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Bundeskabinett schnürt neues Gesetzespaket

Banker dürfen die Kirchensteuerpflicht ihrer Kunden online abfragen, Riester-Sparer müssen immer den Mindestbeitrag zahlen und auf einige Investments gibt es keine Arbeitnehmer-Sparzulage mehr: Diese Pläne sieht der Regierungsentwurf zum EU-Beitreibungsgesetz vor, der über die Inhalte des vorherigen Referentenentwurfs hinausgeht. Nachfolgend die Inhalte dieser drei Neuregelungen.

1. Anpassungsbedarf bei der Riester-Rente

Bei der Riester-Rente wird ab 2012 ein Mindestbeitrag von 60 € pro Jahr für alle Sparer eingeführt, die ihre maximale Förderung erhalten wollen. Das betrifft mittelbar zulageberechtigte Personen, die bislang nicht selber in ihren Vertrag einzahlen mussten, solange der Arbeitnehmer-Ehegatte seine Prämien geleistet hat. Diese Änderung erfolgt, um die Rückforderung von Zulagen aufgrund eines veränderten Zulagestatus zu vermeiden. Ergibt sich im Nachgang, dass der Anleger entgegen seiner eigenen Einschätzung - beispielsweise durch die Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten - in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht mittelbar, sondern unmittelbar zulageberechtigt ist, hat er häufig den regelmäßig sehr geringen Mindesteigenbeitrag nicht geleistet. Solche Fälle waren im Frühjahr 2011 in großem Umfang ans Licht gekommen und hatten zu Rückforderungen geführt. Die Riester-Anbieter müssen die Anleger bis zum 31.07.2012 in schriftlicher Form über die Änderung informieren.

Für nicht berufstätige, kinderlose Ehepartner bedeutet die Neuregelung eine höhere Belastung, weil sie ab 2012 immer einen Eigenbeitrag von mindestens 60 € zahlen müssen. Dafür winkt später aber auch eine entsprechend höhere Rentenauszahlung.

Wer in der Vergangenheit zu geringe Beiträge geleistet hat, hat für die Zulage in bestimmten Fällen die Möglichkeit, Beiträge nachträglich zu entrichten. Bereits zurückgeforderte Zulagen können dann im Ergebnis wieder ausgezahlt werden. Hierzu müssen die Beiträge innerhalb von zwei Jahren nach Zusendung der Anbieterbescheinigung nachentrichtet werden. Diese nachentrichteten Sparprämien gelten als geförderte Altersvorsorgebeiträge, und die sich hieraus ergebenden Leistungen unterliegen in der Auszahlungsphase der nachgelagerten Besteuerung. Die für ein zurückliegendes Beitragsjahr entrichteten Altersvorsorgebeiträge werden allerdings nicht im Rahmen des Sonderausgabenabzugs angesetzt.

2. Kirchensteuer auf Kapitalerträge

Die Erhebung der Kirchensteuer bei abgeltend besteuerten Kapitalerträgen durch die Kreditinstitute (§§ 51a, 52a EStG) wird beim Zufluss ab dem 01.10.2013 neu geregelt, indem das bestehende Übergangsverfahren durch ein automatisiertes Abzugsverfahren ersetzt wird. Anders als bisher besteht zukünftig kein Wahlrecht mehr, ob die Kirchensteuer durch die Kreditinstitute einbehalten wird, oder ob die Festsetzung im Veranlagungsverfahren erfolgt. Hierfür dürfen die Kreditinstitute beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) anfragen, ob für einen Kunden tatsächlich eine Kirchensteuerpflicht besteht. Damit soll das Kirchensteueraufkommen zeitnah erfasst und gesichert werden.

Besteht eine Kirchensteuerpflicht, führt die Bank die dafür fälligen Beträge in Summe mit der monatlichen Anmeldung der Kapitalertragsteuer ans Finanzamt ab. Gleichzeitig teilt das Kreditinstitut dem BZSt für jede Person die Höhe der Kirchensteuer nebst Steueridentifikationsnummer mit. Anhand dieser Daten kann das BZSt bestimmen, welcher Religionsgemeinschaft dieser Betrag zuzuweisen ist.

Die Kreditinstitute dürfen auf diesem Weg auch überprüfen, ob die von den Kunden mitgeteilten Steueridentifikationsnummern zutreffend sind.

3. Arbeitnehmer-Sparzulage

Vermögenswirksame Sparleistungen für bestimmte Immobilienvertriebsmodelle werden bei Zahlung ab dem 01.01.2012 nicht mehr gefördert, um einen möglichen Missbrauch der Arbeitnehmersparzulage zu verhindern. Dabei handelt es sich um von Kapitalanlagegesellschaften entwickelte Modelle, mit denen eine große Zahl von Arbeitnehmern angeworben wird, Miteigentum an einem Immobilienportfolio zu erwerben. Diese Anlagemodelle zeichnen sich durch ein vorgefertigtes Konzept aus, das durch Anlegerprospekte vermarktet wird. Die von den Arbeitnehmern zu erwerbenden Beteiligungen sind gewöhnlich sehr klein und von geringem wirtschaftlichen Wert. Die Anleger zahlen die Beteiligungssumme über mehrere Jahre verteilt in monatlichen Einzahlungsraten.

Praxishinweis

Durch das EU-Beitreibungsgesetz kommt es insgesamt zur Änderung von 15 Gesetzen und vier Rechtsverordnungen. Neben den drei vorgenannten Neuheiten beinhaltet das Gesetz insbesondere noch folgende zwölf Pläne:

  1. Änderung und Neufassung der Regelungen des Lohnsteuerabzugsverfahrens; Ablösung der einführenden Vorschriften zur Bildung und Anwendung der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale durch die Regelungen für das dauerhafte Verfahren
  2. Einführung einer Steuerfreiheit für Sozialversicherungsrenten an Empfänger, die als Verfolgte nach dem Bundesentschädigungsgesetz anerkannt sind
  3. Erweiterung des Katalogs der Freiwilligendienste um den Internationalen Jugendfreiwilligendienst zur Ermöglichung einer Berücksichtigung als Kind im Rahmen des Familienleistungsausgleichs
  4. engere Bindung der Gewährung von Grundfreibetrag und Sonderausgabenabzug an beschränkt steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
  5. Aufhebung der sogenannten Sanierungsklausel zur Umsetzung der Entscheidung der Europäischen Kommission
  6. Überarbeitung des Bewertungsgesetzes zur Gewährleistung der Ermittlung des gemeinen Werts im Sachwertverfahren
  7. Einführung eines Antragsrechts eines beschränkt steuerpflichtigen Erwerbers auf Behandlung des Vermögensanfalls wie bei unbeschränkter Steuerpflicht
  8. Anpassung der Regelung zur Steuerhinterziehung an EU-Richtlinien
  9. Neuregelung für eingehende und ausgehende Ersuchen im Rahmen des EU-Amtshilfe- und Beitreibungsgesetzes
  10. Änderung des Zerlegungsgesetzes, des Gesetzes über Steuerstatistiken, des Dritten Buchs Sozialgesetzbuch und des Jugendarbeitsschutzgesetzes wegen der Umstellung des Lohnsteuerabzugs von der Papierlohnsteuerkarte auf die elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale
  11. Umsetzung der EU-Richtlinie über die Amtshilfe bei der Beitreibung von Forderungen in Bezug auf bestimmte Abgaben in nationales Recht: erweiterter und vereinfachter Informationsaustausch mit einheitlichen Mechanismen und klaren Regelungen zur Geltendmachung und Eintreibung einer Forderung - im Wesentlichen durch Erweiterung des Geltungsbereichs der Amtshilfe -, Vereinfachung des Zustellungsverfahrens und wirksames Beitreibungs- und Sicherungsverfahren
  12. Aufhebung des derzeit geltenden EG-Beitreibungsgesetzes

Regierungsentwurf für ein Gesetz zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (BR-Drucks. 253/11 v. 06.05.2011)

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 17.05.11