Andreas Klein © fotolia.de

Andreas Klein © fotolia.de

Beraterpraxis, Steuerberatung -

Bessere steuerliche Berücksichtigung volljähriger Kinder ab 2012

Kindergeld, steuerliche Vergünstigungen und sonstige Privilegien wie beispielsweise die Kinder-Riester-Zulage erhalten Eltern für ihre volljährigen Kinder ab dem Jahreswechsel dank des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 erstmals ohne Prüfung der Einkommensgrenze für ihren Nachwuchs über 18. Das BMF hat im Vorgriff auf diese gesetzliche Änderung einen ausführlichen Anwendungserlass veröffentlicht, der die neuen Spielregeln darstellt und ausführt, was eine (un-)schädliche Berufsausbildung darstellt.

Nachfolgend die wichtigsten Aussagen in der Zusammenfassung:

  1. Für die steuerliche Berücksichtigung eines volljährigen Kindes bis zum 25. Lebensjahr sind dessen eigene Einkünfte und Bezüge ab 2012 unbeachtlich. Die Einkommensgrenze von 8.004 € im Kalenderjahr ist abgeschafft.
  2. Nachwuchs über 18 wird grundsätzlich bis zum Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums berücksichtigt.
  3. Eine Berücksichtigung darüber hinaus erfolgt, wenn Berufsausbildung, Übergangszeit von höchstens vier Monaten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten, keine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes oder freiwilliges soziales/ökologisches Jahr vorliegen.
  4. Das Kind darf keiner schädlichen (Voll-)Erwerbstätigkeit nachgehen.
  5. Unter die schädlichen Erwerbstätigkeiten fallen nicht nur nichtselbständige, sondern generell auf die Erzielung von Einkünften gerichtete - also auch land- und forstwirtschaftliche, gewerbliche und selbständige - Tätigkeiten.
  6. Unschädlich sind
    • Erwerbstätigkeiten bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit,
    • ein Ausbildungsdienstverhältnis,
    • ein 400-€-Mini-Job,
    • ein kurzfristiges Beschäftigungsverhältnis,
    • eine vorübergehende Ausweitung der Beschäftigung auf mehr als 20 Stunden höchstens für zwei Monate, wenn die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit im Jahr nicht mehr als 20 Stunden beträgt, oder
    • eine eigene Vermögensverwaltung.
  7. Diese Voraussetzungen der Erwerbstätigkeit gelten nicht für Kinder bis 21, die bei einer Agentur für Arbeit als arbeitsuchend gemeldet sind.
  8. Eine begünstigte erstmalige Berufsausbildung liegt vor, wenn das Kind durch eine berufliche Ausbildung in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang die notwendigen fachlichen Fertigkeiten und Kenntnisse erwirbt, die zur Aufnahme eines Berufs befähigen, und der durch eine Prüfung abgeschlossen wird.
  9. Der erstmaligen Berufsausbildung dürfen keine andere abgeschlossene Berufsausbildung oder kein abgeschlossenes berufsqualifizierendes Hochschulstudium vorausgegangen sein.
  10. Der Erwerb eines Schulabschlusses ist kein Verbrauch der erstmaligen Berufsausbildung. Dies gilt auch für ein Volontariat oder ein freiwilliges Berufspraktikum.
  11. Einem Erststudium darf ebenfalls kein anderes durch einen berufsqualifizierenden Abschluss beendetes Studium bzw. keine andere abgeschlossene nichtakademische Berufsausbildung vorangegangen sein. Auch die von den Hochschulen angebotenen Studiengänge führen in der Regel zu einem berufsqualifizierenden Abschluss.
  12. Eine Fachschule als Einrichtung der beruflichen Weiterbildung stellt in der Regel keine Erstausbildung bzw. kein Erststudium dar.
  13. Berufsakademien und andere Ausbildungseinrichtungen sind einer Fachhochschule gleichwertig und können ein Erststudium darstellen.

Praxishinweis

Für die Berücksichtigung von behinderten Kindern gelten besondere Regelungen. Die Ausnameregel der Erwerbstätigkeit gilt nicht für behinderte Kinder.

Ein behindertes Kind wird berücksichtigt, wenn es

  • wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, und
  • mit den ihm zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln seinen gesamten notwendigen Lebensbedarf (Grund- und individueller behinderungsbedingter Mehrbedarf) nicht bestreiten kann.
  • Ausgangsgröße für
    • den Grundbedarf zur Prüfung der Voraussetzungen ist der Grundfreibetrag,
    • die kindeseigenen finanziellen Mittel sind das verfügbare Nettoeinkommen und Leistungen Dritter,
    • das verfügbare Nettoeinkommen sind alle steuerpflichtigen Gewinn- und Überschusseinkünfte, Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften, alle steuerfreien Einnahmen sowie Steuererstattungen. Abzuziehen sind tatsächlich gezahlte Steuern (Steuervorauszahlungen und Steuernachnachzahlungen, Steuerabzugsbeträge), Beiträge zur Basiskranken- und Pflegepflichtversicherung sowie gesetzliche Arbeitnehmer-Sozialabgaben.

BMF-Schreiben v. 07.12.2011 - IV C 4 - S-2282/07/0001-01
BMF-Schreiben v. 22.11.2010 - IV C 4 - S-2282/07/0006-01, BStBl2010 I 1346
BFH, Urt. v. 06.03.1992 - VI R 163/88, BStBl 1992 II 661
Steuervereinfachungsgesetz 2011 v. 01.11.2011, BGBl 2011 I 2131

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 13.12.11