
- für die Erweiterung eines Gebäudes (Diese Aufwendungen sind stets als Herstellungskosten zu beurteilen, auch wenn die Erweiterung nur geringfügig ist.).
Nachträgliche Herstellungskosten sind unter dem Gesichtspunkt der „Erweiterung" auch gegeben, wenn nach Fertigstellung des Gebäudes bisher nicht vorhandene Bestandteile eingefügt werden bzw. die nutzbare Fläche vergrößert wird und dies eine Erweiterung der Nutzungsmöglichkeit des Gebäudes zur Folge hat. Auf die tatsächliche (Nicht-)Nutzung kommt es nicht an.
Dabei umfasst die nutzbare Fläche neben der reinen Wohnfläche auch die zur Wohnung bzw. zum Gebäude gehörenden Grundflächen der Zubehörräume sowie die den Anforderungen des Bauordnungsrechts nicht genügenden Räume. Denn die für die Berechnung der Wohnfläche anzuwendende Wohnflächenverordnung ist für die Auslegung des HGB nicht maßgebend.
Ob die Kosten der jeweiligen Baumaßnahmen als (nachträgliche) Herstellungskosten oder Erhaltungsaufwendungen zu beurteilen sind, ist anhand der Gesamtumstände des Einzelfalls zu prüfen. Dabei sind Aufwendungen für die Dacherneuerung als Herstellungskosten zu werten, wenn die Baumaßnahmen zu einer Erweiterung des Wohngebäudes i.S. des HGB geführt haben. Dabei ist es unerheblich, ob auch eine wesentliche bauliche Verbesserung gegeben ist.
Im vorliegenden Fall wurde trotz bestehender statischer Unwägbarkeiten durch den Dachumbau das Gebäude auch erweitert. Hierbei wurden das Gutachten und die Erläuterungen des Sachverständigen zugrunde gelegt. Danach waren die Anforderungen an die Nutzung des Dachgeschosses als Wohn- und Aufenthaltsraum zwar nicht erfüllt, eine Nutzung als Speicher/Abstellraum war aber wegen geringerer Traglasten denkbar und möglich.
Insoweit reichte ein vorhandener Mauerdurchbruch als Zugang für diese Nutzung aus. Somit wurde auch die Nutzungsmöglichkeit des Gebäudes erweitert, zumal das Haus nicht unterkellert war und die bisherige Wohnfläche lediglich 70 m² betrug.
Dabei kam es nicht darauf an,
- warum das Satteldach errichtet wurde,
- mit welchem finanziellen Aufwand die Nutzung zu Wohnzwecken erreicht werden konnte,
- dass eine Dachbodennutzung seit der Baumaßnahme nicht erfolgt war.
Praxishinweis
Neben dem aktuellen BFH-Fall wurde eine „Erweiterung" in folgenden Fällen angenommen:
- Ein Flachdach wird durch ein Satteldach oder durch ein Spitzgiebeldach ersetzt.
- Ein Kelleranbau wird unter der vergrößerten Terrasse errichtet.
- Auf einer Dachterrasse wird ein ganzjährig nutzbarer Wintergarten errichtet.
- Durch Einbau einer Dachgaube oder durch ein neues Treppenhaus als Vorbau wird die nutzbare Fläche vergrößert.
- Am Gebäude werden Balkone angebaut.
- Das Dachgeschoss wird mit neuen Gauben ausgebaut.
BFH, Urt. v. 15.05.2013 - IX R 36/12
BFH, Urt. v. 22.09.2009 - IX R 21/08
BFH, Urt. v. 14.07.2004 - IX R 52/02, BStBl 2004 II 949
BFH, Urt. v. 09.05.1995 - IX R 88/90, BStBl 1996 II 628
BFH, Urt. v. 09.05.1995 - IX R 2/94, BStBl 1996 II 637
BFH, Urt. v. 03.12.2002 - IX R 64/99, BStBl 2003 II 590
Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 27.08.13