Felix Jork © fotolia.de

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Bundesregierung und Bundesrat planen Begrenzung von Steuergestaltungsmodellen

Angesichts der in jüngster Zeit zunehmenden Zahl von Steuergestaltungsmodellen, die in der Praxis vermehrt bei der Geldanlage Anwendung finden, wird nun Handlungsbedarf gesehen, und das gleich auf Bundes- und Länderebene.

  • Die Bundesregierung sieht Bedarf zur Begrenzung von Fällen, bei denen mittels Ausnutzung des sog. negativen Progressionsvorbehalts - beispielsweise beim An- und Verkauf von Gold oder Containern - der persönliche Einkommensteuersatz nahezu auf 0 % reduziert werden kann. Dies teilte sie jüngst im Bundestag mit. 
  • Auch der Bundesrat sieht in seiner Sitzung v. 06.07.2012 diese Gefahr und will über das Jahressteuergesetz 2013 mit entsprechenden Gegenmaßnahmen reagieren.

Bei diesen in den Fokus geratenen Modellen wird der Progressionsvorbehalt genutzt, um die persönliche Einkommensteuerlast zu mindern. Regelmäßig hat die Verlustzuweisung zum Ziel, die Besteuerung von Sondereinkünften (z.B. Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen bzw. Betriebsveräußerungen oder Abfindungszahlungen) zu neutralisieren. Hierzu beteiligen sich vermögende Sparer an ausländischen geschlossenen Fondsgesellschaften, deren Einkünfte laut Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) in Deutschland steuerfrei sind, aber dem Progressionsvorbehalt unterliegen, und beeinflussen dadurch die Höhe des Grund- und Splittingtarifs der übrigen Anlegereinkünfte.

Durch die gezielte Herbeiführung von Verlusten, etwa durch den Erwerb von Edelmetallen und Containern oder anderen Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens unter Anwendung der Einnahmen-Überschuss-Gewinnermittlung wie bei Freiberuflern wird die inländische Steuerbelastung durch Inanspruchnahme des negativen Progressionsvorbehalts reduziert. Der dann in späteren Jahren entstehende, in Deutschland aufgrund des DBA steuerfreie Gewinn aus dem Verkauf des Umlaufvermögens wirkt sich insbesondere für Sparer, deren persönlicher Steuersatz dem Spitzensteuersatz entspricht, über den positiven Progressionsvorbehalt nicht oder kaum aus. Der positive Progressionsvorbehalt kann die tatsächliche Steuerminderung im Verlustjahr zumindest nicht kompensieren.

Nach Auffassung der Bundesregierung widersprechen diese Steuergestaltungsmodelle dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit und sind daher aus fiskalischer Sicht unerwünscht. Dabei sind im Regelfall die Voraussetzungen für einen Gestaltungsmissbrauch nicht erfüllt, weil das Bestreben, Steuern zu sparen, für sich allein eine Gestaltung noch nicht unangemessen macht. Daher können diese Modelle derzeit nicht durch gesetzliche Anwendung verhindert werden.

Hinweis: Nur wenn die Gewinnerzielungsabsicht eines ausländischen geschlossenen Fonds fehlen sollte oder eine Buchführungspflicht nach den Vorschriften des Handels- oder Steuerrechts besteht, entsteht kein berücksichtigungsfähiger Steuerverlust, so dass in diesen Fällen das Modell nicht funktioniert. Das lässt sich aber nicht durch eine Verwaltungsanweisung lösen, denn diese kann keine Nichtanwendung des geltenden Rechts zum Inhalt haben.

Daher besteht ein gesetzgeberischer Handlungsbedarf. Grundsätzlich erscheint die Einführung einer Meldepflicht erwägenswert, um aggressiven Steuergestaltungen durch eine frühzeitige Offenlegung entgegenzutreten. Eine solche frühzeitige Offenlegungspflicht besteht derzeit in den USA, in Kanada, Australien, Portugal, Irland und Großbritannien. Geplant ist im Inland die frühzeitige Anmeldung einer Transaktion oder eines Modells, das bestimmte Kriterien erfüllt. Dabei muss nicht nur der Vermarkter zur Anmeldung verpflichtet sein, sondern auch der Anleger als Begünstigter selbst. Die künftige Vorschrift soll dann auch die Konsequenzen bei einem Verstoß gegen die Offenlegungspflicht regeln.

Die Bundesländer, der Bundesrechnungshof und das Bundeszentralamt für Steuern berichten dem BMF über Steuergestaltungen. Hierbei lässt die unterschiedliche steuerliche Behandlung identischer Sachverhalte durch verschiedene Staaten Raum für Steuergestaltungsmodelle im Bereich der grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen. Daher werden innerhalb der OECD Erkenntnisse und Erfahrungen beim Vorgehen gegen Steuerplanungstechniken ausgetauscht, wobei Deutschland in den entsprechenden Gremien intensiv mitarbeitet.

Praxishinweis

Nach Verwaltungsauffassung ist auf diese Fälle die Verlustabzugsbeschränkung für Steuerstundungsmodelle des § 15b EStG anzuwenden. Danach können negative Einnahmen nicht mit anderen Einkünften, sondern nur noch mit späteren Gewinnen aus derselben Einkunftsquelle verrechnet werden. Das Hessische Finanzgericht verneint hingegen das Vorliegen einer modellhaften Gestaltung i.S.d. § 15b EStG, da die Anleger selbst die Initiative ergreifen und die Gestaltung aufgrund eines individuell geschlossenen Gesellschaftsvertrags zustande kommt. Damit fehlt es für die Anwendbarkeit des § 15b EStG an einem abstrakt auf eine Vielzahl von Steuerpflichtigen ausgerichteten Modell aus dem Katalog. Das Vorgehen anderer Anleger, die Investitionen in ähnlicher Weise getätigt haben, kann den jeweiligen Beteiligten nicht zugerechnet werden.

Als Lösung kommt z.B. eine Ergänzung des § 15b EStG in Betracht, wie es der Bundesrat im Jahressteuergesetz 2013 anregt. Eine solche Lösung hätte den Vorteil, dass auch reine Stundungsmodelle miterfasst sind.

Alternativ oder zur Ergänzung des § 15b EStG könnte auch ein Gewinnrücktrag in § 32b EStG eingeführt werden, wodurch im Verlustentstehungsjahr der im Rahmen des Progressionsvorbehalts zu berücksichtigende Verlust durch den späteren Gewinn ganz bzw. teilweise rückgängig gemacht würde.

Steuergestaltungsmodelle unter Nutzung des Progressionsvorbehaltes insbesondere bei Gold, Antwort der Bundesregierung v. 05.06.2012, BT-Drs. 17/9870
Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2013, Stellungnahme des Bundesrates v. 06.07.2012, BR-Drs. 302/12 (B)
BMF-Schreiben v. 17.07.2007 - IV B 2 - S-2241-b/07/0001, BStBl 2007 I 542
FG Hessen, Beschl. v. 29.10.2010 - 11 V 252/10

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 10.07.12