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FG Düsseldorf zur Absetzbarkeit von Kosten eines Zivilprozesses zur Erlangung eines Studienplatzes

Kosten eines Zivilprozesses zur Erlangung eines Studienplatzes sind nicht als außergewöhnliche Belastungen steuerlich absetzbar. Auch stellen Prozesskosten keine typischen Kostenmerkmale der Ausbildung dar. So entschied kürzlich das FG Düsseldorf im Fall eines Vaters, der für seine Tochter einen Studienplatz vor Gericht erkämpft hatte und danach mit dem Finanzgericht um die steuerliche Berücksichtigung der Kosten stritt.

Nach der jüngst geänderten Rechtsprechung des BFH sind Kosten eines Zivilprozesses unabhängig von dessen Gegenstand im Rahmen der Einkommensteuer als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigungsfähig. Per Nichtanwendungserlass hat der Fiskus jedoch angeordnet, dass dieses Urteil über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anzuwenden ist.

In einem jetzt entschiedenen Fall wollte sich ein Vater damit nicht abfinden. Ihm waren Prozess- und Anwaltskosten für seine Tochter entstanden. Diese musste sich einen Studienplatz im Fach Psychologie erkämpfen und konnte aufgrund der durchgeführten Maßnahmen mit dem Anwalt vor Gericht erreichen, dass sie den Platz erhielt. Das Finanzamt erkannte diese Kosten aber nicht als außergewöhnliche Belastung an und verwies auf den Nichtanwendungserlass. Dagegen klagte der Vater vor dem FG Düsseldorf.

Die Richter gaben dem Finanzamt Recht, wenn auch aus anderen Gründen: Die Anerkennung von außergewöhnlichen Belastungen ist nämlich ausgeschlossen, wenn es sich um Aufwendungen für die Berufsausbildung von Sohn oder Tochter handelt. Eine Ausbildung liegt auch dann vor, wenn das Kind nach einem Schulabschluss - und der dadurch erlangten Hochschulreife - ein Erststudium absolviert. Zu den Aufwendungen für diese Berufsausbildung gehören auch die vorab entstandenen Aufwendungen, die von einem Elternteil mit der Absicht getätigt werden, dem eigenen Nachwuchs die von ihm gewünschte Art der Berufsausbildung zu ermöglichen. Als solche sind die Gerichts- und Anwaltskosten zu qualifizieren. Denn der Vater hat sie aufgewendet, um der Tochter auf dem Rechtsweg die Zulassung zum Studium zu erstreiten, so das FG Düsseldorf.

Zwar könnte es sich bei den Prozesskosten um typische Kosten der Ausbildung handeln, die unter die Anwendbarkeit außergewöhnlicher Belastungen oder des allgemeinen Unterhalts an bedürftige Angehörige fallen. Doch Prozesskosten stellen keine typischen Kostenmerkmale der Ausbildung dar, auch wenn die Rechtsprechung außergewöhnliche Unterhaltskosten als solche ansieht. Das FG Düsseldorf schließt sich dabei der bisherigen alten Rechtsprechung aus 1984 an, nach der die entstandenen Kosten ihrer Art nach nicht so ungewöhnlich sind, dass sie aus dem Rahmen der durch die Pauschalregelung für den Unterhalt abgegoltenen Ausbildungskosten fallen würden.

Generell sehen die Richter die neue BFH-Rechtsprechung zum erleichterten Abzug von Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastung kritisch. Außerdem halten Teile des Schrifttums und der FG-Rechtsprechung wie z.B. das FG Hamburg verwaltungsgerichtliche Verfahrenskosten wegen der Zulassung zum Studium nicht für typische laufende Unterhaltsaufwendungen, sondern für Kosten lebenswichtiger Prozesse und damit für unterhaltsrechtlichen Sonderbedarf. Der BFH soll dies in der zugelassenen Revision (X R 34/12) klären.

Praxishinweis

Der BFH hatte - unter Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung - mit einem 2011 veröffentlichten Urteil entschieden, dass Zivilprozesskosten des Klägers wie des Beklagten unabhängig vom Gegenstand des Prozesses aus rechtlichen Gründen zwangsläufig erwachsen und dass damit die Voraussetzung für außergewöhnliche Belastungen gegeben ist. Der Aufwand kann daher bei der Einkommensteuer mindernd geltend gemacht werden, wenn er - wie auch ansonsten im Rahmen von außergewöhnlichen Belastungen - notwendig ist und einen angemessenen Betrag nicht überschreitet.

Bei den Kosten eines Zivilprozesses sprach nach bisheriger ständiger Rechtsprechung - und auch der Auffassung der Finanzverwaltung - gegen die Zwangsläufigkeit, dass das die Zahlung verursachende Ereignis zwangsläufig erwachsen sein musste. Daran fehlte es nach bisheriger Ansicht bei einem Zivilprozess: In der Regel ist der freien Entscheidung der Parteien überlassen, ob sie sich zur Durchsetzung oder Abwehr eines zivilrechtlichen Anspruchs einem Prozesskostenrisiko aussetzen. Lässt sich jemand trotz ungewissen Ausgangs auf einen Prozess ein, liegt die Ursache für die Kosten in seiner Entscheidung, das Risiko in der Hoffnung auf ein für ihn günstiges Ergebnis in Kauf zu nehmen, betonte der BFH. Doch die Auffassung, ein Mensch übernehme das Prozesskostenrisiko freiwillig, verkennt, dass Ansprüche regelmäßig nur gerichtlich durchzusetzen oder abzuwehren sind.

Bis dahin erkannten die Rechtsprechung und die Finanzverwaltung Zivilprozesskosten nur an, wenn das Verfahren existenziell wichtige Bereiche berühren und eine Person ohne den Rechtsstreit Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.

An dieser Rechtsauffassung hält der Fiskus weiterhin fest, indem er über eine Initiative des Bundesrates beim - inzwischen gestrichenen - Jahressteuergesetz 2013 die Anwendbarkeit auf den bisherigen engen Rahmen beschränken wollte. Begründung: Die generelle steuermindernde Berücksichtigung von Prozesskosten entspricht nicht den sonst bei außergewöhnlichen Belastungen geltenden Grundsätzen der Zwangsläufigkeit und Außergewöhnlichkeit. Da es aufgrund eines Schreibens des BMF zur Nichtanwendung des Urteils einen Hinweis auf eine mögliche gesetzliche Neuregelung der steuerlichen Berücksichtigung von Zivilprozesskosten gab, die auch die rückwirkende Anknüpfung an die bisher geltende Rechtslage einschließt, sollte die gesetzliche Neuregelung in allen noch nicht bestandskräftig festgesetzten Fällen angewendet werden.

Laut BMF stehen der Finanzverwaltung für eine eindeutige, zuverlässige und rechtssichere Einschätzung der geänderten Rechtsprechung keine Instrumente zur Verfügung; sie müsste aufgrund des Urteils in einer erheblichen Anzahl von Fällen entscheiden. Daher könnten Zivilprozesskosten auch weiterhin wie nach bisheriger Vorgehensweise nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden.

FG Düsseldorf, Urt. v. 14.01.2013 - 11 K 1633/12 E
BFH, Urt. v. 12.05.2011 - VI R 42/10, BStBl 2011 II 1015
BFH, Urt. v. 09.11.1984 - VI R 40/83
BMF-Schreiben v. 20.12.2011 - IV C 4 - S-2284/07/0031:002, BStBl 2011 I 1286
FG Hamburg, Urt. v. 24.09.2012 - 1 K 195/11, Rev. BFH: X R 34/12

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 14.05.13