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BMF-Schreiben zur Anwendung des neuen Umwandlungssteuergesetzes

Am 02.01.2012 hat das BMF das von Unternehmen, ihren Beratern und den Branchenverbänden lange erwartete endgültige Schreiben zur Anwendung des neuen Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) veröffentlicht. Dieses hatte sich durch das Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (SEStEG) v. 07.12.2006 geändert.

Zudem gibt es bereits nachfolgende Gesetzesänderungen, die das UmwStG ergänzt hatten. Das Umwandlungssteuerrecht regelt die steuerlichen Folgen der Umstrukturierung von Unternehmen und soll hierbei auftretende Hemmnisse beseitigen. Das SEStEG passte das nationale deutsche Umwandlungssteuerrecht an EU-rechtliche Vorgaben an, insbesondere an die steuerliche Fusionsrichtlinie. Das betrifft insbesondere grenzüberschreitende Umwandlungen, inwieweit hierbei die deutschen Besteuerungsrechte gesichert werden.

Der finale Umwandlungssteuererlass basiert im Wesentlichen auf dem Entwurfsschreiben vom Mai 2011, der den Verbänden mit der Gelegenheit zur Stellungnahme übermittelt worden war. Änderungen ergeben sich auf Anregungen der Verbände in speziellen Detailregelungen, etwa im Rahmen einer Einbringung in eine Organgesellschaft oder der Verschmelzungen auf ein Organschaftsverhältnis sowie bei den Übergangsregelungen zum Antrag auf den Ansatz von Buch- oder Zwischenwerten, der grundsätzlich bis zur erstmaligen Abgabe der Steuerbilanz auf den steuerlichen Übertragungsstichtag zu stellen ist.

Das mit 170 Seiten sehr umfangreiche Schreiben regelt Anwendungsfragen zu diesen gesetzlichen Regelungen im Einkommen- und im Körperschaftsteuerrecht und soll für Anwendungsklarheit innerhalb der EU und des EWR sorgen. Dadurch sollen - so die Erwartung der Finanzverwaltung - für zahlreiche bisher offene Fragen zu grenzüberschreitenden Umwandlungen und Einbringungen gebührenpflichtige verbindliche Auskünfte vermieden werden. Diese dürften sich aber zumindest in Einzelfällen weiterhin nicht vermeiden lassen.

Hinweis: Die Grundsätze des Anwendungserlasses gelten für alle noch nicht bestandskräftigen Fälle, auf die das UmwStG in der Fassung des SEStEG mit seinen weiteren, nachfolgenden Änderungen anzuwenden ist. Als Stichtag für diese Anwendung des geänderten UmwStG und damit des neuen Rechts gelten grundsätzlich eine Umwandlung oder Einbringung (Verschmelzung, Spaltung, Vermögensübertragung, Formwechsel), die nach dem 12.12.2006 zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet wurden. Sofern für die Wirksamkeit der Umstrukturierungsmaßnahme im Einzelfall keine Eintragung in ein öffentliches Register Voraussetzung war, wird auf das Datum des Übergangs des sog. wirtschaftlichen Eigentums an den eingebrachten Wirtschaftsgütern nach dem 12.12.2006 abgestellt.

Da sich die sehr detaillierten und manchmal rechtlich komplizierten Inhalte des Schreibens in diesem Beitrag auch nicht annähernd darstellen lassen, erfolgt lediglich ein Kurzüberblick zu den Themenbereichen, die der Umwandlungssteuererlass behandelt. Zur Klärung von Detailfragen empfiehlt es sich, die entsprechenden Ausführungen im BMF-Schreiben genauer zu studieren.

  • Der Erlass beinhaltet grundsätzliche Regelungen zum Anwendungsbereich, bestimmt einzelne Begriffe und erläutert Umwandlungen und Einbringungen sowohl aus Sicht des übertragenden als auch des übernehmenden Rechtsträgers und darüber hinaus die Ebene der Anteilseigner bei der übertragenden Kapitalgesellschaft. Dabei werden die Veräußerungs- und Anschaffungsvorgänge beleuchtet, etwa dass das übertragene Vermögen generell zum Verkehrswert beurteilt wird.
  • Geregelt werden ausschließlich die Folgen für die Körperschaft-, Einkommen- und Gewerbesteuer von

    • Umwandlungen,
    • Verschmelzung auf eine Personengesellschaft und auf eine natürliche Person durch Aufnahme oder Neugründung,
    • Vermögensübertragung (Vollübertragung) auf eine andere Körperschaft,
    • Spaltung, Aufspaltung, Abspaltung, Ausgliederung,
    • Einbringung von Unternehmensteilen (Betrieb, Teilbetrieb, Mitunternehmeranteil) in eine Kapital- oder Personengesellschaft bzw. Genossenschaft,
    • Anteilstausch,
    • Übertragung eines Teilbetriebs bei Auf- und Abspaltung,
    • Formwechsel einer Kapital- in eine Personengesellschaft,
    • Regelungen zur Verhinderung von Missbräuchen.

  • Die Folgen für die anderen Steuerarten - z.B. Umsatz-, Grunderwerb- oder Erbschaftsteuer - werden nicht behandelt. Die Auswirkungen hierauf sind daher den entsprechenden Einzelsteuergesetzen zu entnehmen.
  • Ermittlung des Gewerbeertrags des übertragenden und des übernehmenden Rechtsträgers,
  • Auswirkungen der Umwandlung auf eine Organschaft,
  • Mögliche Kapitalveränderungen bei der übertragenden und bei der übernehmenden Körperschaft,
  • Veräußerung von auf einer Sacheinlage beruhenden Anteilen innerhalb der siebenjährigen Sperrfrist,
  • Veräußerung der auf einem Anteilstausch beruhenden Anteile nach altem Recht,
  • Spezialregelung für die Veräußerung sog. einbringungsgeborener Anteile hinsichtlich einer zinslosen Stundung der festgesetzten Steuer,
  • Wechselwirkung zwischen altem und neuem Recht.

Praxishinweis

Das BMF-Schreiben bezieht sich auf die Neuregelungen, die durch das SEStEG in Kraft getreten sind und durch nachfolgende Gesetzesänderungen ergänzt wurden. Hierdurch wurden insbesondere die nationalen steuerlichen Vorschriften zur Umstrukturierung von Unternehmen an die gesellschaftsrechtlichen und steuerlichen Entwicklungen sowie an die Vorgaben des europäischen Rechts angepasst. Im Gegensatz zur vormaligen Gesetzeslage betrifft das UmwStG jetzt auch grenzüberschreitende Umwandlungsvorgänge von Gesellschaften und natürlichen Personen, die in der EU oder im EWR ansässig sind. Darüber hinaus berücksichtigt der Erlass die zwischenzeitlich ergangene BFH-Rechtsprechung und enthält zahlreiche Rechenbeispiele, insbesondere zum Bilanzansatz.

Das durch das SEStEG abgelöste UmwStG 1995 wurde nicht aufgehoben, sondern gilt unverändert fort. Hiervon sind insbesondere die Regelungen zu den einbringungsgeborenen Anteilen und zum rückwirkenden Wegfall von Steuererleichterungen betroffen. Insoweit finden auch die ehemaligen BMF-Schreiben zu

  • Zweifels- und Auslegungsfragen bei der Anwendung des UmwStG 1995,
  • der Aufnahme eines Sozius in eine Einzelpraxis,
  • den Änderungen durch das Steuersenkungsgesetz und das Gesetz zur Fortentwicklung des Unternehmensteuerrechts,

weiterhin Anwendung. Das UmwStG 1995 gilt zudem für Anmeldungen einer Einbringung bis zum 12.12.2006 zur Eintragung ins Handelsregister.

BMF-Schreiben v. 11.11.2011 - IV C 2 - S-1978-b/08/10001
BMF-Schreiben v. 25.03.1998 - IV B 7 - S-1978 - 21/98 IV B 2 - S 1909 - 33/98, BStBl 1998 I 268
BMF-Schreiben v. 21.08.2001 - IV A 6 - S-1909 - 11/01, BStBl 2001 I 543
BMF-Schreiben v. 16.12.2003 - IV A 2 - S-1978 - 16/03, BStBl 2003 I 786

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 10.01.12