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Bilanz geht Einnahmenüberschussrechnung vor

Bestandsvergleich und Einnahmenüberschussrechnung sind zwei unterschiedliche, aber grundsätzlich gleichwertige Gewinnermittlungsmethoden. Der Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG ist allerdings die Regel und kommt auch dann zur Anwendung, wenn der Steuerpflichtige keine wirksame Wahl zugunsten der Einnahmenüberschussrechnung getroffen hat. Fehlt es an seinem Willen, einen Gewinn zu ermitteln, weil er z.B. davon ausgeht, Überschusseinkünfte zu erzielen, wurde kein Wahlrecht zugunsten der Einnahmenüberschussrechnung ausgeübt.

 

 

Wer keinen Gewinn ermitteln will, hat nach ständiger BFH-Rechtsprechung auch durch schlüssiges Verhalten keine Wahl zwischen den Gewinnermittlungsarten getroffen. Selbst wenn er Einnahmen und Ausgaben aufgezeichnet hat, handelt es sich um die Aufzeichnung von Einnahmen und Werbungskosten, aber nicht um Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben. Der Gewinn ist in einem solchen Fall ggf. gem. § 4 Abs. 1 EStG durch Bestandsvergleich zu schätzen.

Hinweis: Die Frage, ob das Wahlrecht wirksam zugunsten der Einnahmenüberschussrechnung ausgeübt wurde, dürfte sich in der Praxis häufig im Zusammenhang mit dem gewerblichen Grundstückshandel stellen. Der Steuerpflichtige geht hier oft zunächst davon aus, keine gewerblichen Einkünfte zu erzielen. Stellt das Finanzamt später fest, dass ein gewerblicher Grundstückshandel vorliegt, ist dann fraglich, ob die Wahl der Einnahmenüberschussrechnung noch erfolgen kann. Hierbei ist zu beachten, dass dem nichtbuchführungspflichtigen Steuerpflichtigen das Wahlrecht zwischen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG und § 4 Abs. 3 EStG prinzipiell unbefristet zusteht. Es entfällt erst mit der Erstellung des Abschlusses (nach Ablauf des Gewinnermittlungszeitraums), nicht hingegen bereits mit der Einrichtung einer Buchführung. Allerdings werden die Minimalanforderungen an eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 erfüllt sein müssen, indem die Einnahmen und Ausgaben aufgezeichnet oder zumindest die entsprechenden Belege gesammelt wurden, um das Wahlrecht noch zugunsten der Einnahmenüberschussrechnung ausüben zu können. Dies kann insbesondere Auswirkung auf die zeitliche Zuordnung von Veräußerungserlösen haben.

BFH, Urt. v. 21.07.2009 - X R 46/08

Quelle: Redaktion Steuern - vom 09.06.10