Beraterpraxis, Steuerberatung, Steuerfachangestellte -

Gesetzesänderung zur Anpassung an die EU-Fondsrichtlinie geplant

Am 27.01.2011 wurde im Bundestag erstmals der Regierungsentwurf zu den geänderten Bedingungen für die Fondsanlage in Deutschland beraten (OGAW-IV-Umsetzungsgesetz). Hiermit soll die neugefasste europäische Investmentfonds-Richtlinie in nationales Recht umgesetzt werden und für nach dem 30.06.2011 beginnende Geschäftsjahre bei den Fondsgesellschaften gelten. Darüber hinaus gibt es einige Steueränderungen, die im umfangreichen Gesetzentwurf auf den ersten Blick gar nicht zu erkennen sind.

Der Finanzausschuss beschloss die Durchführung einer öffentlichen Anhörung zu dem Gesetzentwurf, die am 23.02.2011 stattfinden soll. Nachfolgend im Überblick die wichtigsten Eckpunkte des Entwurfs:

  • Das Gesetz will insbesondere die Effizienz des Investmentfondsgeschäfts erhöhen, den Anbietern von Fondsprodukten Rahmenbedingungen bieten, die sie wettbewerbsfähig machen, und für Fondsanleger EU-weit einheitlich hohe Schutzstandards schaffen. Hierzu wird die neugefasste europäische Investmentfonds-Richtlinie in nationales Recht umgesetzt, was im Wesentlichen diverse Änderungen im InvG nach sich zieht.
  • Generell wird die europaweite Zulassung von Produkten einfacher. So muss eine Fondsgesellschaft für die Vertriebszulassung künftig nur noch die Aufsichtsbehörde in ihrem Herkunftsland und nicht mehr in den einzelnen Zielländern informieren. Die Vermarktung kann beginnen, sobald die Heimatbehörde die Zielländer informiert hat.
  • Das Gesetz beabsichtigt zudem die Einführung sog. Master-Feeder-Konstruktionen, die durch ein grenzüberschreitendes Pooling von Vermögenswerten das Anlegen effektiver gestalten. Dabei können von einem Hauptfonds (Master) diverse Ablegerfonds (Feeder) aufgesetzt werden, die sowohl im Inland als auch im Ausland sitzen können. Steuerlich werden diese Masterfonds wie herkömmliche Dachfonds-Konstruktionen behandelt.
  • Steuerliche Anpassungen werden insbesondere aufgrund der zugelassenen grenzüberschreitenden Fondsverwaltung durch Kapitalanlagegesellschaften erforderlich. Nach den Vorschriften des InvStG aufgelegte Fonds werden auch steuerlich immer als inländisches Investmentvermögen qualifiziert - unabhängig vom Ort der Verwaltungsgesellschaft. Dies hat z.B. Bedeutung für die Anwendung des nationalen Aufsichtsrechts, für die beschränkte und unbeschränkte Steuerpflicht, für den Kapitalertragsteuerabzug und für die Zuständigkeit der Finanzbehörden.
  • Grundstücks- oder Anteilsübertragungen bei bestimmten betrieblichen Umwandlungsvorgängen hat das Wachstumsbeschleunigungsgesetz von der Grunderwerbsteuer befreit. Dies wird rückwirkend für Erwerbsvorgänge nach 2009 auf Personengesellschaften als abhängige Gesellschaften erweitert. Eine Personengesellschaft ist dann abhängig, wenn das herrschende Unternehmen unmittelbar oder mittelbar oder teils unmittelbar und teils mittelbar zu mindestens 95 % am Gesellschaftsvermögen ununterbrochen beteiligt ist.
  • Der Kapitalertragsteuerabzug bei Aktien und Investmentanteilen im Sammel- und Streifbanddepot wird neu geregelt, um Steuergestaltungen bei Leerverkäufen über den Dividendenstichtag hinaus zu verhindern. Bei Dividendenausschüttungen ab dem 01.01.2012 behält nicht mehr die AG selbst die Steuer ein, sondern die Depotbank. Wird die Dividende auf ein ausländisches Depot ausgezahlt, ist die letzte inländische Stelle zum Kapitalertragsteuerabzug verpflichtet. Durch diese Verlagerung kann die Bank künftig in der Steuerbescheinigung bestätigen, dass die Steuer tatsächlich abgeführt wurde. Zudem werden Kompensationszahlungen anlässlich eines Leerverkaufs gegenüber dem Leerverkäufer generell nicht mehr in Höhe der Netto-, sondern der Bruttodividende belastet und somit steuerliche Anreize zum Abschluss solcher Geschäfte abgeschafft.
  • Für Vor-REITs kann die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die Frist für den zur Erlangung des REIT-Status erforderlichen Börsengang auf Antrag um ein weiteres Jahr - und damit insgesamt auf bis zu fünf Jahre - verlängern. So tritt ein steuerlicher Bestandsschutz nach § 3 Nr. 70 EStG für die gewährte hälftige Steuerbefreiung ein, sofern Grundstücke an einen Vor-REIT veräußert werden. Dies wird über das Jahr 2011 hinaus verlängert.

Praxishinweis

Die Änderungen bei der Erstattung von Kapitalertragsteuer sind bereits vor dem Inkrafttreten des Gesetzes anzuwenden, worauf das BMF am 15.12.2010 hingewiesen hatte. Das Erstattungsverfahren wird eingeschränkt und die Kapitalertragsteuererstattung durch die Depotbank für Dividendenerträge, die vom Investmentfonds bezogen wurden, im Jahr 2011 nur zugelassen, wenn die Anteile zum Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses auch im Eigentum des Fonds stehen.

Hierdurch sollen missbräuchliche steuerliche Gestaltungen bei Leerverkäufen von Aktien über den Dividendenstichtag hinaus verhindert werden. Denn gerade Investmentfonds werden augenscheinlich für den Zweck gegründet, sich ungerechtfertigte Steuervorteile in ganz erheblicher Höhe zu verschaffen.

Diese Regelung soll die Erstattung der Kapitalertragsteuer endgültig ausschließen, wenn der Fonds eine Aktie vor dem Ausschüttungsstichtag erwirbt und erst danach durch das Erfüllungsgeschäft übereignet bekommt. Sie trifft aber auch normale Kaufvorgänge über den Dividendenstichtag, bei denen keine Steuergestaltung vorliegt. Investmentfonds sollten daher kurz vor dem Dividendenstichtag keine Käufe mehr tätigen, um steuerliche Nachteile zu vermeiden.

BMF-Schreiben v. 15.12.2010 - IV C 1 - S 1980-1/10/10009

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 01.02.11