Eine Geldanlage geht nicht über eine private Vermögensverwaltung hinaus, wenn das Finanzamt diese Auffassung allein auf das Anlagevolumen oder den Umfang der getätigten Geldgeschäfte oder auf die Einschaltung eines Vermittlers stützt. Vielmehr ist entscheidend, ob und inwieweit ein Investor als gewerblicher Händler auftritt, dessen Tätigkeit die planmäßige Umschichtung von Vermögenswerten kennzeichnet, er sich also wie ein gewerblicher Dienstleister verhält.
Nachfolgend werden wichtige Aussagen des BFH aufgelistet, die Betroffene gegenüber dem Finanzamt verwenden können. Im Urteil ging es um eine geschlossene Fondsgesellschaft, die auf Vermittlung einer US-amerikanischen Firma "gebrauchte" Lebensversicherungen auf dem US-amerikanischen Zweitmarkt aus Eigenmitteln erworben hatte. Dort bieten Versicherte ihre Lebensversicherungen zum Kauf an, wenn sie diese weder fortführen noch kündigen wollen. Die Fondsgesellschaft bezahlte für die erworbenen Policen während der Restvertragslaufzeit die Versicherungsprämien und zog bei Fälligkeit die Versicherungssummen ein. Ein Weiterverkauf der erworbenen Versicherungen erfolgte nicht. Das Finanzamt sah diese Tätigkeit als gewerblich an, was ertragsteuerlich zu Betriebseinnahmen führte.
Zur Abgrenzung von Gewerbebetrieb und privater Vermögensverwaltung hat der BFH u.a. die nachfolgend aufgeführten Rechtsgrundsätze entwickelt:
- Die Grenze der privaten Vermögensverwaltung zum Gewerbebetrieb wird überschritten, wenn nach dem Gesamtbild der Betätigung und unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung die Ausnutzung substanzieller Vermögenswerte durch Umschichtung gegenüber der Nutzung der Vermögenswerte im Sinne einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten entscheidend in den Vordergrund tritt.
- Der Kernbereich der Vermögensverwaltung wird durch Bezug auf Regelbeispiele (etwa die verzinsliche Anlage von Kapitalvermögen und die Vermietung oder Verpachtung von unbeweglichem Vermögen) abgegrenzt. Vermögensverwaltung wird letztlich negativ danach bestimmt, ob die Tätigkeit dem Bild entspricht, das nach der Verkehrsauffassung einen Gewerbebetrieb ausmacht.
- Bei der Abgrenzung zwischen Gewerbebetrieb und Vermögensverwaltung ist auf das Gesamtbild der Verhältnisse und die Verkehrsanschauung abzustellen.
- Das Bild des Handels ist durch die Ausnutzung substanzieller Werte durch Umschichtung von Vermögenswerten gekennzeichnet; es unterscheidet sich von privater Vermögensverwaltung durch den marktmäßigen Umschlag von Sachwerten.
- Das Bild des gewerblichen Dienstleisters ist durch ein Tätigwerden für Andere und vor allem für fremde Rechnung geprägt. Beim Handel ausschließlich für eigene Rechnung wird im Regelfall der Rahmen der privaten Vermögensverwaltung nicht überschritten.
- Der Erwerb und das Halten von Anlageprodukten (z.B. gebrauchten Lebensversicherungen im Urteilsfall) sowie der Einzug der Gelder bei Fälligkeit gehen im Regelfall nicht über den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung hinaus, wenn diese Vorgänge den Beginn und das Ende einer in erster Linie auf Fruchtziehung gerichteten Tätigkeit darstellen.
- Erwerb und Veräußerung beweglicher Sachen im Rahmen der Vermietung einzelner beweglicher Gegenstände stellen den Beginn und das Ende einer in erster Linie auf Fruchtziehung gerichteten Tätigkeit dar. Eine gewerbliche Vermietungstätigkeit kann ausnahmsweise erst in Betracht gezogen werden, wenn im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten, die der Vermietungsleistung insgesamt das Gepräge einer selbständigen, nachhaltigen, von Gewinnstreben getragenen Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr geben.
- Handelbare Wertpapiere können zwar grundsätzlich Gegenstand händlertypischen Umschlags sein. Findet aber ein händlertypischer marktmäßiger Umschlag der erworbenen Produkte planmäßig nicht statt, entspricht dies nicht dem Bild des Handels.
- Der Veräußerungstatbestand des Spekulationsgeschäfts orientiert sich nicht an dem Bild, das nach der Verkehrsauffassung einen Gewerbebetrieb ausmacht.
- Es liegt keine gewerbliche Dienstleistung zugrunde, wenn es bereits an einem Tätigwerden für Andere fehlt.
- Der Würdigung als Vermögensverwaltung steht nicht entgegen, dass sich die Fruchtziehung nicht in einem laufend wiederkehrenden Ertrag (Zinsen oder Dividenden) charakterisiert, sondern in der Differenz zwischen der vereinnahmten Veräußerungssumme und dem geleisteten Kaufpreis. Denn die Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Ertragserwartung in der Anspruchsrealisierung liegt.
- Das Anlagevolumen ist kein ausschlaggebendes Indiz für eine gewerbliche Betätigung. Der Einsatz umfangreicher finanzieller Mittel kommt bei Kapitalanlagen sowohl in der betrieblichen als auch in der privaten Sphäre vor. Dabei ist kein Rechts- oder Erfahrungssatz ersichtlich, dass mit steigendem Kapitaleinsatz zwingend ein Übergang zur gewerblichen Betätigung einhergeht. Das Anlagevolumen ist schon wegen dieser Unbestimmtheit kein geeignetes Abgrenzungskriterium. Der Umfang der getätigten Geschäfte ist daher ohne Bedeutung.
Praxishinweis
Die Differenzierung zwischen einer privaten Vermögensverwaltung und einem Gewerbebetrieb ist seit dem Wegfall der Spekulationsfrist bei Börsengeschäften und der verbesserten Anrechnung der Gewerbesteuer auf den ersten Blick jetzt nicht mehr so relevant. Doch das täuscht:
- Immobilien und sonstige bewegliche Wirtschaftsgüter wie Gold haben weiterhin eine Spekulationsfrist.
- Der Verkauf durch einen Privatanleger nach mehr als einem (Edelmetalle) bzw. zehn Jahren (Grundbesitz, vermietete Container, Flugzeuge bei Anschaffung ab 2009) Haltedauer löst nur bei der Vermögensverwaltung kein Spekulationsgeschäft aus; der realisierte Gewinn bleibt steuerfrei.
- Bei negativen Mieteinkünften wird die Einkunftserzielungsabsicht i.d.R. vorausgesetzt, während im gewerblichen Bereich stets auf Liebhaberei hin geprüft wird.
- Die Gewerbesteuer lässt sich nicht immer komplett auf die Einkommensteuer anrechnen, besonders bei hohen Hebesätzen der Gemeinden oder bei geringem Einkommen.
- Die Abgeltungsteuer auf Kapitaleinnahmen ist moderater als die tarifliche Einkommensteuer.
- Ein Gewerbebetrieb setzt meist Buchführungspflichten und Bilanzen voraus, während Anleger und Vermieter ihre Einkünfte nach einer einfachen Geldverkehrsrechnung ermitteln können und keine Buchführung erstellen müssen. Damit entfallen zusätzlicher Aufwand und meist auch ein Kostenfaktor.
- Es tauchen keine Bilanzierungsfragen auf; die Einordnung als Anlage- oder Umlaufvermögen ist nicht notwendig.
- Gewerbebetriebe werden häufiger Betriebsprüfungen unterzogen.
Der Rahmen der Vermögensverwaltung wird im Allgemeinen überschritten, wenn die Tätigkeit dem Bild eines Wertpapierhandelsunternehmens (Tätigwerden für Andere und für fremde Rechnung) sowie Finanzunternehmens (eigene Rechnung sowie Handel mit institutionellen Partnern und nicht über eine Depotbank) entspricht. Bei der Vermietung beweglicher Gegenstände sind drei Fälle zu unterscheiden:
- Die Vermietung von z.B. Pkw, Anhänger, Wohnmobil oder Boot führt grundsätzlich zu sonstigen Einkünften.
- Die Vermietung einzelner Schiffe und Flugzeuge, die in ein öffentliches Register eingetragen sind, führt zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.
- Ist die Vermietung mit dem An- und Verkauf aufgrund eines einheitlichen Geschäftskonzepts verbunden, handelt es sich um gewerbliche Einkünfte. Gleiches gilt, wenn im Zusammenhang mit der Vermietung ins Gewicht fallende Sonderleistungen erbracht werden oder der Umfang der Tätigkeit eine unternehmerische Organisation erfordert.
Wer fremdes Vermögen verwaltet, erzielt regelmäßig Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit und vermeidet damit die Gewerbesteuer.
BFH, Urt. v. 11.10.2012 - IV R 32/10
BFH, Beschl. v. 10.12.2001 - GrS 1/98, BStBl 2002 II 291
BFH, Urt. v. 25.07.2001 - X R 55/97, BStBl 2001 II 809
BFH, Beschl. v. 04.07.2002 - IV B 44/02
BMF-Schreiben v. 22.09.2005 - IV B 2 - S-2240-55/05
OFD Frankfurt, Schreiben v. 17.01.2012 - S-2256 A - 41 - St 213
OFD Frankfurt, Vfg. v. 24.02.2006 - S-2240 A - 32 - St II 2.02
OFD Hannover, Vfg. v. 09.06.2004 - S-2240 - 346 - StH 241, S-2240 - 176 - StO 221
Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 05.02.13