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Wann Prozesskosten steuerlich absetzbar sind

 

Der Gesetzgeber hat seit diesem Jahr mit dem neuen § 33 Abs. 2 EStG der Absetzbarkeit von Prozesskosten als außergewöhnliche Belastung weitgehend einen Riegel vorgeschoben. Prozesskosten können aber weiterhin als Werbungskosten steuerlich absetzbar sein. Dafür müssen jedoch einige Voraussetzungen erfüllt sein. In einem aktuellen Verfahren hat das FG Niedersachsen über die Absetzbarkeit von Verfahrenskosten im Zusammenhang mit der Auszahlung einer Berufsunfähigkeitsversicherung entschieden.

Mit Geltung des § 33 Abs. 2 EStG lassen sich seit 2013 Prozesskosten dem Grunde nach nicht mehr als außergewöhnliche Belastung absetzen.

Schon vor der Gesetzesänderung durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz hatte die Finanzverwaltung mit einem Nichtanwendungserlass den vollständigen Abzug von Zivilprozesskosten unterbunden. Der Nichtanwendungserlass war notwendig geworden, weil der BFH zuvor entschieden hatte, dass Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen sind, wenn der Steuerpflichtige darlegen kann, dass die Rechtsverfolgung oder -verteidigung eine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Aber auch nachdem der Gesetzgeber in Fortführung des Nichtanwendungserlasses eine Absetzbarkeit von Prozesskosten als außergewöhnliche Belastung weitgehend unterbunden hat, besteht aber weiterhin die Möglichkeit, Prozesskosten als Werbungskosten abzusetzen.

Dies gilt zumindest dann, wenn die Prozesskosten den für einen Werbungskostenabzug erforderlichen Zusammenhang zur Erwerbssphäre haben.

Dieser Zusammenhang ist nach einer aktuellen Entscheidung des FG Niedersachsen z.B. gegeben, wenn Gegenstand des Prozesses eine als „sonstige Einkünfte" zu versteuernde Berufsunfähigkeitsrente ist.

Aber auch die Kosten eines Rechtsstreits mit dem Chef lassen sich absetzen. Dies ist vor dem Hintergrund möglich, dass Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen sind. Sie liegen immer dann vor, wenn zwischen Aufwendungen und Einnahmen ein objektiver Zusammenhang besteht.

Ob Aufwendungen der Erwerbssphäre oder der privaten Lebensführung zuzurechnen sind, entscheidet sich danach, ob sie in einem steuerrechtlich anzuerkennenden wirtschaftlichen Zusammenhang stehen und durch eine Einkunftsart veranlasst sind. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls zu würdigen.

Maßgebend sind

  • die Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen auslösenden Moments und
  • die Zuweisung zur einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre.

Demnach können Kosten der Rechtsverfolgung - wie etwa Beratungs-, Vertretungs- und Prozessaufwand - Werbungskosten sein, wenn der Gegenstand des Prozesses mit der Einkunftsart zusammenhängt, in deren Rahmen die Aufwendungen geltend gemacht werden. Der Zusammenhang mit der Einkunftsart richtet sich dabei nach objektiven Gesichtspunkten.

Ein solcher objektiver, steuerrechtlich anzuerkennender wirtschaftlicher Zusammenhang besteht etwa bei zivil- oder arbeitsrechtlichen Streitigkeiten, die ein Arbeitsverhältnis betreffen, weil diese den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zuzurechnen sind. Das entspricht langjähriger BFH-Rechtsprechung.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze besteht der für den Werbungskostenabzug erforderliche Zusammenhang z.B. bei einer als „sonstige Einkünfte" zu versteuernden Berufsunfähigkeitsrente.

Auslösendes Moment für die Prozesskosten ist dabei nicht nur eine erwünschte Feststellung eines Versicherungsverhältnisses, sondern auch konkret die daraus resultierende Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente, die zu steuerpflichtigen „sonstigen Einkünften" geführt hätte. Das Bestehen eines Versicherungsverhältnisses betrifft also nur die Rechtsgrundlage für die in erster Linie begehrte Zahlung der Berufsunfähigkeitsrente.

Das auslösende Moment ist daher der Erwerbs- und nicht der Privatsphäre des Ruheständlers zuzurechnen. Gegenstand des Prozesses ist damit gerade die zukünftige Erzielung der steuerpflichtigen Einkünfte. Deshalb wird vermutet, dass die Prozesskosten in einem hinreichend konkreten, den Werbungskostenabzug rechtfertigenden Veranlassungszusammenhang stehen.

Wenn Prozesskosten gemessen an den Streitwerten nur teilweise mit Einkünften z.B. aus der Berufsunfähigkeitsrente zusammenhängen, sind in diesem Umfang abzugsfähige Werbungskosten entstanden.

Praxishinweis

Sind dem Steuerpflichtigen entsprechende Aufwendungen dadurch entstanden, dass allein Zivil- und Arbeitsgerichte mit den streitigen Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis befasst worden waren, spricht aufgrund der langjährigen BFH-Rechtsprechung regelmäßig eine Vermutung dafür, dass diese Aufwendungen in einem hinreichend konkreten, den Werbungskostenabzug rechtfertigenden Veranlassungszusammenhang zu der Berufstätigkeit des Steuerpflichtigen stehen.

Der Abzug als Werbungskosten ist günstiger als das Geltendmachen einer außergewöhnlichen Belastung. Denn bei dieser Alternative muss noch die zumutbare Eigenbelastung (abhängig vom Einkommen und von den familiären Verhältnissen) abgezogen werden. Damit wären im Grunde nur die verbleibenden Prozesskosten als außergewöhnliche Belastung relevant.

FG Niedersachsen, Urt. v. 24.07.2013 - 9 K 134/12
BFH, Urt. v. 09.02.2012 - VI R 23/10, BStBl 2012 II 829
BFH, Urt. v. 12.05.2011 - VI R 42/10, BStBl 2011 II 1015
BMF, Schreiben v. 20.12.2011 - IV C 4 - S-2284/07/0031: 002

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 08.10.13