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Gewissenhaft Belege sammeln - Krankheitskosten steuerlich optimal absetzen

Aufwendungen für Heilbehandlungen gelten als außergewöhnliche Belastungen, ohne dass sie dem Grunde und der Höhe nach geprüft werden. Das gilt für Maßnahmen, die entweder der Heilung einer Krankheit dienen oder den Zweck verfolgen, Schmerzen erträglich zu machen und ihre Folgen zu lindern. Gefördert werden dabei nicht nur Arztbesuche und Operationen, sondern in der anstehenden Steuererklärung 2012 auch noch die Praxisgebühr als Zuzahlung in Höhe von 10 €, die Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung bis Ende des Vorjahres bei einem Besuch von Arzt, Zahnarzt, Psychotherapeuten oder kassenärztlichem Notdienst einmal im Quartal entrichten mussten. Hinzu kommen Rezepte oder Kurkosten als außergewöhnlichen Belastungen.

Begünstigte Heilbehandlungen sind dabei alle Eingriffe und andere Behandlungen, die nach den Erkenntnissen, Erfahrungen und nach den Grundsätzen eines gewissenhaften Arztes zu dem Zweck nötig sind und vorgenommen werden, Krankheiten, Leiden, Körperschäden, körperliche Beschwerden oder seelische Störungen

  • zu verhüten,
  • zu erkennen,
  • zu heilen oder 
  • zu lindern.

Hiervon abzugrenzen sind aber Behandlungen, die lediglich aus kosmetischen Erwägungen - ohne medizinische Notwendigkeit und ohne therapeutisches Ziel - vorgenommen werden. Die Aufwendungen für solche Anwendungen sind Kosten der privaten Lebensführung, die steuerlich unbeachtlich sind. Oftmals ist nicht eindeutig erkennbar, ob eine medizinische Maßnahme der Heilung oder Linderung einer Krankheit dient. In diesem Fall ist der Steuerpflichtige - nach allgemeinen Verfahrensgrundsätzen im Zweifel - in der Beleg- und Nachweispflicht darüber, dass es sich bei seinen Aufwendungen um Krankheitskosten handelt.

Früher wurde in diesen Fällen zum Nachweis der Aufwendungen stets ein vor der Behandlung ausgestelltes amts- oder vertrauensärztliches Attest verlangt. Mit der Änderung seiner Rechtsprechung hält der BFH seit Ende 2011 aber nicht mehr an diesem formalisierten Nachweis fest. Im Steuervereinfachungsgesetz 2011 wurden - in Reaktion auf diese Rechtsprechungsänderung - die zuvor geltenden Verwaltungsanweisungen in den ESt-Richtlinien zum Nachweis von Krankheitskosten im Wesentlichen gesetzlich festgeschrieben.

Der neue Anwendungskatalog enthält jedoch keine Regelung für Operationen aller Art. Es gibt also derzeit keine Direktive, nach der ein vor Beginn der Maßnahme ausgestelltes amts- oder vertrauensärztliches Attest gefordert werden soll. Nach der aktuellen Vorgabe der Finanzverwaltung sind folgende fünf Punkte zu berücksichtigen:

  1. Der Steuerpflichtige hat die Zweckbestimmung seiner Behandlung anhand geeigneter Unterlagen nachzuweisen.
  2. Ein Attest des behandelnden Arztes genügt grundsätzlich nicht.
  3. Sofern die Behandlung medizinisch indiziert ist, ist davon auszugehen, dass dem Steuerpflichtigen entsprechende Befundberichte vorliegen und er diese zum Nachweis der medizinischen Notwendigkeit vorlegen kann.
  4. Die Umstände des Einzelfalls - Art der Maßnahme, Krankheitsbild, Gründe für die fehlende Erstattung durch die Krankenversicherung - sind zu berücksichtigen.
  5. Der Nachweis einer medizinischen Indikation gilt auf jeden Fall dann als erbracht, wenn sich die Krankenversicherung oder der Beihilfeträger an den Behandlungskosten beteiligt hat.

Beachten Sie: Sollte die medizinische Notwendigkeit der Behandlung streitig werden, erleichtert ein bereits vor Beginn der Behandlung ausgestelltes amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung zur medizinischen Notwendigkeit der Behandlung die Nachweisführung.

Praxishinweis

Wer fleißig Quittungen über Kleinstbeträge innerhalb der Familie sammelt, senkt seine Steuerlast, auch wenn das für viele Steuerzahler ein mehr als lästiges Übel darstellt. Die Mühe lohnt sich aber besonders bei Aufwendungen rund um die Krankheit. Da Bürger durch die Gesundheitsreform für immer mehr Kosten selber aufkommen müssen, gewinnt diese steuerliche Vergünstigung eine immer größere Bedeutung. Das Finanzamt prüft bei Krankheitskosten generell nicht, ob Behandlung, Arztbesuch oder Medizin überhaupt erforderlich oder notwendig waren. Das gilt auch für den gewählten Umfang einer Behandlung. Diese Großzügigkeit des Fiskus gilt auch, wenn eine Erkrankung auf Selbstverschulden, gefährliche Sportarten oder auf Alkohol- und Drogenmissbrauch zurückzuführen ist. Lediglich vorbeugende Gesundheitsmaßnahmen zählen in den Augen des Finanzamts nicht mehr zu den abziehbaren Kosten. Absetzbar ist dabei grundsätzlich alles, was nicht erstattet wird. Das reicht von der Anschaffung von Brille, Hörgerät, Treppenlift oder Gehhilfe bis hin zu Kur, Frischzellenbehandlung und neuen Zähnen. So kommen innerhalb einer Familie in einem Jahr leicht Beträge von weit über 1.000 € zusammen.

Viele Steuerzahler beachten die Unmengen von Einzelbelegen nicht, weil Krankheitskosten sich steuerlich nur auswirken, wenn ein gewisser Betrag als zumutbare Eigenbelastung überschritten wird. Die Höhe richtet sich nach Einkommen und Familienstand und beträgt bei einem Ehepaar mit 50.000 € Jahreseinkommen 2.500 €. Eltern mit drei Kindern können bei gleichem Einkommen aber bereits sämtliche Kosten absetzen, die über 500 € liegen, was bei einer großen Familie eher die Regel ist.

Eine Addition sämtlicher Kosten lässt die Grenze der Eigenbelastung schnell überspringen, zumal auch andere Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen gelten. So können etwa die Kosten der Beseitigung von Hochwasserschäden, Beerdigungskosten oder Ehescheidungskosten für die Bemessung der zumutbaren Eigenbelastung mit der Summe der Krankheitskosten zusammengerechnet werden.

Tipp: Da die Eigenbelastung den Kosten in jedem Jahr gegenübergestellt wird, kann es sinnvoll sein, den Aufwand zu bündeln, um damit alle zwei Jahre über die Hürde zu kommen. Denn steuerlich kommt es ausschließlich auf den Zahlungszeitpunkt an. Daher sollten sämtliche Kosten, soweit möglich, geballt in einem Jahr bezahlt werden, auch wenn sie auf verschiedene Zeiträume entfallen. Gegenzurechnen sind in jedem Fall die Erstattungen der Krankenkasse oder des Beihilfeträgers.

FinMin Schleswig-Holstein, Kurzinfo ESt Nr. 6/2013 v. 12.03.2013 - VI 313 - S-2284 - 187
BFH, Urt. v. 11.11.2010 - VI R 16/09, BStBl 2011 II 966
BFH, Urt. v. 11.11.2010 - VI R 17/09, BStBl 2011 II 969
Gesetz zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs in stationären Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen v. 20.12.2012, BGBl 2012 I 2789

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 23.04.13