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Erbschaftsteuer-Richtlinien 2011 veröffentlicht

Drei Jahre nach Inkrafttreten des Erbschaftsteuerreformgesetzes 2009 hat das BMF die neuen Erbschaftsteuer-Richtlinien (ErbStR) 2011 veröffentlicht (BStBl 2011 I Sondernummer 1/2011 S. 2).

Die ErbStR 2011 ersetzen die längst veralteten ErbStR 2003, da neben dem Erbschaftsteuerreformgesetz 2009 insbesondere folgende Gesetze wesentliche Neuregelungen zu unentgeltlichen Zuwendungen unter Lebenden und von Todes wegen gebracht haben:

  • Wachstumsbeschleunigungsgesetz,
  • Jahressteuergesetz (JStG) 2010,
  • Gesetz zur Änderung des Zugewinnausgleichs- und Vormundschaftsrechts und 
  • Steuervereinfachungsgesetz 2011.

Zudem ist in der Zwischenzeit eine Vielzahl von Erlassen der Länder-Finanzministerien zu diversen Themengebieten ergangen; auch der BFH hat hierzu einige wichtige Entscheidungen gefällt. Diese Inhalte sind teilweise in die neuen ErbStR 2011 eingearbeitet worden, ohne dass es einen konkreten Verweis auf die aktuelle Rechtsprechung gibt.

Darüber hinaus gibt es eine neue Optik und eine verbesserte Gliederung: Im Vergleich zur Vorgängerversion haben die ErbStR 2011 einen neuen Aufbau und eine bessere Anordnung. Hierzu werden jedem Paragrafen entsprechende Richtlinien-Zahlen zugewiesen, es gibt nun die R E 1 bis R E 35 zu den entsprechenden §§ 1-35 ErbStG und die R B 1 bis R B 203 zu den entsprechenden §§ des BewG. Dadurch erhalten Steuerpflichtige und ihre Berater nicht nur einen optimierten Überblick, sondern auch einen schnellen Zugriff auf die maßgeblichen Anweisungen der Finanzverwaltung.

Hinweis: Die ErbStR 2011 sind Weisungen an die Finanzbehörden zur einheitlichen Anwendung des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts und der dazu notwendigen Regelungen des Bewertungsrechts. Sie sind zwar nicht bindend für die FG und den BFH, geben aber Mitwirkenden an Erbschafts- und Schenkungsfällen und ihren Beratern eine verlässliche Richtschnur und Rechtssicherheit im Umgang mit dem Fiskus.

Die ErbStR 2011 sind auf alle Erwerbsfälle anzuwenden, für die die Steuer nach dem 02.11.2011 (Zeitpunkt der Verabschiedung durch die Bundesregierung) entsteht. Darüber hinaus gelten sie auch für Erwerbsfälle, für die die Steuer vor dem 03.11.2011 entstanden ist, soweit sie geänderte Vorschriften des ErbStG und des BewG betreffen, die vor dem 03.11.2011 anzuwenden sind. Insoweit sind bislang ergangene Anweisungen nicht mehr anzuwenden, sofern sie mit dem Inhalt der neuen Richtlinien in Widerspruch stehen.

Wesentlich neu geregelte Sachverhalte sind die gesetzlichen Änderungen nach dem Inkrafttreten des Erbschaftsteuerreformgesetzes 2009 und die neue Verwaltungsauffassung, die zum Teil auf aktueller BFH-Rechtsprechung beruht. So berücksichtigen die Richtlinien beispielsweise

  • die eingeführte Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnern mit den Ehegatten und Neuregelungen bei Zugewinngemeinschaften,
  • die BFH-Rechtsprechung zum Ansatz von privaten Steuererstattungsschulden und -ansprüchen des Erblassers und den Aufwand des potentiellen Nachkommens in Erwartung seines späteren Erbes,
  • die neu geregelten und komplizierten Details der Anwendung der Steuerbefreiung für die Unternehmensnachfolge wie

 

 

  • Lohnsummenermittlung,
  • Stimmrechtsbindung,
  • Optionsverschonung,
  • begünstigtes Vermögen,
  • schädliches und junges Verwaltungsvermögen,
  • Treuhandverhältnisse,
  • ausländische Betriebsstätte,

 

 

  • die Bewertung von betrieblichem Anteils- und Unternehmensvermögens über verschiedene, alternativ mögliche Berechnungsverfahren,
  • die Aufteilung des Werts des Betriebsvermögens von Personengesellschaften,
  • den Erwerb eines Anteils an einer vermögensverwaltenden Gemeinschaft/Gesellschaft,
  • die Bewertung von Immobilien nach dem Sach-, Ertrags- und Vergleichswertverfahren,
  • die Steuerbefreiung für Grundvermögen, etwa beim eigengenutzten Familienwohnheim und dem Bewertungsabschlag für Mietwohnimmobilien,
  • die Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens,
  • Erbauseinandersetzungen - etwa über eine Teilungsanordnung abweichend von den Erbanteilen - und den verbesserten Abzug von Verbindlichkeiten aufgrund des generellen Ansatzes aller Vermögensarten zu Verkehrswerten,
  • die Verfahrensregeln zur Feststellung der Vermögenswerte und Erklärungspflichten,
  • ausländisches Vermögen.

Praxishinweis

In den ErbStR 2011 wird zwar eine Reihe von gesetzlichen Änderungen übernommen. Noch nicht enthalten sind jedoch aktuelle Änderungen im ErbStG und im BewG. Das sind beispielsweise:

  • der Antrag auf unbeschränkte Steuerpflicht für beschränkt steuerpflichtige Erwerber aus dem EU- und EWR-Raum nach dem EU-Beitreibungsgesetz,
  • Änderungen und Ergänzungen in Hinsicht auf Schenkungen im Zusammenhang mit Beteiligungen an Kapitalgesellschaften nach dem EU-Beitreibungsgesetz,
  • Steuerpflicht für freigebige überquotale Einlagen, indem als Schenkung auch die Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft gilt, die eine beteiligte natürliche Person durch die Leistung eines anderen an der Gesellschaft Beteiligten erlangt,
  • Qualifizierung von verdeckten Gewinnausschüttungen als Schenkungen im Ausnahmefall, indem Vermögensverschiebungen zwischen Kapitalgesellschaften eine Schenkung sind, soweit sie nicht betrieblich veranlasst und soweit an den Gesellschaften nicht dieselben Gesellschafter zu gleichen Anteilen beteiligt sind,
  • Steuerklasse bei einer Schenkung durch eine Kapitalgesellschaft, wonach der Besteuerung das persönliche Verhältnis des Erwerbers zu derjenigen unmittelbar oder mittelbar beteiligten natürlichen Person oder Stiftung zugrunde zu legen ist, durch die sie veranlasst ist,
  • Anpassungen zu den Mitwirkungspflichten von Berechtigtem und Verpflichtetem bei Erbbaugrundstücken nach dem Steuervereinfachungsgesetz 2011,
  • Feststellungsverfahren bei begünstigtem Betriebsvermögen nach dem Steuervereinfachungsgesetz 2011.

 

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 07.02.12