fotolia.de © Walter Luger

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Erhöhte Grenze für Ist-Umsatzbesteuerung bleibt erhalten

Eigentlich sollte die Grenze für die Umsatzbesteuerung nach vereinnahmten Entgelten durch das Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung nur befristet bis zum 31.12.2011 auf 500.000 € angehoben werden und sich anschließend wieder halbieren. Die Bundesregierung hat jetzt jedoch einen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht, nach dem die Umsatzgrenze für die Ist-Besteuerung dauerhaft auf 500.000 € angehoben werden soll. Dies soll für eine bessere Liquidität der kleinen und mittleren Unternehmen sorgen, die die Umsatzsteuer erst mit Bezahlung durch den Kunden an das Finanzamt weiterreichen wollen.

Das Gesetz geht von dem Standardfall der Soll-Besteuerung aus, wonach die Umsatzbesteuerung nach vereinbarten Entgelten erfolgt. Alternativ sieht es die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten vor. Wesentlicher Unterschied zwischen Ist- und Soll-Besteuerung ist der Zeitpunkt der Steuerentstehung und damit auch der Termin der Steuerabführung an das Finanzamt:

  • Bei der Soll-Besteuerung wird die Umsatzsteuer nach vereinbarten Entgelten berechnet. Sie entsteht mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Lieferung oder sonstige Leistung ausgeführt worden ist. Auf die Bezahlung durch den Kunden kommt es dabei grundsätzlich nicht an.
  • Bei der auf Antrag zur Anwendung kommenden Ist-Besteuerung wird die Umsatzbesteuerung nach vereinnahmten Entgelten vorgenommen. Kleinere und mittlere Unternehmen müssen danach die Umsatzsteuer erst dann abführen, wenn sie auch tatsächlich bezahlt wurde. Der weitere Vorteil besteht darin, dass der Vorsteuerabzug für die bezogenen Eingangsleistungen sofort - ohne Rücksicht auf eine Bezahlung - vorgenommen werden kann.

Diese Ausnahme von der Grundregel und damit die Erleichterungen der Ist-Besteuerung können insbesondere Unternehmen in Anspruch nehmen, deren Vorjahresumsatz maximal 500.000 € betragen hat.

Hinweis: Die dauerhafte Erhöhung trägt auch zur Vereinfachung bei. Denn die Umsatzgrenze von 500.000 € stimmt mit der für die Buchführungspflicht bestehenden Umsatzschwelle überein. Gewerbliche Unternehmer und Land- und Forstwirte sind nur dann zur Buchführung verpflichtet, wenn der Umsatz 500.000 € im Kalenderjahr übersteigt, es sei denn, es besteht bereits nach anderen Vorschriften eine Buchführungspflicht oder andere Grenzen (z.B. die Gewinnhöhe) werden überschritten. Besteht keine Buchführungspflicht und werden auch freiwillig keine Bücher geführt, ergeben sich die steuerlichen Konsequenzen aus einem Geschäftsvorfall damit sowohl bei der Umsatzsteuer als auch bei den Ertragsteuern einheitlich erst bei Zufluss der Einnahme.

Praxishinweis

Wollen Unternehmer einen Wechsel von der normalen Soll- zur lukrativeren Ist-Besteuerung vornehmen, müssen sie bei ihrem Finanzamt einen Antrag auf Genehmigung der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten stellen, der an keine Frist gebunden ist. Dem Antrag soll das Finanzamt grundsätzlich unter dem Vorbehalt jederzeitigen Widerrufs entsprechen, wenn der Unternehmer die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt.

Berechnet ein Unternehmer seine Umsätze ohne erteilte Genehmigung bereits nach vereinnahmten Entgelten, sollte der Antrag nachträglich noch gestellt werden. Sofern Finanzämter die Anwendung erkennen, sollen sie dies sogar anregen. In die dann erteilte Genehmigung können auch Besteuerungszeiträume einbezogen werden, die dem Kalenderjahr der Antragstellung vorangehen, soweit die betreffenden Steuerfestsetzungen noch nicht durchgeführt wurden oder noch nicht bestandskräftig sind. Allerdings kommt für zurückliegende Besteuerungszeiträume, in denen der Unternehmer nach vereinbarten Entgelten versteuert hat, keine rückwirkende nachträgliche Genehmigung in Betracht.

Stellt das Finanzamt bei der Bearbeitung der Umsatzsteuer-Jahreserklärungen fest, dass die Voraussetzungen für die Ist-Besteuerung nicht mehr vorliegen, wird eine Genehmigung widerrufen. Dies ist theoretisch auch möglich, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen eingehalten werden, etwa weil durch die weitere Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten der Steueranspruch des Fiskus gefährdet ist. Solche Sachverhalte betreffen insbesondere Umsätze an vorsteuerabzugsberechtigte nahestehende Personen oder verbundene Firmen, wenn die Zahlung über unverhältnismäßig lange Zeit nicht erfolgt.

Beispiel: Ein Einzelunternehmer erteilte über mehrere Jahre hinweg „seiner“ GmbH Abrechnungen mit offenem Steuerausweis, erklärte aber für diese Jahre keine oder nur sehr geringe Umsätze. Begründung: Er brauchte nur die vereinnahmten Umsätze zu versteuern und die GmbH hatte bisher nicht an ihn gezahlt. In solchen Grenzfällen kann das Finanzamt die Umsätze der Soll-Besteuerung unterwerfen. Denn die praktizierte Verfahrensweise zwischen seinem Einzelunternehmen und der GmbH ermöglicht es, Abrechnungen vorzunehmen, die einerseits den Vorsteuerabzug erlauben und andererseits zu keiner Umsatzsteuerschuld führen. Die Genehmigung einer Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten soll der Vereinfachung dienen, es sollen dagegen nicht das Steueraufkommen gefährdet oder der Vorsteuerabzug ohne eine korrespondierende Umsatzsteuerschuld zugelassen werden.

Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes, BT-Drucks. 17/7020 v. 20.09.2011

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 28.09.11