Beraterpraxis, Steuerberatung, Steuerfachangestellte -

BFH erschwert Vorsteuerabzug

Der BFH betont in drei zeitgleich am 09.03.2011 veröffentlichten Entscheidungen, dass es für den Abzug der Vorsteuer auf die Umsatzbesteuerung der Einnahmen ankommt.

Daher besteht das Recht auf Vorsteuerabzug nur dann, wenn

  • der Unternehmer die bezogene Leistung für bestimmte Ausgangsumsätze verwendet, die entweder steuerpflichtig sind oder - wie etwa bei einer steuerfreien Ausfuhrlieferung - wie eine steuerpflichtige Lieferung angesehen werden und
  • zwischen der Eingangsleistung und den Ausgangsumsätzen ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang besteht.

Da mittelbar verfolgte Zwecke demgegenüber unerheblich sind und nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen, kam es in allen drei Urteilsfällen - teilweise unter Änderung der bisherigen Rechtsprechung - zur Versagung des Vorsteuerabzugs. Unternehmer, die nicht auf ihren Kosten sitzenbleiben wollen, werden sich also künftig genauer überlegen müssen, welche Leistungen sie in Auftrag geben. Nachfolgend die einzelnen Sachverhalte in einer Kurzdarstellung.

1. Betriebsveranstaltung und Freigrenze

Bei Betriebsausflügen besteht eine Freigrenze von 110 € je Arbeitnehmer, bei deren Einhaltung eine private Mitveranlassung verneint wird, so dass keine Lohnsteuer anfällt. Der Unternehmer ist dann zum Vorsteuerabzug berechtigt, ohne dass eine Entnahme zu versteuern ist. Übersteigen die Aufwendungen für den Betriebsausflug allerdings diese Freigrenze, ist von einer privaten Mitveranlassung der Arbeitnehmer auszugehen - mit Auswirkung auf den Vorsteuerabzug.

Nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH war der Unternehmer in solchen Fällen zum Vorsteuerabzug berechtigt, hatte aber im Gegenzug eine Entnahme zu versteuern. Diese Sichtweise wurde jetzt aufgegeben. Anders als bislang besteht bei Überschreiten der Freigrenze für den Unternehmer kein Anspruch auf Vorsteuerabzug mehr. Dementsprechend unterbleibt dann auch die bisherige Besteuerung der Entnahme. Maßgeblich hierfür ist, dass sich eine Entnahme für unternehmensfremde Privatzwecke und ein Leistungsbezug für das Unternehmen gegenseitig ausschließen. Der nur mittelbar verfolgte Zweck, das Betriebsklima zu fördern, ändert hieran nichts.

2. Beteiligungsverkauf und Beratungsleistung

Ein Industrieunternehmen, das generell umsatzsteuerpflichtige Leistungen ausführt, die zum Vorsteuerabzug berechtigten, verkaufte eine Beteiligung an einer Tochtergesellschaft steuerfrei. Nunmehr ging es um die Frage, ob das Unternehmen die in Rechnung gestellte Vorsteuer aus den Beratungsleistungen, die es für die Beteiligungsveräußerung bezogen hat, im Hinblick auf seine allgemeine Unternehmenstätigkeit abziehen oder ob dieses Recht aufgrund der Steuerfreiheit der Beteiligungsveräußerung nicht in Anspruch genommen werden kann.

Der BFH verneinte - wie bei der Betriebsveranstaltung - den Vorsteuerabzug mit der gleichen Begründung. Die Beratungsleistung steht im maßgeblichen direkten und unmittelbaren Zusammenhang zur steuerfreien Beteiligungsveräußerung. Unerheblich ist dabei, dass das Industrieunternehmen die Beteiligung veräußert hat, um den hierüber erzielten Erlös für seine steuerpflichtige Umsatztätigkeit zu verwenden. Diese Verbindung rechtfertigt als nur mittelbar verfolgter Zweck keine abweichende Beurteilung zum Vorsteuerabzug, so der BFH.

3. Bezogene Bauleistungen und Verkauf erschlossener Grundstücke

Im dritten Urteil ging es um die GmbH einer Gemeinde. Diese hatte sich gegenüber der Kommune verpflichtet, öffentliche Anlagen für die Erschließung eines Gewerbegebiets wie beispielsweise Straßen unentgeltlich herzustellen. Die GmbH ging davon aus, dass sie im Hinblick auf die beabsichtigte umsatzsteuerpflichtige Veräußerung der erschlossenen Grundstücke aus den von ihr bezogenen Bauleistungen für die Herstellung von Erschließungsanlagen zum Vorsteuerabzug berechtigt sei.

Auch in diesem Fall lehnte der BFH den Vorsteuerabzug ab. Denn die GmbH hat während der Bauphase die einzelnen Grundstücke als öffentlich erschlossen verkauft. Da die unentgeltliche Lieferung einer Entnahme gleichsteht, besteht der maßgebliche direkte und unmittelbare Zusammenhang zwischen den bezogenen Bauleistungen und einer Entnahme als unentgeltlicher Umsatz, so dass der Vorsteuerabzug zu versagen war.

Der nur mittelbar verfolgte Zweck, die Grundstücke des Erschließungsgebiets steuerpflichtig zu liefern, ändert hieran nichts.

Praxishinweis

Neben den allgemeinen Ausführungen beinhalten die drei Urteile noch weitere Aspekte:

  • Betriebsveranstaltung: Da sich der BFH von seiner bisherigen Rechtsprechung nunmehr distanziert hat, kann dies für betroffene Unternehmen in offenen Fällen negative Konsequenzen haben. Es wäre daher wünschenswert, wenn die Finanzverwaltung insoweit eine Übergangsregelung anbieten würde. Die neue Rechtsprechung kann sich beim Bezug steuerfreier Leistungen wie beispielsweise Theaterbesuchen als vorteilhaft erweisen. Denn Unternehmer könnten in Zukunft bei der Auswahl ihrer Betriebsveranstaltungen eher darauf achten, Anbieter ohne Umsatzsteuerpflicht zu beauftragen.
  • Beteiligungsverkauf: Die Veräußerung stellt keine nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen dar. Diese liegt nur vor, wenn
    • alle Anteile an der Gesellschaft übertragen werden oder
    • die Beteiligungsquote unter 100 % liegt, wenn es sich um eine Organgesellschaft handelt und die veräußerte Beteiligung eine finanzielle Beherrschung der Gesellschaft begründet. Insoweit muss der Erwerber beabsichtigen, die Beteiligungsgesellschaft seinerseits in eine umsatzsteuerliche Organschaft zu integrieren.
  • Bauleistungen: Hier geht es um den Fall, dass ein Unternehmer bei Errichtung von Erschließungsanlagen beabsichtigt, diese Anlagen einer Gemeinde durch Zustimmung zur öffentlich-rechtlichen Widmung der Anlagen unentgeltlich zuzuwenden. Nach der geänderten Rechtsprechung gilt dies auch, wenn der Unternehmer bei der Herstellung und Zustimmung zur Widmung der Erschließungsanlagen mittelbar beabsichtigt, Grundstücke im Erschließungsgebiet steuerpflichtig zu liefern. Denn der maßgebliche direkte und unmittelbare Zusammenhang besteht zwischen den bezogenen Bauleistungen und einer Entnahme als unentgeltlichem Umsatz.

Freigrenze: BFH, Urt. v. 09.12.2010 - V R 17/10
Beteiligung: BFH, Urt. v. 27.01.2011 - V R 38/09
Erschließungskosten: BFH, Urt. v. 13.01.2011 - V R 12/08

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 15.03.11