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Einkommensteuererstattung bei Ehepaaren: Wer bekommt das Geld?

Hat jemand zu viel Steuern an das Finanzamt entrichtet, hat er einen Anspruch auf Erstattung des übergezahlten Betrags. Hinsichtlich der Erstattung bei zusammenveranlagten Ehegatten gibt es Besonderheiten. Hier besteht zunächst einmal die gesetzliche Vermutung, dass bei einer intakten Ehe die Erstattung an einen Ehegatten von dem anderen gebilligt wird. Diese gesetzliche Vermutung ist jedoch widerlegbar. Deshalb ist das Finanzamt gehalten, die ihm erkennbaren Interessen des jeweiligen Partners in seine Entscheidung einzubeziehen.

Hat jemand zu viel Steuern an das Finanzamt entrichtet, hat er einen Anspruch auf Erstattung des übergezahlten Betrags. Bei der Einkommensteuer kommen solche Erstattungsansprüche insbesondere in vier Praxisfällen in Betracht:

  1. Verrechnung mit den Einkommensteuer-Vorauszahlungen, die über der Endsumme für das Jahr liegen;
  2. Anrechnung von Steuerabzugsbeträgen (z.B. Lohn- oder Kapitalertragsteuer);
  3. Änderung des Einkommensteuerbescheids zugunsten des Steuerpflichtigen, wenn die ursprünglich festgesetzte Steuer bereits bezahlt war;
  4. Aufhebung des Bescheids, etwa weil irrtümlich von einer Steuerpflicht ausgegangen wurde.

Hinsichtlich der Erstattung bei zusammenveranlagten Ehegatten gibt es Besonderheiten. Hier besteht zunächst einmal die - widerlegbare - gesetzliche Vermutung, dass bei einer intakten Ehe die Erstattung an einen Ehegatten von dem anderen gebilligt wird. Diese Regelung dient der Verwaltungsvereinfachung aus Gründen der Arbeitserleichterung des Finanzamts und dem Zweck, den Beamten Nachforschungen zur Erstattungsberechtigung der Ehegatten zu ersparen. Das Argument hierfür ist: Eheleute, die die Zusammenveranlagung beantragen, bevollmächtigen sich durch ihre Unterschriften auf der Steuererklärung gegenseitig, nicht nur den Steuerbescheid, sondern auch einen Erstattungsbetrag in Empfang zu nehmen.

Diese gesetzliche Vermutung ist jedoch widerlegbar. Deshalb ist das Finanzamt gehalten, die ihm erkennbaren Interessen des jeweiligen Partners in seine Entscheidung einzubeziehen. Es darf demzufolge nicht mehr an einen Ehegatten auszahlen, wenn der Beamte erkennt, dass der andere Gatte aus wichtigen Gründen damit nicht einverstanden ist. Das ist z.B. der Fall, wenn die Eheleute

  • inzwischen geschieden sind,
  • getrennt leben oder
  • aus sonstigen Gründen die Erstattung an den anderen nicht billigen.

In diesen Fällen ist es erforderlich, Feststellungen zur Erstattungsberechtigung der beiden Ehegatten zu treffen und dann die Höhe des auf jeden entfallenden Erstattungsbetrags zu ermitteln. Die Anspruchsberechtigung muss selbst dann geprüft werden, wenn die Eheleute übereinstimmend davon ausgehen, dass der Steuererstattungsanspruch ihnen gemeinsam zusteht. Zahlt das Finanzamt bei einer Zusammenveranlagung z.B. aufgrund eines gegenüber einem Gatten ergangenen Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses auch den auf den anderen Partner entfallenden Erstattungsbetrag an den Pfändungsgläubiger aus, kann die Behörde die Rückzahlung dieses ohne Rechtsgrund gezahlten Betrags verlangen - und dann die Überweisung an den anderen Gatten veranlassen.

Ansonsten kann das Finanzamt die Erstattung nur durch Überweisung auf das in der gemeinsamen Steuererklärung benannte Bankkonto leisten. Ist Inhaber dieses Kontos nur einer der beiden Ehegatten, wird es von dieser Verpflichtung gegenüber dem erstattungsberechtigten Ehegatten nicht frei, wenn es eine Rückzahlung stattdessen auf ein Konto des anderen Ehegatten überweist. Anders wäre es dagegen, wenn das Finanzamt den Erstattungsbetrag zwar nicht auf das in der Steuererklärung angegebene Konto, dafür aber auf ein anderes Konto des berechtigten Ehegatten überweist.

Bei Überweisung erfolgt die Gutschrift auf dem Konto des Empfängers allein aufgrund der angegebenen Kontonummer und Bankleitzahl. Ein Namensabgleich durch die Bank erfolgt im Regelfall nicht. Dennoch ist die Bezeichnung des richtigen Empfängers nicht bedeutungslos. Denn das Finanzamt wird z.B. von seiner Leistungspflicht gegenüber dem erstattungsberechtigten Ehegatten nicht frei, wenn es den Steuererstattungsbetrag nach Scheidung der Ehe auf das ihm in der Einkommensteuererklärung benannte Konto überweist, die Bank aber wegen zwischenzeitlicher Auflösung dieses Kontos den Überweisungsbetrag einem anderen Konto des nicht erstattungsberechtigten früheren Ehegatten gutschreibt.

Praxishinweis

Streiten sich Finanzamt und einer oder beide Ehegatten über den Erstattungsanspruch, ist darüber nach der Abgabenordnung durch einen Abrechnungsbescheid zu entscheiden. Gegenstand dieses Bescheides kann dabei sein:

  • die Frage der Erstattungsberechtigung der Ehegatten oder
  • die Höhe des auf jeden Ehegatten entfallenden Anteils am Erstattungsbetrag.

Der Abrechnungsbescheid wird von der Stelle erteilt, die auch für die Festsetzung der Einkommensteuer zuständig ist. Denn diese hat bereits die Erstattungsberechtigung im Rahmen der Auszahlungsanordnung geprüft und kann daher auf vorhandene Unterlagen zurückgreifen. Sollte die Aufteilung des Erstattungsbetrags zu ändern sein, wird aufgrund der wechselseitigen Auswirkungen für einen Ehegatten eine bereits erfolgte Erstattung zurückgefordert.

FinMin Nordrhein-Westfalen, Erlass v. 04.02.2013 - S-0160
BMF-Schreiben v. 31.01.2013 - IV A 3 - S-0160/11/10001, BStBl 2013 I 70
BFH, Urt. v. 22.03.2011 - VII R 42/10, BStBl 2011 II 607
BFH, Urt. v. 19.10.1982 - VII R 55/80, BStBl 1983 II 162
BFH, Urt. v. 05.04.1990 - VII R 2/89, BStBl 1990 II 719
BFH, Urt. v. 08.01.1991 - VII R 18/90, BStBl 1991 II 442
BFH, Urt. v. 13.02.1996 - VII R 89/95, BStBl 1996 II 436

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 07.05.13