Wie sind Rücklagen bei einem Formwechsel von einer Kapital- in eine Personengesellschaft zu besteuern? Der BFH hat entschieden, dass dann die offenen Rücklagen als Gewinn der Gesamthand, nicht als Sondergewinn des bisherigen Anteilseigners zu werten sind. Wird ein Investitionsabzugsbetrag (IAB) in Anspruch genommen, findet die gewinnverschiebende Wirkung lediglich in der Bilanz keinen Niederschlag.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einer aktuellen Entscheidung dazu Stellung genommen, wie bei einem Formwechsel einer Kapital- in eine Personengesellschaft die offenen Rücklagen der Kapitalgesellschaft zu besteuern sind.
Sachlage im Streitfall
Die Klägerin ist eine durch formwechselnde Umwandlung aus einer GmbH hervorgegangene GmbH & Co. KG. Es gibt nur einen Kommanditisten, der zuvor alleiniger Gesellschafter der GmbH war. Neben diesem ist als Komplementärin ohne Beteiligung am Gesellschaftsvermögen eine Verwaltungsgesellschaft mbH beteiligt. Der Umwandlung wurde eine Bilanz der GmbH zugrunde gelegt.
In dieser waren neben dem gezeichneten Kapital u.a. ein Gewinnvortrag sowie ein Sonderposten mit Rücklageanteil ausgewiesen. Für das Jahr vor dem Formwechsel nahm die GmbH einen Investitionsabzugsbetrag gem. § 7g Abs. 1 EStG in Anspruch. Diesen Betrag rechnete die GmbH in den Folgejahren ihrem Gewinn nach § 7g Abs. 2 EStG hinzu.
Das Finanzamt war allerdings der Auffassung, dass im Zusammenhang mit der Umwandlung der Bilanzgewinn als fiktiv ausgeschüttet gelte, was zu einer entsprechenden Sonderbetriebseinnahme des Anteilseigners führe, und stellte deshalb einen teilweise steuerfreien, aber erhöhten Sondergewinn des Kommanditisten fest. Einspruch und Klage vor dem Finanzgericht blieben erfolglos. Der BFH sah dies anders.
Besteuerung der Rücklagen
Wird eine Kapitalgesellschaft formwechselnd in eine Personengesellschaft umgewandelt, ist dem Anteilseigner ungeachtet dessen, ob für ihn ein Übernahmeergebnis zu ermitteln ist, der Teil des in der Steuerbilanz ausgewiesenen Eigenkapitals abzgl. des Bestands des steuerlichen Einlagekontos in dem Verhältnis der Anteile zum Nennkapital der übertragenden Körperschaft als Einnahmen aus Kapitalvermögen zuzurechnen.
Daher wird zu diesem Zweck eine Totalausschüttung an die Anteilseigner der Kapitalgesellschaft fingiert, weil Gewinnrücklagen nach dem Formwechsel in eine Personengesellschaft zu Eigenkapital der Gesellschaft werden, das die Gesellschafter ohne ertragsteuerliche Belastung entnehmen können.
Hält der Anteilseigner die Anteile an der Kapitalgesellschaft am steuerlichen Übertragungsstichtag nicht in einem Betriebsvermögen und erfüllen die Anteile die Voraussetzungen des § 17 EStG, gelten sie für die Ermittlung des Gewinns als am Übertragungsstichtag in das Betriebsvermögen der Personengesellschaft eingelegt.
Die Einlagefiktion bewirkt u.a., dass die fiktive Ausschüttung der Personengesellschaft, die infolge der Einlagefiktion nun als Anteilseignerin gilt, zuzurechnen ist.
Gelten die Anteile damit als Teil des Gesamthandsvermögens der Personengesellschaft, fällt auch der Gewinn aus der fiktiven Ausschüttung an den Anteilseigner im Gesamthandsvermögen an. Ein solcher Gewinn muss deshalb als Gesamthandsgewinn festgestellt werden. Aus diesem Grund kann im Streitfall kein Sondergewinn des Kommanditisten entstehen.
Behandlung des Investitionsabzugsbetrags (IAB)
Der Begriff des in der Steuerbilanz ausgewiesenen Eigenkapitals ist einschränkend dahin auszulegen, dass ein außerbilanziell gebildeter und dem Gewinn noch nicht nach § 7g Abs. 2 Satz 1 EStG hinzugerechneter Investitionsabzugsbetrag das bilanzierte Eigenkapital mindert.
Denn Zweck der Zurechnung nach § 7 UmwStG ist es zu verhindern, dass bisher unbesteuerte Gewinnrücklagen dadurch endgültig der Besteuerung entzogen werden und dass sie nach dem Formwechsel in eine Personengesellschaft von den Gesellschaftern als deren Eigenkapital ohne ertragsteuerliche Belastung entnommen werden können.
Soweit Gewinnrücklagen der Kapitalgesellschaft auch nach dem Formwechsel auf der Ebene der Personengesellschaft der Besteuerung unterliegen, besteht eine solche Gefahr der ertragsteuerlichen Entstrickung durch den Formwechsel jedoch nicht, so dass es insoweit auch keiner fiktiven Ausschüttung infolge des Formwechsels bedarf.
Ist die Rücklage von der Kapitalgesellschaft gebildet worden, bleibt sie auch nach dem Formwechsel bestehen und bewirkt, dass die Besteuerung des Gewinns später auf der Ebene der Personengesellschaft stattfindet. Die Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrags nach § 7g Abs. 1 EStG hat ebenfalls eine solche gewinnverschiebende Wirkung, die lediglich in der Bilanz keinen Niederschlag findet.
Die Besteuerung eines Gewinns aus einer fiktiven Totalausschüttung nach § 7 Satz 1 UmwStG würde in Höhe eines vor dem Umwandlungszeitpunkt in Anspruch genommenen Investitionsabzugsbetrags zu einer doppelten Besteuerung führen.
Folglich ist § 7 Satz 1 UmwStG teleologisch dahingehend eingeschränkt auszulegen, dass die Zurechnung des Eigenkapitals um bis zum steuerlichen Übertragungsstichtag in Anspruch genommene und noch nicht durch Übertragung oder in anderer Weise aufgelöste Investitionsabzugsbeträge i.S.d. § 7g EStG zu mindern ist.
Praxishinweis
Der BFH hat mit dieser Entscheidung geklärt, dass fiktiv ausgeschüttete Einlagen der Kapitalgesellschaft nach einem Formwechsel in eine Personengesellschaft als Gewinn der Personengesellschaft zu behandeln sind und nicht als Gewinn eines Gesellschafters. Gleichzeitig hat der BFH geklärt, dass ein gebildeter Investitionsabzugsbetrag auf den Formwechsel bzw. dessen fiktive Ausschüttung ohne Bedeutung sind. Diese Entscheidung des BFH ist überzeugend begründet und systematisch gut hergeleitet. Es bleibt abzuwarten, ob das BMF auf diese Entscheidung reagieren wird.
BFH, Urt. v. 11.04.2019 - IV R 1/17
Quelle: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht