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BFH: Freigrenze für Sachbezüge war 2007 ausreichend

Von einer Gehaltserhöhung bleibt wegen Steuern und Sozialabgaben oft weniger als die Hälfte für den Arbeitnehmer übrig. Die hohe Abgabenlast von Berufstätigen lässt sich jedoch abmildern: Hohe Abzüge können Arbeitnehmer nämlich elegant umgehen, indem sie steuerfreie Extras aushandeln. Dies ist auch für den Chef interessant, da für solche Zahlungen keine Sozialabgaben fällig werden, die ansonsten von der Firma zur Hälfte getragen werden müssten.

Einen Lohnzuschlag von bis zu 44 € im Monat kann die Firma durch einen steuerfreien Sachbezug ausgleichen, etwa durch einen Benzingutschein. Eine solche Gestaltung bringt netto meist mehr als eine Gehaltserhöhung von 60 €. Relevant ist insbesondere beim Sachbezug die Freigrenze. Die knapp bemessene Monatsgrenze war trotz Inflation in der Vergangenheit ausreichend, urteilte kürzlich der BFH.

Zuwendungen des Arbeitgebers sind nicht als Arbeitslohn zu versteuern, wenn sie nicht der Entlohnung des Arbeitnehmers dienen. Dies kann bei Leistungen aus Anlass von Betriebsveranstaltungen der Fall sein, wenn diese Veranstaltungen der Förderung des Kontakts der Arbeitnehmer untereinander dienen. Die lohnsteuerrechtliche Wertung derartiger Zuwendungen hängt nicht davon ab, ob die Vorteilsgewährung im Einzelfall üblich ist. Der BFH hat vielmehr in seiner bisherigen Rechtsprechung in typisierender Gesetzesauslegung eine Freigrenze angenommen. Erst bei deren Überschreitung sind die Zuwendungen als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu qualifizieren. Die Finanzverwaltung legt hierbei seit 2002 eine Freigrenze von 110 € je Veranstaltung zugrunde. Der BFH hat jetzt entschieden, dass eine ständige Anpassung der Freigrenze an die Geldentwertung nicht notwendig ist. Zumindest für das Jahr 2007 ist nach Auffassung des Gerichts noch an der Freigrenze von 110 € festzuhalten.

Auch der Gesetz- und Verordnungsgeber korrigiert Pauschbeträge nicht laufend, sondern allenfalls von Zeit zu Zeit. Der BFH hält auch zur Gewährleistung von Rechtsanwendungsgleichheit und -sicherheit am Höchstbetrag von 110 € fest, zumal nach seiner Einschätzung dieser Betrag im Jahr 2007 noch ausreichend war, um im Rahmen einer Betriebsveranstaltung den Kontakt der Arbeitnehmer untereinander und damit das Betriebsklima zu fördern.
Für die Jahre 1983 bis 1992 hatte der BFH die Freigrenze auf 150 DM (rund 76 €) beziffert, und die Finanzverwaltung hatte nach dem Ergehen des Urteils mit Wirkung ab 1993 die Freigrenze auf 200 DM (rund 102 €) heraufgesetzt. Seit dem Veranlagungszeitraum 2002 legt sie eine Freigrenze von 110 € je Veranstaltung zugrunde.

Der BFH fordert jedoch die Finanzverwaltung auf, schleunigst den Höchstbetrag, ab dem Zuwendungen des Arbeitgebers bei Betriebsveranstaltungen beim teilnehmenden Arbeitnehmer in vollem Umfang als lohnsteuerpflichtiger Arbeitslohn zu qualifizieren sind, auf der Grundlage von Erfahrungswissen neu zu bemessen, und er behält sich vor, seine bisherige Rechtsprechung zur Bestimmung einer Freigrenze (als Ausfluss typisierender Gesetzesauslegung) zu überprüfen.
Die Festlegung einer höheren Freigrenze für 2007 kommt jedoch nicht in Betracht, weil nach der Rechtsprechung des BVerfG Finanzgerichte im Steuerrecht zur Typisierung befugt sind, sofern es sich dabei um Gesetzesauslegung handelt.

Praxishinweis

Der BFH weist jedoch in der Entscheidung darauf hin, dass nur solche Kosten des Arbeitgebers in die Freigrenze einbezogen werden dürfen, die Lohncharakter haben. Individualisierbare und als Arbeitslohn zu berücksichtigende Leistungen (z.B. Sachgeschenke an einzelne Arbeitnehmer) sind gesondert zu erfassen.

Arbeitslohn liegt nach ständiger Rechtsprechung u.a. dann nicht vor, wenn die Arbeitnehmer durch Sachzuwendungen des Arbeitgebers bereichert werden, der Arbeitgeber jedoch mit seinen Leistungen ganz überwiegend ein eigenbetriebliches Interesse verfolgt. Bei Zuwendungen aus Anlass von Betriebsveranstaltungen liegt ein eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers vor, wenn er die Aufwendungen tätigt, um den Kontakt der Arbeitnehmer untereinander und damit das Betriebsklima zu fördern. Maßgebend für diese Beurteilung ist, dass die Zuwendungen

  • der ganzen Belegschaft angeboten werden,
  • unabhängig von der Dauer der Betriebszugehörigkeit sowie von der Stellung und Leistung im Betrieb gewährt werden,
  • in Form der Betriebsveranstaltung nicht lediglich zum Anlass genommen werden, die Arbeitnehmer zusätzlich zu entgelten,
  • betriebliche Aufwendungen des Arbeitgebers darstellen, die nicht direkt der Betriebsveranstaltung zuzuordnen sind (z.B. Kosten der Buchhaltung oder für die Beschäftigung eines Event-Managers) sowie
  • Elemente einer sonstigen betrieblichen Veranstaltung enthalten, die nicht zur Lohnzuwendung führen.

In diesem Fall fehlt es regelmäßig an einer Beziehung zur individuellen Arbeitsleistung der betroffenen Arbeitnehmer und somit an der Entlohnung. Damit verbleiben nur solche Leistungen des Arbeitgebers, die den Rahmen und das Programm der Betriebsveranstaltung betreffen. Leistungen, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Betriebsveranstaltung stehen - und durch die der Arbeitnehmer deshalb nicht bereichert wird -, sind kein Lohn und daher weder in die Ermittlung, ob die Freigrenze überschritten ist, einzubeziehen noch zu besteuern.

BFH, Urt. v. 12.12.2012 - VI R 79/10
Hessisches FG, Urt. v. 01.09.2010 - 10 K 381/08
BFH, Urt. v. 25.05.1992 - VI R 85/90, BStBl 1992 II 655
BFH, Urt. v. 06.12.1996 - VI R 48/94, BStBl 1997 II 331
BFH, Urt. v. 16.11.2005 - VI R 68/00, BStBl 2006 II 440
BFH, Urt. v. 16.11.2005 - VI R 151/99, BStBl 2006 II 439
BFH, Urt. v. 16.11.2005 - VI R 157/98, BStBl 2006 II 437
BFH, Urt. v. 16.11.2005 - VI R 118/01, BStBl 2006 II 444
BFH, Urt. v. 16.11.2005 - VI R 151/00, BStBl 2006 II 442
BFH, Urt. v. 15.01.2009 - VI R 22/06, BStBl 2009 II 476

Typisierung
BVerfG, Beschl. v. 31.05.1988 - 1 BvR 520/83
BVerfG, Beschl. v. 04.02.2005 - 2 BvR 1572/01
BFH, Urt. v. 21.09.2011 - I R 7/11
BFH, Urt. v. 27.01.2010 - IX R 31/09, BStBl 2011 II 28
BFH, Urt. v. 15.03.2005 - X R 39/03, BStBl 2005 II 817

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 12.03.13