Felix Jork © fotolia.de

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Aktuelle Gesetzesinitiative zur Besteuerung von Dividendenzahlungen an inländische und ausländische Körperschaften

Eine aktuelle Initiative der Fraktionen CDU/CSU und FDP setzt ein EuGH-Urteil zu Dividendenzahlungen an ausländische Aktionäre um. Hiernach sollen - auch rückwirkend - Streubesitzdividenden von der Steuer befreit werden, die an ausländische Kapitalgesellschaften gezahlt werden. Auf den deutschen Haushalt kommen dadurch Belastungen in Milliardenhöhe zu.

Betroffenen wird auch rückwirkend die Kapitalertragsteuer erstattet. Dies kostet den deutschen Steuerzahler mehr als 1 Mrd. € im Jahr. Allein 2013 und 2014 sind zusammen rund 3 Mrd. € durch Rückzahlungen eingeplant, anschließend sinkt die Erstattung ab 2015 auf 600 Mio. € pro Jahr.

Mit dieser neuen gesetzlichen Steuerbefreiung setzt die Bundesregierung ein Urteil des EuGH um. Das Gericht hatte die unterschiedliche Besteuerung von Dividendenzahlungen an inländische oder ausländische Körperschaften bemängelt. Während inländische Kapitalgesellschaften die Steuerbelastung mit ihrer Körperschaftsteuerschuld verrechnen können, ist diese Verrechnung ausländischen Gesellschaften in den meisten Fällen verwehrt. Um eine europarechtskonforme Gleichstellung zu erreichen, wurde nun ein neuer Gesetzentwurf beschlossen, nach dem Deutschland den freien Kapitalverkehr und die Niederlassungsfreiheit nicht weiter einschränken soll. So werden ausländische Kapitalgesellschaften rückwirkend - also auch mit Wirkung für die Vergangenheit - nicht mehr benachteiligt, wenn sie mit weniger als 10 % an einer deutschen Aktiengesellschaft beteiligt sind (sog. Streubesitzdividenden bei einer Beteiligung von weniger als 10 % am Gesamtkapital einer Gesellschaft).

Erstattungsberechtigt sind beschränkt steuerpflichtige Körperschaften, deren Sitz und Ort der Geschäftsleitung sich in einem anderen EU- oder EWR-Staat befinden. Dabei ist es nicht erforderlich, dass sich Sitz und Ort der Geschäftsleitung in ein und demselben Staat befinden. Hat die Körperschaft hingegen Sitz oder Ort der Geschäftsleitung in einem Drittland wie den USA oder der Schweiz, wird sie nicht vom neuen begünstigenden Anwendungsbereich umfasst.

Das Gesetz sieht folgende Einzelmaßnahmen vor:

  • Im EU- oder EWR-Ausland ansässige Körperschaften können unter den vorgegebenen Voraussetzungen eine Erstattung der zu Unrecht einbehaltenen Kapitalertragsteuer verlangen. Die bisherige Abgeltungswirkung bei beschränkt steuerpflichtiger Gesellschaft gilt nur noch, soweit
    • keine Erstattung der betreffenden Kapitalertragsteuer nach anderen deutschen Vorschriften vorgesehen ist,
    • die Kapitalerträge bei der Einkommensermittlung außer Ansatz bleiben würden und 
    • die Kapitalertragsteuer nicht beim Dividendenempfänger angerechnet oder als Betriebsausgabe/Werbungskosten abgezogen werden kann.
  • Die ausländische Körperschaft muss die Voraussetzungen für die Erstattung beim Finanzamt nachweisen. Dabei ist insbesondere eine Bescheinigung der Steuerbehörden im Ansässigkeitsstaat hilfreich, dass sie dort unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig und nicht befreit ist. Aus der Bescheinigung muss zudem hervorgehen, dass die deutsche Kapitalertragsteuer nicht angerechnet oder abgezogen werden kann.
  • Die Erstattung der Kapitalertragsteuer über das heimische Finanzamt erfolgt für alle in einem Jahr bezogenen Kapitalerträge auf der Grundlage eines Freistellungsbescheids. Der Antrag auf einen solchen Freistellungsbescheid kann formlos gestellt werden.
  • Die Zuständigkeit eines Finanzamts richtet sich nach den allgemeinen AO-Regeln für ausländische Gesellschaften. Nach diesen Grundsätzen ist das Finanzamt zuständig, in dessen Bezirk sich der wertvollste Teil des Vermögens der Firma befindet.
  • Faustregel: Das neue Gesetz sieht eine Erstattung für alle Dividenden vor, soweit die Festsetzung noch nicht verjährt ist. Darüber hinaus ist die Erstattung für Dividenden möglich, für die - nach Abschaffung des ehemaligen Körperschaftsteuer-Vollanrechnungsverfahrens in 2001 - seitdem das Halb- bzw. Teileinkünfteverfahren gilt.
  • Ist in Altfällen, also für Jahre bis 2011, bereits für Dividendenerträge ein Freistellungsbescheid erlassen worden, gilt die Neuregelung erst für nach dem Tag der noch anstehenden dritten Lesung des Gesetzes im Bundestag erlassene Freistellungsbescheide.

Praxishinweis

Erstattungsberechtigt sind nur beschränkt steuerpflichtige Körperschaften, deren Sitz und Ort der Geschäftsleitung sich in einem EU- oder EWR-Staat befinden. Es ist nicht erforderlich, dass sich Sitz und Ort der Geschäftsleitung in ein und demselben Staat befinden.

Körperschaften mit Sitz oder Ort der Geschäftsleitung in einem Drittland sind nicht vom Anwendungsbereich umfasst. Hinzu kommen sonstige Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die nicht unbeschränkt steuerpflichtig sind, und mit inländischen Kapitalerträgen dem Steuerabzug vollständig oder teilweise unterliegen.

Die betreffenden Körperschaften müssen unmittelbar an den ausschüttenden Kapitalgesellschaften beteiligt und es müssen ihnen die Kapitalerträge steuerlich zuzurechnen sein. Somit sind beispielsweise EU-/EWR-Körperschaften, die über zwischengeschaltete Personengesellschaften an einer inländischen ausschüttenden Körperschaft beteiligt sind, vom Anwendungsbereich ausgenommen.
Auslöser dieser gesetzlichen Änderung ist die vom EuGH bemängelte bisher geltende Rechtslage. Hiernach werden Dividenden, die von einer inländischen AG an im EU- oder EWR-Ausland ansässige Körperschaften ausgeschüttet werden, außerhalb des Anwendungsbereichs der Mutter-Tochter-Richtlinie im Rahmen des Kapitalertragsteuerabzugs besteuert. Der Einbehalt der Kapitalertragsteuer von 25 % wirkt aufgrund der Abgeltungswirkung definitiv. Werden dagegen Dividenden an im Inland ansässige Körperschaften ausgeschüttet, ist die einbehaltene Kapitalertragsteuer bei der Einkommensermittlung anzurechnen. Gleichzeitig bleiben die Dividenden bei der Körperschaftsteuer außer Ansatz.

Der Satz sinkt in vielen Fällen um 10 % auf 15 %, wenn dies aufgrund eines DBA oder interner Regelungen im EStG erfolgt. Diese Sonderregelung greift, wenn der Gläubiger der Kapitalerträge eine beschränkt steuerpflichtige Körperschaft ist; dann werden zwei Fünftel der einbehaltenen und abgeführten Kapitalertragsteuer erstattet. Die verbleibenden 15 % muss der Auslandsaktionär aber zahlen.

Tipp: Die Anpassungen der Entlastung von der einbehaltenen und abgeführten Kapitalertragsteuer im EStG - nicht nur durch Einführung der Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge - haben für das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt)zu umfangreichen Änderungen bei der Zuständigkeit geführt. Das BZSt führt hier die Fälle auf, in denen dem Grunde nach ein rechtswirksamer Antrag auf Kapitalertragsteuererstattung an das BZSt gestellt werden kann.

Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung des EuGH-Urteils vom 20.10.2011 in der Rechtssache C-284/09, Formulierungshilfe v. 31.10.2012
EuGH, Urt. v. 20.10.2011 - C-284/09
BFH, Urt. v. 11.01.2012 - I R 25/10
BFH, Urt. v. 11.01.2012 - I R 30/10

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 06.11.12