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BFH zweifelt nicht an Verfassungsmäßigkeit der Hinzurechnungsvorschriften bei der Gewerbesteuer

Die Hinzurechnungsvorschriften im GewStG sind voraussichtlich nicht verfassungswidrig. Dies hat der BFH in seinem am 21.11.2012 veröffentlichten Beschluss zu einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes aufgrund summarischer Prüfung klargestellt. Danach hat das Gericht keine ernstlichen Zweifel, dass die Vorschrift verfassungsgemäß ist. Die obersten deutschen Finanzrichter widersprechen damit einer Entscheidung des FG Hamburg, das von der Verfassungswidrigkeit der Hinzurechnungsvorschriften überzeugt ist und infolgedessen vor rund neun Monaten durch viel beachteten Beschluss v. 29.02.2012 das BVerfG zur Durchführung einer Normenkontrolle angerufen hatte (Aktenzeichen beim BVerfG 1 BvL 8/12).

Dabei geht es um die Hinzurechnungsvorschriften im GewStG, die durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 umgewandelt wurden. Seit 2008 sind dem Gewinn aus Gewerbebetrieb die folgenden Aufwendungen wieder hinzuzurechnen, die zuvor als Betriebsausgaben abgezogen wurden:

  • 25 % der Schuldzinsen,
  • 20 % der Miet- und Pachtzinsen sowie Leasingraten für die Benutzung beweglicher Wirtschaftsgüter wie Fahrzeuge und Maschinen,
  • 50 % der Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung unbeweglicher Wirtschaftsgüter wie Immobilien,
  • 25 % der Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten,
  • 25 % der Renten und dauernden Lasten sowie Gewinnanteile des stillen Gesellschafters.

Das FG Hamburg erkennt in diesen Hinzurechnungsvorschriften insbesondere einen Verstoß gegen das Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit.

Das sieht der BFH aufgrund des Objektsteuercharakters anders: Er begründet dies damit, dass die Gewerbesteuer als sog. Realsteuer eine finanzverfassungsrechtlich garantierte kommunale Steuer und Grundlage ist. Wie bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer ist zunächst der Gewinn des Gewerbebetriebs relevant. Um den Kommunen einerseits einen Ausgleich für die durch die Firma verursachten Lasten zu schaffen und ihnen andererseits ein möglichst beständiges Steueraufkommen zu sichern, wird der Gewinn des Gewerbebetriebs durch Hinzurechnungen und Kürzungen umgestaltet. Besteuerungsgegenstand soll auf diese Weise der Gewerbebetrieb als Objekt sein.

Der Objektsteuercharakter ist in den letzten Jahrzehnten allerdings durch vielfache Gesetzesänderungen zurückgedrängt worden, um die Belastung der Unternehmen mit Substanzsteuerelementen zu vermindern. Das BVerfG spricht deshalb in ständiger Spruchpraxis von einer ertragsorientierten Objektsteuer, die aber nach wie vor den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt. Diese Einschätzung des BVerfG hatte das FG Hamburg durch seinen Beschluss in Zweifel gezogen. Grund dafür gaben ihm die neuen Hinzurechnungsvorschriften.

Fazit: Der BFH teilt diese Überzeugung angesichts der ständigen Spruchpraxis des BVerfG nicht. Er geht vielmehr davon aus, dass die Vorlage beim BVerfG offensichtlich erfolglos bleiben wird. Einschlägige Steuerbescheide der Finanzämter sind deshalb uneingeschränkt vollziehbar. Vorläufigen Rechtsschutz gewährt der BFH nicht. Die Entscheidung des BVerfG wird durch den Beschluss des BFH allerdings nicht vorweggenommen.

Praxishinweis

Soweit sich Einspruchsführer, bei denen Hinzurechnungen vorgenommen worden sind, auf den Vorlagebeschluss des FG Hamburg v. 29.02.2012 oder auf die beim BFH anhängigen Revisionsverfahren berufen, ruhen diese Einspruchsverfahren. Eine Aussetzung der Vollziehung gewährt der Fiskus aber nicht.

Diese Regelung gilt auch für Fälle, in denen der Einspruch auf weitere und künftige beim BFH anhängige Revisionsverfahren gestützt wird, bei denen die Anwendung der Hinzurechnungen streitig ist.

Ein Ruhenlassen des Einspruchsverfahrens kommt jedoch nur insoweit in Betracht, als sich der Einspruch auf Hinzurechnungen nach neuem Recht bezieht.

BFH, Beschl. v. 16.10.2012 - I B 128/12
FG Hamburg, Beschl. v. 29.02.2012 - 1 K 138/10, beim BVerfG unter 1 BvL 8/12
FinMin Schleswig-Holstein, Gewerbesteuer-Kurzinformation Nr. 2012/03 v. 04.05.2012 - VI 3010 - G 1422 - 163
Unternehmensteuerreformgesetz 2008 v. 14.08.2007, BGBl 2007 I 1912

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 27.11.12