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BFH erklärt die Übernahme von Bußgeldern für lohnsteuerpflichtig

Der BFH hat seine Rechtsprechung zurLohnsteuerpflicht im Zusammenhang mit der Übernahme von Bußgeldern durch den Arbeitgebergeändert. Demnach gilt nun: Wenn Arbeitnehmern im Rahmen ihrer Tätigkeit Bußgeldervom Arbeitgeber erstattet werden, erfolgt dies nicht im ganz überwiegendbetrieblichen Interesse. Damit unterliegen solche vom Arbeitgeber gewährten Vorteileder Lohnsteuerpflicht. Denn nach Ansicht des BFH kann ein rechtswidrigesVerhalten keine beachtlichen betriebsfunktionalen Gründe darstellen.

Erhält ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber Gelder für seine Tätigkeit - gleichgültig, ob laufende Gehaltszahlungen oder Aufwendungsersatz - stellen diese grundsätzlich lohnsteuerpflichtige Gehaltszahlungen dar.

Eine Ausnahme gilt dann, wenn die Zahlungen im überwiegend betrieblichen Interesse erfolgen. Beispielsweise können Fortbildungskosten, die der Arbeitgeber übernimmt, wenn sich der Arbeitnehmer verpflichtet, nach absolvierter Fortbildung für bestimmte Zeit für den Arbeitgeber tätig zu sein, Zahlungen im überwiegend betrieblichen Interesse sein. Damit können sie lohnsteuerfrei vom Arbeitgeber übernommen werden.

Bei der Übernahme von Bußgeldern, die gegen Arbeitnehmer im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit verhängt werden, war bisher streitig, ob diese lohnsteuerpflichtig ist. Der BFH hat diese Frage jetzt in einer Entscheidung vom 14.11.2013 geklärt und seine bisherige Rechtsprechung insoweit geändert.

Geklagt hatte ein Speditionsunternehmen, das seinen Angestellten Bußgelder, die für das Überschreiten von Lenkzeiten und nicht eingehaltene Ruhenszeiten verhängt worden waren, lohnsteuerfrei ersetzt hatte. Im Rahmen einer Betriebsprüfung waren diese Zahlungen aber der Lohnsteuer unterworfen worden.

Der BFH begründet seine nun vertretene Ansicht zur Lohnsteuerpflicht einer Bußgeldübernahme mit den allgemeinen Rechtsprechungsgrundsätzen zu § 19 EStG:

So zählen zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) u.a. Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Dabei muss ein dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zugewendeter Vorteil Entlohnungscharakter in Bezug auf die Arbeitsleistung haben, um als Arbeitslohn angesehen zu werden. Keinen Arbeitslohn stellen dagegen Vorteile dar, die bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung anzusehen sind - also im ganz überwiegend betrieblichen Interesse erfolgen.

Ein solches ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse liegt vor, wenn im Rahmen einer Gesamtwürdigung aus den Begleitumständen der Zuwendung zu schließen ist, dass der jeweils verfolgte betriebliche Zweck im Vordergrund steht. Denn bei einem „ganz überwiegend" eigenbetrieblichen Interesse kann nach BFH-Ansicht ein eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, vernachlässigt werden.

Bei der Gesamtwürdigung sind insbesondere Anlass, Art und Höhe des Vorteils, Auswahl der Begünstigten, freie oder nur gebundene Verfügbarkeit, Freiwilligkeit oder Zwang zur Annahme des Vorteils und seine besondere Geeignetheit für den jeweils verfolgten betrieblichen Zweck zu berücksichtigen.

Ist das Interesse des Arbeitnehmers gegenüber dem des Arbeitgebers zu vernachlässigen, kann die Annahme einer Lohnzuwendung ausscheiden. Ist hingegen neben dem eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers ein nicht unerhebliches Eigeninteresse des Arbeitnehmers vorhanden, liegt die Vorteilsgewährung nicht im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse. Dies führt dann zur Annahme steuerpflichtigen Lohns.

Mit seiner aktuellen Entscheidung hält der BFH nun nicht mehr an seiner im Urteil vom 07.07.2004 vertretenen Auffassung fest: Dort hatte er die Übernahme von Verwarnungsgeldern wegen Verletzung des Halteverbots als im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers angesehen.

Nach der jetzt vertretenen Ansicht des BFH zählen zu notwendigen Begleiterscheinungen betriebsfunktionaler Zielsetzungen keine Weisungen des Arbeitgebers, die gegen die Rechtsordnung verstoßen und mit Bußgeldern belegt sind.

Unabhängig von der Frage, ob der Arbeitgeber ein solches rechtswidriges Verhalten angewiesen hat bzw. anweisen darf, ist dabei für den BFH ausschlaggebend, dass der Arbeitgeber auf einem rechtswidrigen Tun seinen Betrieb auch nicht teilweise aufbauen kann. Damit können nach der jetzt vertretenen Ansicht des BFH insoweit auch keine beachtlichen betriebsfunktionalen Gründe vorliegen. Somit ist in diesen Fällen von lohnsteuerpflichtigen Vorteilen auszugehen.

Praxishinweis

Der BFH hat mit dieser Entscheidung seine Rechtsprechung zum wesentlichen eigenbetrieblichen Interesse bei der Lohnsteuer näher konkretisiert. Für die Praxis ist dabei entscheidend, dass nunmehr bewusste rechtswidrige Weisungen von Arbeitgebern an die Arbeitnehmer, bei ihrer Tätigkeit gesetzliche Verbote zu ignorieren oder bewusst zu überschreiten, im Ergebnis auch lohnsteuerrechtlich relevant sind: Wenn anfallende Bußgelder vom Arbeitgeber übernommen werden, führt dies zur Annahme lohnsteuerpflichtiger Vorteile. Neben der Lohnsteuerzahlung könnte in diesen Fällen auch noch die Zahlung zusätzlicher Sozialversicherungsbeiträge hinzukommen.

Mit seinem Urteil nutzt der BFH das Steuerrecht, um auf die Einhaltung von Vorschriften anderer Rechtsgebiete hinzuwirken. Dies ist im Sinne einer einheitlichen Rechtsordnung zu begrüßen.

BFH, Urt. v. 14.11.2013 - VI R 36/12
BFH, Urt. v. 07.07.2004 - VI R 29/00, BStBl 2005 II 367
BFH, Urt. v. 17.01.2008 - VI R 26/06, BStBl 2008 II 378

Quelle: StB und Fachanwalt für Steuerrecht Scholz - vom 28.01.14