carlitos © photocase

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Aktuelle Entscheidungen zum häuslichen Arbeitszimmer

Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer können unter zwei Bedingungen als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abgezogen werden,

  1. entweder begrenzt auf 1.250 € im Jahr, wenn kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, 
  2. oder in voller und angemessener Höhe, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten beruflichen oder betrieblichen Betätigung bildet.

Doch hierbei gibt es viele Abgrenzungsfragen. So hat das FG Niedersachsen jetzt in zwei Urteilen darüber entschieden, wie der Kostenabzug bei privater und beruflicher Nutzung erfolgt und wann Räume in der Wohnung als Betriebsstätte anzusehen sind.

1. Gemischt genutztes häusliches Arbeitszimmer

Die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sind teilweise als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abziehbar, wenn

  • es sich um eine gemischte Nutzung handelt,
  • die heimischen Räumlichkeiten büromäßig eingerichtet sind und 
  • eine Aufteilung - zumindest im Schätzungswege - möglich ist.

Dabei bezieht sich das FG auf die geänderte - und von der Finanzverwaltung übernommene - Rechtsprechung des BFH. Danach steht einer Aufteilung von gemischt veranlassten, aber aufgrund ihrer beruflichen und privaten Anteile trennbaren Reisekosten nichts entgegen. Ein allgemeines Aufteilungs- und Abzugsverbot besteht nicht mehr.

Im Urteilsfall ging es um einen Rentner mit Mieteinkünften, der zwei Mehrfamilienhäuser mit zusammen 14 vermieteten Wohnungen vom heimischen Büro aus verwaltete. Das stellte nach seiner Ansicht den Mittelpunkt seiner gesamten beruflichen Tätigkeit dar (Alternative 2, voller Kostenabzug). Das Finanzamt sah das anders und ließ die Aufwendungen nicht zum Abzug zu. Begründung: Der Rentner konnte keine nahezu ausschließliche berufliche Nutzung des Arbeitszimmers nachweisen.

Diese Ansicht teilte das FG mit der Begründung, dass nach der BFH-Rechtsprechung Aufwendungen für die eigene Wohnung grundsätzlich als Kosten der privaten Lebensführung nicht abgezogen werden können. Diese Sichtweise und Rechtfertigung ist jedoch seit dem Grundsatzbeschluss zu gemischten Aufwendungen entfallen. Hiernach ist eine Aufteilung der Kosten geboten, wenn trotz der privaten Mitbenutzung noch der Charakter als Arbeitszimmer vorliegt. Unter diesem Aspekt darf der Rentner 60 % der geltend gemachten Aufwendungen als Werbungskosten zu seinen Mieteinnahmen abziehen. Da er den Arbeitsraum nicht nahezu ausschließlich zur Einkünfteerzielung nutzt, können 40 % der Aufwendungen steuerlich nicht geltend gemacht werden.

Hinweis: Den beruflichen Nutzungsumfang des heimischen Büros müssen Berufstätige nachvollziehbar nachweisen. Die Finanzverwaltung teilt diese Ansicht nicht und hat mittlerweile Revision eingelegt.

2. Kreativraum bei Künstlern und Produzenten

Richten Musiker und ähnliche freischaffende Künstler ihr Arbeitszimmer atypisch ein und nutzen es auch so, können die Kosten für einen solchen Kreativraum in voller Höhe als Betriebsausgaben abgezogen werden, auch wenn der Raum in einem ansonsten bewohnten Gebäude wie einem privat genutzten Einfamilienhaus liegt. Das galt im Urteilsfall für ein voll eingerichtetes Tonstudio mit Büro- und Archivraum.

Denn auch in die häusliche Sphäre eingebundene Räume können Betriebsstätten ähnlich sein, wenn sie etwa eine für eine büromäßige Nutzung untypische Ausstattung aufweisen und technische Anlagen und Schallschutzvorrichtungen enthalten. Entschieden ist das bereits für eine als Behandlungsraum ausgestattete und über einen separaten Eingang für Patienten zugängliche Notfallpraxis im Eigenheim oder ein entsprechend eingerichtetes Warenlager.

Unter diesen Aspekten stufte das FG den Kreativraum nicht als häusliches Arbeitszimmer, sondern als einen der Betriebsstätte ähnlichen Raum im Wohnbereich ein. Bei dem Künstler war das so, weil der Raum

  • darauf ausgerichtet ist, eine Arbeitsnutzung durch Künstler zu ermöglichen,
  • eine ungewöhnliche Einrichtung hat,
  • durch seine überdimensionale Größe auf eine Auslegung für die Nutzung durch mehrere Personen hindeutet, die in dem Raum zusammenarbeiten, und
  • keine Anhaltspunkte für eine private Nutzung bietet.

Praxishinweis

In ähnlichem Tenor hat auch das FG Köln entschieden, dass die Kosten für einen gemischt genutzten Raum teilweise absetzbar sind. Dort ging es um einen jeweils hälftig als Wohnzimmer und zur Erledigung von Büroarbeiten genutzten Raum. Die Aufwendungen sind zu 50 % als Werbungskosten oder Betriebsausgaben absetzbar.

Das FG Köln stützt seine Entscheidung im Wesentlichen auch auf den Beschluss des BFH aus dem Jahre 2009, der das strikte Aufteilungsverbot bei gemischt veranlassten Aufwendungen insbesondere in Hinsicht auf gemischt veranlasste Reisekosten gekippt hat. Nunmehr dürfen Aufwendungen bei sowohl beruflichem als auch privatem Anlass grundsätzlich in abziehbare Werbungskosten/Betriebsausgaben und nicht abziehbare Aufwendungen für die private Lebensführung aufgeteilt werden. Die Verwaltung setzt dies auch entsprechend um. Was für Reisekosten gilt, soll auch fürs häusliche Arbeitszimmer gelten.

Ob allerdings nach Aufgabe der Rechtsprechung zum Aufteilungs- und Abzugsverbot die Kosten für ein Arbeitszimmer aufzuteilen sind, wenn eine private Mitbenutzung vorliegt, ist bislang noch nicht höchstrichterlich entschieden. Derzeit sind Revisionen (unter den Aktenzeichen IX R 23/12 und X R 32/11) anhängig.

FG Niedersachsen, Urt. v. 24.04.2012 - 8 K 254/11; Revision unter IX R 23/12
FG Köln, Urt. v. 19.05.2011 - 10 K 4126/09; Revision unter X R 32/11
FG Baden-Württemberg, Urt. v. 02.02.2011 - 7 K 2005/08
FG Sachsen, Urt. v. 11.01.2012 - 2 K 1854/11
BFH, Urt. v. 21.09.2009 - GrS 1/06, BStBl 2010 II 672
FG Niedersachsen, Urt. v. 31.05.2012 - 1 K 272/10
BMF-Schreiben v. 02.03.2011 - IV C 6 - S-2145/07/10002, BStBl 2011 I 195
BMF-Schreiben v. 06.07.2010 - IV C 3 - S-2227/07/10003 :002, BStBl 2010 I 614

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 02.10.12