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Auskunftsantrag kann trotz Zurückweisung gebührenpflichtig sein

Ein Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft wird vom Finanzamt mit Gebühren von mindestens 121 € belegt und kann im Extremfall 91.456 € pro Anfrage kosten. Mit dieser steuerlichen Nebenleistung werden der zusätzliche Verwaltungsaufwand und der mit der verbindlichen Auskunft verbundene individuelle Vorteil für den einzelnen Steuerzahler abgedeckt. Einzelunternehmer, Freiberufler, Gesellschaften oder Privatpersonen erzielen damit einen Zusatznutzen gegenüber anderen Steuerzahlern, da sich die Verwaltung individuell um sie kümmert und sie eine für beide Seiten bindende Auskunft erhalten.

Nach einem aktuellen und rechtskräftigen Urteil des Hessischen FG darf das Finanzamt einen Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft auch dann mit Gebühren ab 121 € aufwärts belegen, wenn er wegen formeller Mängel zurückgewiesen wird. Denn die Kostenpflicht greift bereits, wenn die Beamten ein Verwaltungsverfahren eröffnen und den Antrag bearbeiten. Bereits die ersten Aktivitäten lösen Gebühren aus - unabhängig vom weiteren Verlauf. Dazu genügt bereits ein Schriftwechsel zwischen Finanzamt und Antragsteller.

Die Kostenpflicht für Anträge auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft wurde durch das Jahressteuergesetz 2007 ab dem 19.12.2006 vor dem Hintergrund eingeführt, die Kosten für den zusätzlichen Arbeitsaufwand decken und die konkret erwünschte Sonderdienstleistung außerhalb der eigentlichen Hauptaufgabe - Festsetzung von Steuern - gesondert in Rechnung stellen zu können.
Ein Gebührenbescheid entsteht also unabhängig davon, ob es zu einem erfolgreichen Abschluss des Auskunftsverfahrens kommt oder nicht. So entstehen beispielsweise Kosten, wenn

  • der Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft über die steuerliche Beurteilung von genau bestimmten und noch nicht durchgeführten Sachverhalten wegen formeller Unzulänglichkeiten zurückgewiesen wird; denkbar sind etwa fehlende oder unvollständige Erläuterungen des Rechtsproblems oder Begründungen des Rechtsstandpunkts,
  • das Verwaltungsverfahren nicht zu dem vom Antragsteller beantragten oder zumindest erhofften positiven Abschluss kommt; denn das Finanzamt kann zu einer anderen Rechtsauffassung gelangen;
  • zum angefragten Rechtsproblem eine gesetzliche Regelung, eine höchstrichterliche Entscheidung oder eine Verwaltungsanweisung vorliegt und daher keine verbindliche Entscheidung durch die Behörde ergeht;
  • der zugrunde liegende Sachverhalt im Zeitpunkt der Antragstellung bereits im Wesentlichen verwirklicht ist;
  • der gestellte Antrag vom Steuerpflichtigen freiwillig oder auf Anraten des Finanzamts vor einer Auskunft wieder zurückgenommen wird.

Der BFH hatte zuvor bereits klargestellt, dass auch die häufig beklagte Komplexität des geltenden Steuerrechts den Staat nicht dazu verpflichtet, verbindliche Auskünfte gebührenfrei anzubieten. Denn die Unübersichtlichkeit der steuerlichen Gesetze hat ihre Ursache zum Teil auch in der Kreativität der Steuerzahler und deren Berater. Diese sind stets bestrebt, legal vorhandene Gesetzeslücken aufzuspüren und auszunutzen, und provozieren dadurch den Gesetzgeber zu weiteren gesetzlichen Ergänzungen. Zudem trägt auch die Rechtsprechung der Finanzgerichte dazu bei, dass das Steuerrecht für den Anwender unübersichtlicher wird. Vor diesem Hintergrund ist die Erhebung einer Gebühr mit der Verfassung vereinbar. Auch gegen die Bemessung der Gebührenhöhe bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

Praxishinweis

Über den Regierungsentwurf zum Steuervereinfachungsgesetz 2011 soll für Anträge ab dem Tag nach der Gesetzesverkündung eine Bagatellgrenze in Höhe von 10.000 € eingeführt werden. Beträgt der Gegenstandswert (Steuerbetrag bei Anwendung der vom Antragsteller vorgetragenen Rechtsauffassung gegenüber dem bei einer entgegengesetzten Rechtsauffassung des Finanzamts) weniger, sollen keine Gebühren für die Bearbeitung des Auskunftsantrags mehr anfallen. Gleiches gilt beim alternativ für Ausnahmefälle vorgesehenen Zeitwert, wenn die Bearbeitung weniger als zwei Stunden dauert.

Der Bundesrat hatte dem Steuervereinfachungsgesetz 2011 allerdings jüngst seine Zustimmung verweigert. Ein Kritikpunkt war dabei auch dieses Vorhaben. Denn die Bundesländer erwarten, dass die Finanzämter hierdurch mit einer deutlich zunehmenden Zahl an Auskunftsanträgen, auch kleinere Rechtsprobleme betreffend, konfrontiert werden. Das würde einen erheblichen zusätzlichen Arbeitsaufwand erzeugen, der derzeit - ohne die Bagatellgrenze - nicht entsteht.

Ob es zu einer Gesetzesänderung kommen wird, entscheidet sich im Vermittlungsausschuss, der jetzt von der Bundesregierung angerufen worden ist.

Hessisches FG, Urt. v. 06.07.2011 - 4 K 3139/09
BFH, Urt. v. 30.03.2011 - I R 61/10, BStBl II 2011, 536
Entwurf eines Steuervereinfachungsgesetzes 2011 v. 08.06.2011, BT-Drucks. 17/6105
Entwurf eines Steuervereinfachungsgesetzes 2011 v. 09.06.2011, BT-Drucks. 17/6146
Bundesrat, Beschluss v. 08.07.2011, BR-Drucks. 360/11 (B)
Bundesregierung, Unterrichtung v. 31.08.2011, BT-Drucks. 17/6875

 

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 21.09.11