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Investitionsabzugsbetrag für Photovoltaikanlagen

Mit dem Unternehmensteuerreformgesetz 2008 wurde die vorherige Ansparabschreibung (-rücklage) durch den Investitionsabzugsbetrag ersetzt. Hinzu kamen einige Anpassungen bei der zusätzlich möglichen Sonderabschreibung von 20 %. Allerdings gelingt die Bildung des Abzugsbetrags nur für Wirtschaftsgüter, die anschließend zu mindestens 90 % betrieblich genutzt werden.

Diese Voraussetzung galt nach der alten Regelung nur für die Sonder-AfA. Ohne Fahrtenbuch scheidet damit z.B. ein Abzugsbetrag für einen Firmen-Pkw mit Listenpreisregelung im Regelfall aus, nicht aber für die Solaranlage auf dem Dach des Eigenheims, wenn der durch sie produzierte Strom aufgrund von hohem Eigenbedarf zu weniger als 10 % an ein Energieunternehmen geliefert wird.

Denn zur Anwendung der Steuerregeln auf Photovoltaikanlagen, deren Strom nicht vollständig in das allgemeine Stromnetz eingespeist wird, weist die OFD Niedersachsen aktuell auf eine geänderte Rechtsauffassung der ESt-Referatsleiter des Bundes und der Länder hin. Zwar kommt es maßgeblich auf die unmittelbare Verwendung des Wirtschaftsguts an, für das ein Investitionsabzugsbetrag in Anspruch genommen werden soll, denn laut BMF wird ein Wirtschaftsgut ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt, wenn es der Steuerpflichtige zu nicht mehr als 10 % privat nutzt.

Eine Verwendung des durch die Photovoltaikanlage produzierten Stroms zu mehr als 10 % für private Zwecke spricht aber nicht gegen die Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrags. Auf die spätere Sachentnahme des produzierten Wirtschaftsguts "Strom" kommt es bei der Beurteilung der betrieblichen Nutzung des produzierten Wirtschaftsguts "Solaranlage" nämlich nicht an. An der bislang vertretenen Rechtsauffassung wird daher nicht mehr festgehalten.

Ertragsteuerlicher Grundsatz: Unabhängig von der sonstigen Tätigkeit erzielen Hausbesitzer durch den Betrieb einer Photovoltaikanlage Einnahmen aus einer gewerblichen Betätigung in Höhe der vom Netzbetreiber gewährten Vergütung, sofern Gewinnerzielungsabsicht vorliegt. Davon ist grundsätzlich auszugehen; lediglich in den Fällen, in denen eine Fremdfinanzierung vorliegt, wird dies im Einzelfall nach den allgemeinen Grundsätzen unter Berücksichtigung der individuellen Leistungsdaten der Anlage, der erhaltenen Fördermittel, der vorgenommenen Investitionen und der Finanzierung geprüft. Das bedeutet in der Praxis, dass auch für Privatpersonen, die ansonsten ihr Haus ausschließlich nichtunternehmerisch nutzen, die Möglichkeit besteht, als Gewerbetreibende Verluste aus der Investitionsphase horizontal oder vertikal mit anderen Einkünften zu verrechnen.

  • Wird selbst erzeugter und vergüteter Strom unmittelbar für private Zwecke - z.B. im eigengenutzten Wohneigentum oder in einem gemischtgenutzten Gebäude - selbst verbraucht, liegt gleichzeitig eine Entnahme dieses Stroms vor.
  • Wird der Strom an einen Dritten veräußert, ist neben der reduzierten Vergütung des Netzbetreibers der vom tatsächlichen Stromabnehmer vereinnahmte Strompreis als Betriebseinnahme zu erfassen.
  • Gibt es über Förderprogramme Zuschüsse, so können diese bei der Herstellung des Gebäudes alternativ als sofort zu versteuernde Betriebseinnahme oder als Minderungsbetrag der Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Photovoltaikanlage erfasst werden. 
  • Wird eine dachintegrierte Photovoltaikanlage im Zuge einer Dachrenovierung eingebaut, ist der Zuschuss zwingend als sofort zu versteuernde Betriebseinnahme zu behandeln.

Praxishinweis

Die Unterscheidung der Solaranlage zwischen unselbständigem Gebäudebestandteil und Betriebsvorrichtung ist steuerlich kein wichtiges Abgrenzungskriterium. Somit ist es nicht entscheidend, ob die Anlage auf das Dach aufgesetzt oder ins Dach integriert betrieben wird.

Die auf die vorhandene Dacheindeckung aufgesetzte Photovoltaikanlage dient ganz dem Gewerbebetrieb der Stromerzeugung und ist daher regelmäßig als Betriebsvorrichtung anzusehen. Sie gilt als bewegliches Wirtschaftsgut.

Die dachintegrierte Photovoltaikanlage (z.B. in der Form von Solardachsteinen, Solardachfolien oder Indach-Solarmodulen) ist hingegen ein unselbständiger Gebäudebestandteil und keine Betriebsvorrichtung. Sie dient von ihrer Funktion her nicht unmittelbar der Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit, sondern übernimmt auch den Schutz des Gebäudes vor Witterungseinflüssen.

Dachintegrierte Photovoltaikanlagen sind ebenfalls als selbständige, vom Gebäude losgelöste bewegliche Wirtschaftsgüter und damit nicht mehr als unselbständige Gebäudebestandteile zu behandeln. Das gilt unabhängig davon, ob die Anlagen im Zuge der Neuerrichtung eines Gebäudes oder einer Sanierungsmaßnahme angeschafft bzw. hergestellt worden sind.

Damit werden beide Anlagenarten im Ergebnis ertrag- und auch umsatzsteuerlich gleich behandelt. Das hat folgende Auswirkungen für Photovoltaikanlagen:

  • Selbständige, bewegliche und abnutzbare Wirtschaftsgüter des notwendigen Betriebsvermögens sind dem Gewerbebetrieb "Stromerzeugung" zuzurechnen.
  • Solaranlagen sind - unabhängig von ihrer Installationsform - im Anlageverzeichnis mit ihren Anschaffungs- oder Herstellungskosten auszuweisen. Der Dachstuhl oder die Restdachbedeckung ohne Solarmodule ist aber dem Gebäude zuzurechnen.
  • Zu den Betriebsausgaben gehören z.B. die Finanzierungskosten, Versicherungsbeiträge und laufende Kosten zur Wartung und Instandhaltung der Anlage.
  • Die AfA erfolgt linear. Dabei ist für Photovoltaikanlagen von einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von 20 Jahren auszugehen (Amtliche AfA-Tabelle für allgemein verwendbare Anlagegüter), was zu einer Abschreibung von jährlich 5 % führt.
  • Liegen die Anspruchsvoraussetzungen für die Bildung eines Investitionsabzugsbetrags vor, können für die geplante Anschaffung einer Photovoltaikanlage der Investitionsabzugsbetrag und nach Herstellung die Sonder-AfA in Anspruch genommen werden. 
  • Da die Photovoltaikanlagen in den meisten Fällen, in denen ein Hausbesitzer erst durch deren Installation zum Gewerbetreibenden wird, den gesamten Gewerbebetrieb darstellen, kann ein durch eine spätere Veräußerung bzw. durch die Aufdeckung von stillen Reserven bei Betriebsaufgabe erzielter Gewinn der ermäßigten Besteuerung unterworfen werden. Das gilt selbst dann, wenn der Eigentümer sein Haus, das er sonst privat nutzt, zusammen mit der Photovoltaikanlage veräußert. Dann liegt nur eine Aufdeckung der stillen Reserven hinsichtlich der Solaranlage vor.

OFD Niedersachsen, Vfg. v. 26.03.2012 - S-2183b - 42 - St 226
OFD Rheinland, Vfg. v. 22.03.2011 - S-2130 - 2011/0003 - St 142
FinMin Schleswig-Holstein, Erlass v. 11.11.2010 - VI 304 - S 2134 - 065
BMF-Schreiben v. 08.05.2009 - IV C 6 - S-2139-b/07/10002, BStBl 2009 I 633
BFH, Beschl. v. 26.11.2009 - VIII B 190/09
Unternehmensteuerreformgesetz 2008 v. 14.08.2007, BGBl 2007 I 1912

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 03.07.12