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Dinner mit Show: Welcher Umsatzsteuertarif gilt?

Eine Varieté- oder Theatershow (nachfolgend einheitlich als „Dinnershow" bezeichnet) fällt mit ihren künstlerischen Elementen unter den ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 %, während die Abgabe von Speisen zum sofortigen Verzehr dem Regelsteuersatz von 19 % unterliegt. Wird der Preis für die Eintrittskarten kalkuliert, muss ein Gastronomie-Unternehmer bei der Umsatzsteuer die Differenz von zwölf Prozentpunkten beachten - zugunsten seiner Nettoerlöse.

Werden Eintrittskarten für eine Dinnershow verkauft, bei der sowohl kulinarische als auch künstlerische Leistungen erbracht werden, kann dieses Angebot

  • entweder als Gesamtpaket und damit als einheitliche sonstige Leistung dem Regelsteuersatz unterliegen oder aber
  • trennbar in mehrere selbstständige, mit unterschiedlichen Steuersätzen zu beurteilende Leistungen sein. Dann stellt das im Rahmen der Veranstaltung gebotene Vier-Gänge-Menü eine selbstständige Leistung dar (19 %); die Varieté-/Theatershow kann getrennt vom Verzehr dem ermäßigten Tarif (7 %) unterliegen.

Die Frage nach der korrekten Einordnung hat der BFH aktuell ziemlich eindeutig beantwortet: Eine einheitliche, dem Regelsteuersatz unterliegende Leistung liegt vor, wenn die Eintrittskarten für eine Varieté-/Theatershow auch ein außerhalb der Show serviertes Vier-Gänge-Menü beinhaltet, beide Elemente aber nur als Ganzes in Anspruch genommen werden können. Dann liegen keine selbstständigen, mit unterschiedlichen Steuersätzen zu beurteilenden Leistungen vor. Die Theatervorführung kann daher nicht getrennt dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterworfen werden. Bei dem Menü handelt es sich - aus der maßgeblichen Sicht eines Durchschnittsverbrauchers - nicht um eine im Verhältnis zu der Theatershow steuerlich unselbstständige Nebenleistung, weil dieses kein bloßes Mittel ist, um die Veranstaltung unter optimalen Bedingungen in Anspruch nehmen zu können.

Betroffene Unternehmer können also den Gesamtpreis der Eintrittskarten nicht sachgerecht derart aufteilen, dass nur hinsichtlich des auf das Menü entfallenden Anteils der Regelsteuersatz, hinsichtlich der Varieté-/Theatershow einschließlich Garderobe dagegen der ermäßigte Steuersatz zur Anwendung kommen würde. Denn die Kombination von künstlerischen und kulinarischen Elementen in Form einer Dinnershow ist eine komplexe Leistung, die dem Regelsteuersatz von 19 % unterliegt. Allein der Umstand, dass beide Bestandteile im Wirtschaftsleben auch getrennt erbracht werden, rechtfertigt keine Aufspaltung des Vorgangs, wenn es dem durchschnittlichen Besucher der Dinnershow um die Verbindung beider Elemente geht, so die BFH-Richter unter Verweis auf die umfangreiche Rechtsprechung des EuGH zu diesem Themenkreis. Hiernach ist

  • zunächst jede Lieferung oder Dienstleistung als eigene, selbstständige Leistung zu betrachten,
  • bei einem Bündel von Einzelleistungen zu bestimmen, ob mehrere getrennte Umsätze vorliegen oder ein einheitlicher Umsatz,
  • unter Berücksichtigung eines Durchschnittsverbrauchers das charakteristische Merkmal des Umsatzes zu ermitteln,
  • der jeweils formal getrennt erbrachte Einzelumsatz als einheitlicher Umsatz anzusehen.

Durch die Verbindung der beiden Komponenten einer Dinnershow (künstlerische und kulinarische Leistung) ist es dem Verbraucher unmöglich, nur eine der beiden Komponenten in Anspruch zu nehmen, selbst wenn Varietéshows und Menüs im Wirtschaftsleben auch getrennt erbracht werden. Eine Isolierung wäre aufgrund der vom Durchschnittskunden gewünschten Verbindung in diesem konkreten Fall lebensfremd. Die Dinnershow würde nur dann dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, wenn die Theatervorführung den Hauptbestandteil der einheitlichen Gesamtleistung und somit den eigentlichen Zweck der Veranstaltung ausmachen würde. Der durchschnittliche Besucher entscheidet sich aber wegen der Mischung aus Unterhaltung und leckeren Speisen in einem entsprechenden Ambiente für den Besuch der Show.

Praxishinweis

Nach der Rechtsprechung des EuGH, der sich der BFH angeschlossen hat, gilt für die Frage, ob mehrere Tätigkeiten steuerrechtlich zu nur einem Umsatz oder mehreren eigenständigen Umsätzen führen, dass ein einheitlicher Umsatz für zwei Fallgruppen zu bejahen ist:

  1. Zum einen liegt eine einheitliche Leistung vor, wenn eine oder mehrere Einzelleistungen eine Hauptleistung bilden und die andere Einzelleistung oder die anderen Einzelleistungen eine oder mehrere Nebenleistungen bilden, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen. Eine Leistung ist insbesondere dann Neben- und nicht Hauptleistung, wenn sie für die Kundschaft keinen eigenen Zweck, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistungserbringers unter optimalen Bedingungen in Anspruch nehmen zu können.
  2. Zum anderen kann sich eine einheitliche Leistung daraus ergeben, dass zwei oder mehrere Handlungen oder Einzelleistungen des Steuerpflichtigen für den Kunden so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv einen einzigen untrennbaren wirtschaftlichen Vorgang bilden, dessen Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre.

So ist der EuGH z.B. in folgenden Fällen von einem einzigen untrennbaren wirtschaftlichen Vorgang ausgegangen:

  • Erwerb einer Software, die in diesem Zustand für die wirtschaftliche Tätigkeit des Leistungsempfängers nutzlos ist, und nachfolgende Anpassungen, die die Software erst nützlich werden lassen, wenn der wirtschaftliche Zweck darin besteht, eine speziell an die Bedürfnisse des Leistungsempfängers angepasste einsatzfähige Software zu erhalten;
  • Erwerb eines Glasfaserkabels und die mit der Verlegung dieses Kabels zusammenhängenden Dienstleistungen, die zur Veräußerung eines verlegten und funktionstüchtigen Kabels erforderlich und hierdurch eng miteinander verbunden sind;
  • Erwerb eines alten Gebäudes mit dem dazugehörigen Grund und Boden, das in diesem Zustand ohne jeden Nutzen für die wirtschaftliche Tätigkeit des Leistungsempfängers ist, und die Leistungen in Bezug auf den Abriss der Gebäude, die allein geeignet sind, dem Grundstück einen wirtschaftlichen Nutzen zu verleihen;
  • Parken eines Pkws auf einem außerhalb eines Flugplatzgeländes gelegenen Parkplatz und Beförderung der Insassen dieses Pkws zwischen dem Parkplatz und dem Flughafenterminal;
  • Portfolioverwaltung, bei der ein Steuerpflichtiger aufgrund eigenen Ermessens über den Kauf und Verkauf von Wertpapieren entscheidet und diese Entscheidung durch den Kauf und Verkauf vollzieht.

Tipp: Die Rechtsfrage ist jedoch noch nicht eindeutig entschieden. Dabei ist für das Dinner einzukalkulieren, was der Veranstalter üblicherweise für ein solches Menü ohne Theatervorführung berechnen würde. Der BFH hält es zumindest für ernstlich zweifelhaft, ob die im Rahmen einer Dinnershow erbrachten Umsätze als einheitliche Leistung qualifiziert und dem Regelsteuersatz unterworfen werden können. Daher wurde Aussetzung der Vollziehung gewährt.

BFH, Urt. v. 10.01.2013 - V R 31/10
BFH, Urt. v. 13.01.2011 - V R 63/09, BStBl 2011 II 461
BFH, Beschl. v. 28.10.2010 - V R 9/10, BStBl 2011 II 360
EuGH, Urt. v. 10.03.2011 - C-497/09
EuGH, Urt. v. 19.07.2012 - C-44/11
EuGH, Urt. v. 19.11.2009 - C-461/08
EuGH, Urt. v. 29.03.2007 - C-111/05

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 19.03.13