Welche Kosten sind bei Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft als Nachlassverbindlichkeiten abziehbar? Nach dem BFH ist der Begriff der Nachlassregelungskosten weit auszulegen. So können auch Aufwendungen im Zuge einer Versteigerung - wie Beratungs- und Lagerkosten - abzugsfähig sein, wenn damit Geldbeträge erzielt werden sollen, die testamentarisch für die einzelnen Miterben vorgesehen sind.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 21.08.2024 (II R 43/22) entschieden, dass auch Kosten für die Versteigerung von beweglichen Gegenständen, die zum Nachlass gehören, als Nachlassregelungskosten abzugsfähig sind, wenn dadurch die testamentarisch vorgesehenen Zuwendungen von Geldbeträgen an die Begünstigten finanziert werden.
Sachlage im Streitfall
Die Klägerin ist testamentarisch eingesetzte Miterbin der im Jahr 2017 verstorbenen Erblasserin, die wiederum Alleinerbin ihres zuvor verstorbenen Ehemanns war.
Nach dem Tod der Eheleute wurden deren Nachlassgegenstände eingelagert, da für sie in der Seniorenresidenz kein Platz war. Die Klägerin erhielt entsprechend einem gemeinschaftlichen Erbschein eine Erbquote von 10,103 %.
Der Testamentsvollstrecker machte in der Erbschaftsteuererklärung mehrere Kosten, darunter Räumungskosten für ein Büro und die Wohnung der Erblasserin, als Nachlassverbindlichkeiten geltend.
Zudem wurden Lagerkosten für die Einlagerung der Nachlassgegenstände und Honorarkosten einer Kunstexpertin für die Beratung bei der Veräußerung der Nachlassgegenstände angegeben.
Das Finanzamt (FA) erkannte nur die Räumungskosten als Nachlassverbindlichkeiten an, lehnte jedoch Lager- und Honorarkosten ab, da diese Kosten im Zusammenhang mit der Verwaltung oder Verwertung des Nachlasses entstanden seien und somit nicht abzugsfähig sind.
Auch das Finanzgericht (FG) teilte die Auffassung des FA. Der BFH sah die Revision der Klägerin jedoch als begründet an und hob die Entscheidung des FG auf.
Kosten der Nachlassregelung
Gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG sind Kosten als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig, wenn sie unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses oder der Erlangung des Erwerbs entstehen.
Der Begriff der Kosten im Rahmen der Regelung des Nachlasses ist weit gefasst und umfasst sowohl tatsächliche als auch rechtliche Maßnahmen zur Feststellung des Nachlasses, einschließlich Bewertungskosten und Ausgaben, die erforderlich sind, um den Erben die Erlangung ihres Erbes zu ermöglichen.
Voraussetzung für den Abzug ist ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang mit dem Erwerb von Todes wegen. Fehlt dieser Zusammenhang und entstehen die Kosten erst im Rahmen der späteren Verwaltung oder Verwertung des Nachlasses, handelt es sich um nicht abzugsfähige Verwaltungskosten gem. § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 3 ErbStG.
Die Abgrenzung zwischen (abziehbaren) Nachlassregelungskosten und Verwaltungskosten ist fallbezogen und hängt von den konkreten Umständen ab. Bei Verwaltungskosten ist jedoch - wie bereits dargestellt - der enge Veranlassungszusammenhang zum Erwerb unterbrochen.
Solche Kosten könnten auch außerhalb eines Nachlasses entstehen, etwa bei der Verwaltung eines gewöhnlichen Vermögens. Die inhaltliche Grenze wird dabei nicht durch einen festen Zeitpunkt, sondern durch die Art der Veranlassung der Kosten bestimmt.
Anwendung der Grundsätze auf den Streitfall
Zu den Kosten der Nachlassregelung gehören nach der Entscheidung des BFH auch Kosten, die im Rahmen der Teilung des Nachlasses für den Verkauf beweglicher Nachlassgegenstände durch Versteigerung anfallen.
Dies gilt insbesondere dann, wenn die Kosten im Rahmen der Beschaffung der Geldbeträge entstehen, die der Erblasser nach dem Testament den Begünstigten zuwenden wollte.
Die Kosten für die Versteigerung der Nachlassgegenstände sind im Streitfall danach direkt für die Beschaffung der entsprechenden Geldbeträge angefallen. Die Kosten sind somit abzugsfähig, da diese der Erhaltung, Mehrung und Nutzung des Nachlasses dienen.
Praxishinweis
Der BFH hatte im Streitfall ebenfalls über die Zulässigkeit der Videoverhandlung zu entscheiden. Die Klägerin rügte, dass die Öffentlichkeit nur unzureichend hergestellt wurde. Dem folgte der BFH jedoch nicht, es sei ausreichend, dass im Sitzungssaal des BFH die Öffentlichkeit teilnehmen kann. In den Räumlichkeiten des FA ist dies nicht erforderlich.
BFH, Urt. v. 21.08.2024 - II R 43/22