Durch das Mitte Dezember in Kraft getretene Jahressteuergesetz 2010 (JStG 2010) lassen sich rückwirkend ab 2007 die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer dann steuerlich wieder berücksichtigen, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, was etwa bei Lehrern oder vielen Außendienstmitarbeitern der Fall ist. Dann ist ein Abzug von Betriebsausgaben oder Werbungskosten bis zur Höhe von 1.250 € im Jahr möglich.
Rechtzeitig für die Erstellung der Einkommensteuererklärung 2010 und zur Berichtigung offener Fälle in den Jahren 2007 bis 2009 hat das BMF jetzt einen aktualisierten Anwendungserlass zur steuerlichen Behandlung der Aufwendungen fürs heimische Büro veröffentlicht. Dieser beinhaltet zwar nicht nur Neuheiten, aber eine Reihe von Erläuterungen zur aktuellen Gesetzesänderung, wenn Berufstätigen kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Nachfolgend die für die Praxis von Arbeitnehmern und Selbständigen 15 wichtigsten Ausführungen zur Sichtweise der Finanzverwaltung im Kurzüberblick.
- Steht für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, sind die Aufwendungen bis zur Höhe von 1.250 € je Wirtschafts- oder Kalenderjahr als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar.
- Bei dem Betrag von 1.250 € handelt es sich nicht um eine Pauschale, sondern um einen objektbezogenen Höchstbetrag. Folge: Für verschiedene Tätigkeiten oder Personen kann er nur einmal in Anspruch genommen und muss daher aufgeteilt werden.
- Einem Berufstätigen steht ein - für den Kostenabzug schädlicher - anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, wenn Räumlichkeiten zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet sind. Unbeachtlich sind grundsätzlich die konkreten Arbeitsbedingungen und Umstände wie beispielsweise Lärmbelästigung oder Publikumsverkehr.
- Es muss kein räumlich abgeschlossener Arbeitsbereich oder ein individuell zugeordneter Arbeitsplatz vorhanden sein, so dass auch Großraumbüro oder Schalterhalle einer Bank als anderer Arbeitsplatz zählen.
- Unerheblich sind subjektive Erwägungen des Berufstätigen, ob und inwieweit ein Arbeitsplatz angenehm für die Tätigkeiten ist. Diese Einordnung wird nämlich nach objektiven Gesichtspunkten beurteilt.
- Faustregel: Ein anderer Arbeitsplatz steht dann zur Verfügung, wenn ihn der Berufstätige in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise tatsächlich nutzen kann.
- Das häusliche Arbeitszimmer kann aber notwendig sein, wenn ein Arbeitsplatz von Arbeitnehmern/Selbständigen so beschaffen ist, dass sie auf das häusliche Arbeitszimmer angewiesen sind. Der vorhandene andere Arbeitsplatz muss daher auch tatsächlich für alle Aufgabenbereiche der Erwerbstätigkeit genutzt werden können.
- Ist ein Berufstätiger auf sein häusliches Arbeitszimmer angewiesen, weil er dort einen nicht unerheblichen Teil seiner betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit verrichten muss, ist der andere Arbeitsplatz unschädlich für den Abzug von bis zu 1.250 €.
- Der Kostenabzug gelingt jedoch nicht, wenn im häuslichen Arbeitszimmer Arbeiten verrichtet werden, die sich grundsätzlich auch an einem anderen Arbeitsplatz erledigen lassen. Beispiel: Ein anderer Arbeitsplatz ist außerhalb der üblichen Arbeitszeiten etwa am Wochenende oder in den Ferien nicht zugänglich.
- Werden im Arbeitszimmer Tätigkeiten ausgeübt, für die nur teilweise ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, sind die Aufwendungen dem Grunde nach nur zu berücksichtigen, soweit sie auf Tätigkeiten entfallen, für die kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht.
- Werden mehrere betriebliche oder berufliche Tätigkeiten nebeneinander ausgeübt, ist für jede Tätigkeit zu prüfen, ob ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Dabei kommt es nicht darauf an, ob ein für eine Tätigkeit zur Verfügung stehender Arbeitsplatz auch für eine andere Tätigkeit genutzt werden kann - beispielsweise der Firmenarbeitsplatz für schriftstellerische Nebentätigkeit.
- Steuerpflichtige müssen konkret darlegen, dass kein anderer Arbeitsplatz für die jeweilige betriebliche oder berufliche Tätigkeit zur Verfügung steht. Die Art der Tätigkeit kann hierfür Anhaltspunkte bieten. Zusätzliches Indiz kann eine entsprechende Bescheinigung des Arbeitgebers sein.
- Bei der Nutzung des Arbeitszimmers durch mehrere Personen darf jeder die Aufwendungen abziehen, die er getragen hat. Steht allen oder nur einem Nutzenden ein beschränkter Abzug zu, ist der Höchstbetrag dabei auf die Personen nach dem Nutzungsanteil aufzuteilen - also nicht mehrfach zu gewähren.
- Ändern sich innerhalb eines Jahres die Nutzungsverhältnisse, können die Aufwendungen in voller Höhe nur für den Zeitraum abgezogen werden, in dem das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der Betätigung bildet. Für die übrige Zeit kommt ein beschränkter Abzug in Betracht, wenn kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Dabei kann der Höchstbetrag von 1.250 € auch bei nichtganzjähriger Nutzung voll abgesetzt werden.
?Beispiel: Im ersten Halbjahr arbeitet ein Arbeitnehmer ausschließlich zu Hause. Anschließend liegt der Schwerpunkt im Betrieb, dort steht aber kein Arbeitsplatz zur Verfügung. Er kann die Kosten für sein Arbeitszimmer in voller Höhe absetzen, soweit sie auf das erste Halbjahr entfallen. Ab Juli kann er bis zu 1.250 € absetzen. - Wird das Arbeitszimmer für eine spätere Nutzung vorbereitet, bei der die Abzugsvoraussetzungen vorliegen, sind die darauf entfallenden Aufwendungen entsprechend (vorab) zu berücksichtigen.
Praxishinweis
Bei einem Arbeitszimmer außerhalb der eigenen Wohnung ist - ohne jegliche aktuelle Gesetzesänderung - der volle Kostenabzug möglich. Das gilt etwa bei Büroräumen, die in der Nachbarschaft zur Wohnung beruflich genutzt werden, und selbst dann, wenn im Betrieb ein Arbeitsplatz zur Verfügung steht und der Job von dort aus überwiegend erledigt wird. Das Zimmer muss lediglich die Voraussetzung erfüllen, dass es nahezu ausschließlich beruflich genutzt wird. Dann sind sämtliche auf das Büro entfallenden Kosten absetzbar.
Im Einfamilienhaus hingegen besteht keine Möglichkeit zum Abzug der anteiligen Aufwendungen, da hier sämtliche Räumlichkeiten pauschal unter die Wohnungseinheit fallen. Das gilt auch für ein Dachgeschoss oder den Keller im selbstbewohnten Eigenheim.
BMF-Schreiben v. 02.03.2011 - IV C 6 - S 2145/07/10002
Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 15.03.11