Wer muss nach einem Immobilienkauf die Grundsteuer tragen? Wann ist dem Erwerber das Grundstück zuzurechnen? Nach dem BFH kann es im Rahmen der Grundsteuer auf den Übergang des „wirtschaftlichen“ Eigentums ankommen, das mit den Nutzen und Lasten des Grundstücks verbunden ist. Bei einem ausgeübten Vorkaufsrecht kann dieser Übergang auch abweichend vom ursprünglichen Kaufvertrag verschoben werden.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 23.02.2021 (II R 44/17) entschieden, dass die Zurechnung eines Grundstücks zum neuen Eigentümer im Zeitpunkt des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums erfolgen kann.
Der bisherige Eigentümer und der Käufer können im Kaufvertrag einen abweichenden Übergang von Nutzen und Lasten festlegen, an welchem sich auch die Grundsteuer zu orientieren hat.
Sachlage im Streitfall
Der bisherige Eigentümer schloss Anfang 2006 mit einer GmbH & Co. KG einen Kaufvertrag über die Veräußerung eines Grundstücks. Der Übergang von Nutzen und Lasten wurde bereits für Januar 2006 vereinbart.
Jedoch besaß die Klägerin ein Vorkaufsrecht für das Grundstück und übte dieses im April 2006 aus. Gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts klagte die GmbH & Co. KG erfolglos.
Das Grundstück ging schlussendlich im September 2010 auf die Klägerin über. Der Übergang von Nutzen und Lasten wurde abweichend vom zuvor geschlossenen Kaufvertrag für September 2010 vereinbart.
Das Finanzamt setzte die Grundsteuer für die Klägerin aufgrund der Ausübung des Vorkaufsrechts bereits ab dem 01.01.2007 fest. Die Klägerin wandte sich gegen die entsprechenden Bescheide, da das wirtschaftliche Eigentum ihr zu diesem Zeitpunkt noch nicht zuzurechnen sei.
Der BFH sah die Revision als begründet an und hob das Urteil des Finanzgerichts wieder auf.
Zurechnung bei Übergang des wirtschaftlichen Eigentums
Nach § 10 Abs. 1 GrStG ist die Person, welcher das Grundstück im Zeitpunkt der Feststellung des Einheitswerts zuzurechnen ist, auch Schuldner der Grundsteuer. Das Grundstück ist jener Person zuzuordnen, die zivilrechtlicher Eigentümer des Grundstücks ist. Dieser ist auch Steuerschuldner der Grundsteuer.
Abweichend davon kann jedoch die Festsetzung der Grundsteuer auch zu Lasten desjenigen erfolgen, der wirtschaftlicher Eigentümer i.S.d. § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 AO ist. Der BFH sah den im Kaufvertrag alternativ festgelegten Übergang von Nutzen und Lasten im September 2010 als legitimen Übergangszeitpunkt an.
Die Vertragsparteien haben nach Auffassung des BFH im Kaufvertrag zulässigerweise festgelegt, dass der Übergang erst im September 2010 - abweichend von der Ausübung des Kaufvertrags im Jahr 2006 - stattfindet. Nach diesem Übergangszeitpunkt hat sich auch die Festsetzung der Grundsteuer zu richten.
Praxishinweis
Die Rechtsprechung des BFH betrifft die Zurechnung des Grundstücks nach dem alten Grundsteuerrecht. Dies dürfte entsprechend auch für das zukünftige Grundsteuerrecht gelten.
In der Praxis ist es nicht selten, dass der Übergang von Nutzen und Lasten vor dem Übergang des zivilrechtlichen Eigentums liegt. Die Grundsteuer dürfte somit vor Übergang des zivilrechtlichen Eigentums bereits dem Käufer anzulasten sein.
BFH, Urt. v. 23.02.2021 - II R 44/17
Quelle: Christian Kappelmann, Steuerberater, M.A. und Diplom-Finanzwirt (FH)