Auf welchen Zeitpunkt kommt es steuerlich beim Vollzug einer Immobilienschenkung an? Der BFH hat entschieden, dass eine gemischt-freigebige Grundstücksschenkung erst zum Zeitpunkt einer vertraglich vorgesehenen Kaufpreiszahlung als „ausgeführt“ gilt, wenn der Notar die bereits erteilte Bewilligung für die Grundbucheintragung nicht vor der nachgewiesenen Zahlung des Kaufpreises umsetzen darf.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit seiner Entscheidung vom 21.08.2024 (II R 11/21) die Grundsätze zur Besteuerung gemischter Schenkungen weiter konkretisiert.
Sachverhalt im Besprechungsfall
Mit notariellem Vertrag verpflichtete sich P, ihr Grundstück an die Klägerin K gegen Zahlung eines Barkaufpreises sowie einer monatlichen Rente und eines lebenslangen unentgeltlichen Wohnrechts zu übertragen.
Im Gegenzug verpflichtete sich K, Pflegeleistungen für die P zu erbringen. Die Übergabe des Grundstücks sollte am Tag des Eingangs des Barkaufpreises erfolgen. Die Vertragsparteien erklärten die Auflassung sowie bewilligten und beantragten, die Eigentumsänderung im Grundbuch zu vollziehen.
Der Notar wurde angewiesen, eine Vertragsausfertigung mit der Auflassungserklärung beim Grundbuchamt einzureichen, sobald ihm alle Unterlagen vorlagen und alle vertraglichen Bedingungen für deren Einreichung erfüllt oder sichergestellt sind, insbesondere die Belegung des Kaufpreises ohne eventuelle Zinsen.
P verstarb jedoch noch vor Eintragung des Eigentümerwechsels. Als Erbin der P wurde K sodann als Eigentümerin des Grundstücks in das Grundbuch eingetragen.
Mit dem Finanzamt entstand Streit darüber, ob die vereinbarte gemischte Schenkung ausgeführt wurde und wie diese bei der Schenkungsteuer zu behandeln ist. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage der Erbin ab.
Der BFH hob die Entscheidung des FG aus verfahrensrechtlichen Gründen auf und verwies sie zur anderweitigen Verhandlung an das FG zurück.
Begründung im Besprechungsfall
Grundsätzlich entsteht bei Schenkungen unter Lebenden die Steuer gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung.
Haben die Vertragsparteien bei einer gemischt-freigebigen Grundstücksschenkung jedoch eine Vollzugshemmung dahingehend vereinbart, dass der bevollmächtigte Notar von der Eintragungsbewilligung erst dann Gebrauch machen darf, wenn die Zahlung des Kaufpreises nachgewiesen ist, so ist die Schenkung erst zu diesem späteren Zeitpunkt ausgeführt.
Ob eine solche Vollzugshemmung vereinbart wurde, ist eine Frage der Vertragsauslegung im Einzelfall.
Der BFH führte aus, dass vorliegend die Feststellung durch das FG fehle, ob und wann der vereinbarte Barkaufpreis von K gezahlt wurde. Denn die Vertragsparteien hatten eine Vollzugshemmung bis zur Kaufpreiszahlung vereinbart, so dass die Schenkung erst im Zeitpunkt der Zahlung des Barkaufpreises ausgeführt und die Steuer erst in diesem Zeitpunkt entstanden sein kann.
Den Vertragsparteien wurden zur Sicherung der Rechte des Verkäufers lediglich Ausfertigungen und beglaubigte Abschriften ohne Auflassungserklärung erteilt (sog. Auflassungssperre oder Kopierlösung).
Bis dahin bestand nach den vertraglichen Abreden ein Vollzugshemmnis. Diese Feststellung hat das FG nachzuholen.
Praxishinweis
Der BFH hat mit diesem Urteil klargestellt: Im Fall einer gemischt-freigebigen Grundstücksschenkung, bei der eine Vollzugshemmung vereinbart wurde, wonach der bevollmächtigte Notar von der bereits erteilten Eintragungsbewilligung erst dann Gebrauch machen darf, wenn die Zahlung des Kaufpreises nachgewiesen ist, wird die gemischt-freigebige Schenkung erst im Zeitpunkt der vertraglich vorgesehenen Kaufpreiszahlung ausgeführt.
BFH, Urt. v. 21.08.2024 - II R 11/21