Das Bundesverfassungsgericht hat die Wertermittlung für die Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt. Da die Vorschriften aber weiter angewendet werden dürfen, werden Einsprüche gegen die Einheitsbewertung zurückgewiesen und die Vorläufigkeit der Einheitswertfeststellung aufgehoben. Das sieht eine Allgemeinverfügung vor. Derweil gibt es beim BMF schon Pläne für die Neuregelung der Grundsteuer.
Mit Datum vom 17.01.2019 bzw. 18.01.2019 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) die Allgemeinverfügung der obersten Finanzbehörden der Länder zur Zurückweisung der wegen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit der Einheitsbewertung des Grundvermögens eingelegten Einsprüche und gestellten Änderungsanträge, deren gleichlautende Erlasse zur vorläufigen Einheitswertfeststellung sowie die Aufhebung deren gleichlautender Erlasse zur vorläufigen Festsetzung des Grundsteuermessbetrags veröffentlicht.
Damit passt die Finanzverwaltung ihre Auffassung aufgrund des vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ergangenen Urteils vom 10.04.2018 an.
Aufhebung der vorläufigen Festsetzung der Einheitswertfeststellung
Bislang wurden aufgrund der gleichlautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 19.04.2012 Feststellungen der Einheitswerte für Grundstücke sowie Festsetzungen des Grundsteuermessbetrags und ab dem 18.05.2015 auch Einheitswertfeststellungen für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft vorläufig durchgeführt.
Aufgrund der Entscheidung des BVerfG vom 10.04.2018 ist eine vorläufige Festsetzung nicht mehr erforderlich, da die in Frage stehenden Vorschriften weiterhin anwendbar sind. Folglich ergehen die entsprechenden Bescheide nun ohne Vorläufigkeitsvermerk.
Zurückweisung der Einsprüche gegen die Einheitsbewertung
Per Allgemeinverfügung werden alle am 18.01.2019 anhängigen und zulässigen Einsprüche gegen die Feststellung des Einheitswerts für inländischen Grundbesitz oder die Festsetzung des Grundsteuermessbetrags zurückgewiesen, soweit mit den Einsprüchen ein Verstoß gegen das Grundgesetz geltend gemacht wird.
Gleiches gilt für alle am 18.01.2019 anhängigen, außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens gestellten und zulässigen Anträge auf Aufhebung oder Änderung der Feststellung eines Einheitswerts für inländischen Grundbesitz sowie für Anträge auf Fortschreibung des Einheitswerts (§ 22 BewG) und für Anträge auf Aufhebung oder Änderung der Festsetzung eines Grundsteuermessbetrags oder auf Neuveranlagung des Grundsteuermessbetrags (§ 17 GrStG).
Ausblick: Neuregelung der Grundsteuer
Vor dem Hintergrund der vom BVerfG festgestellten Verfassungswidrigkeit der Grundsteuer werden vom BMF zwei Ansätze für eine Neuregelung diskutiert:
- Zum einen ein wertunabhängiges Modell, das an der Fläche der Grundstücke und der vorhandenen Gebäude ansetzt. Dabei soll die Gebäudefläche in einem vereinfachten Verfahren bestimmt werden. Auf die so ermittelten Flächen von Grund und Boden sowie Gebäuden werden anschließend noch zu bestimmende Faktoren angewendet, die zwischen der Art der Gebäudenutzung unterscheiden. Bei einem solchen Modell bleiben jedoch die Werte der Grundstücke und der Gebäude unberücksichtigt.
- Zum anderen ein wertabhängiges Modell, das am tatsächlichen Wert einer Immobilie ansetzt. Dazu sollen die Werte von Grund und Boden sowie von Gebäuden anhand bestimmter vereinfachter Verfahren ermittelt werden.
Praxishinweis
Mit dem ergangenen Erlass und der Allgemeinverfügung hat die Finanzverwaltung ihre Verwaltungspraxis an die Rechtsprechung des BVerfG angepasst. Dabei werden aufgrund der vom BVerfG gestatteten weiteren Anwendung des geltenden Rechts bis zum 31.12.2019 alle anhängigen Verfahren oder Einsprüche gegen die Einheitsbewertung per Allgemeinverfügung zurückgewiesen und zugleich die Vorläufigkeit der Einheitswertfeststellung aufgehoben.
Steuerpflichtige sollten beachten, dass die geänderte Verwaltungsauffassung bei allen noch offenen Fällen ab dem 18.01.2019 Anwendung findet. Von der Entscheidung des BVerfG ausgenommen ist jedoch die Regelung des § 129 Abs. 2 BewG.
FinMin Baden-Württemberg, gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 17.01.2019 - 3-S0338/6
FinMin Baden-Württemberg, Vfg. v. 18.01.2019 - 3-S0625/6
Quelle: Steuerberater und Dipl.-Volkswirt Volker Küpper