Franz Pfluegl © fotolia.de

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Investitionsabzugsbetrag kann länger genutzt werden

Der Steuergewinn lässt sich vorab über die Bildung eines Investitionsabzugsbetrags mindern, wenn der Steuerpflichtige beabsichtigt, das begünstigte Wirtschaftsgut in den dem Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden drei Jahren anzuschaffen oder herzustellen. Soweit er - mangels erfolgter Investition - nicht bis zum Ende des dritten Wirtschaftsjahres hinzugerechnet wird, muss er rückwirkend im Jahr seiner Bildung gewinnerhöhend aufgelöst werden. Dies löst in der Regel eine Steuernachzahlung mit einer Verzinsung aus.

Die OFD Münster weist jetzt darauf hin, dass bei dieser Zeitraumberechnung nach einer Übereinkunft der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder jedes Rumpfwirtschaftsjahr grundsätzlich als volles Wirtschaftsjahr zu berücksichtigen ist. Das müssen in der Praxis beispielsweise Erben, Beschenkte und andere Firmennachfolger im Falle eines Betriebsübergangs beachten, wenn dieser nicht zum 01.01. eines Jahres erfolgt. Im Ergebnis bekommen sie nun mehr Zeit, um die geplanten Investitionen noch in die Tat umzusetzen.

Existenzgründer müssen bei Betriebseröffnung beachten, dass ihnen nicht weniger als drei volle Kalenderjahre bleiben. Denn der Zeitraum beginnt erst mit Ablauf des Erstjahres, also mit einem vollen Kalenderjahr.

Hintergrund für diese Einordnung ist, dass der BFH in 2009 zu 6b-Rücklagen entschieden hatte, dass im Falle einer unentgeltlichen Betriebsübernahme während des laufenden Geschäftsjahres das insoweit zwingend entstehende Rumpfwirtschaftsjahr beim Betriebsübergeber mit dem entstehenden Rumpfwirtschaftsjahr beim Betriebsübernehmer zu verklammern und lediglich als ein Wirtschaftsjahr zu werten ist. Denn bei einer unentgeltlichen Betriebsübergabe tritt der Übernehmer in die Rechtsposition des Übergebenden ein. In diesem Fall gebietet es der Sinn und Zweck der Regelung, den Reinvestitionszeitraum für die gebildete Rücklage von vier Jahren (für neu hergestellte Gebäude sechs Jahre) nicht durch die Entstehung eines Rumpfwirtschaftsjahres zu kürzen.

Hinweis: Die grundsätzliche Berücksichtigung des Rumpfwirtschaftsjahres als volles Wirtschaftsjahr gilt sowohl beim Investitionsabzugsbetrag als auch in Fällen mit Buchwertfortführung, wenn ein Betrieb oder Teilbetrieb oder ein Mitunternehmeranteil

  • entweder in eine Kapitalgesellschaft als übernehmende Gesellschaft eingebracht wird und der Einbringende dafür neue Anteile im Wege der Sacheinlage erhält,
  • oder in eine Personengesellschaft eingebracht wird und der Einbringende hierdurch zum Mitunternehmer dieser Gesellschaft wird.

Praxishinweis

Insoweit halten die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder nicht mehr an ihrer bisherigen Verwaltungsauffassung fest, dass der Investitionszeitraum zum Beispiel bei einem vom Rechtsvorgänger in Anspruch genommenen Abzugsbetrag bei einer unentgeltlichen Betriebsübertragung aufzulösen ist, wenn bei Berücksichtigung eines Rumpfwirtschaftsjahres am Übertragungsstichtag der Investitionszeitraum endet und keine begünstigte Investition durchgeführt wurde. Stattdessen wird durch die geänderte Rechtsauffassung das beginnende Rumpfwirtschaftsjahr beim neuen Eigentümer mit dem verkürzten Zeitraum beim Vorbesitzer verklammert und bildet dadurch ein gesamtes Wirtschaftsjahr. Damit wird der Reinvestitionszeitraum von drei Jahren bei Erbschaften, Schenkungen oder sonstigen unentgeltlichen Betriebsübertragungen für den gebildeten Abzugsbetrag nicht allein dadurch verkürzt, dass beim Betriebsübergeber ein Rumpfwirtschaftsjahr entstanden ist.

Beispiel: Der Firmeninhaber mit kalendergleichem Wirtschaftsjahr verstirbt am 02.02.2011 und sein Sohn wird Nachfolger. Im Jahr 2008 hatte der Erblasser einen Investitionsabzugsbetrag gebildet, der Erwerb der geplanten Maschinen war aber noch nicht erfolgt.

Bisher: Der Investitionszeitraum endete am 02.02.2011 mit dem Übergang durch Erbschaft.

Neu: Für den Sohn entsteht vom 02.02.2011 bis zum 31.12.2011 ein neues Rumpfwirtschaftsjahr. Bis Silvester 2011 kann die geplante Investition des Maschinenparks noch durchgeführt werden, um den Abzugsbetrag auf die erworbenen neuen oder gebrauchten Anlagegüter zu übertragen.

Vergleichbar ist die Regelung beim vier- bzw. (bei neu hergestellten Gebäuden) sechsjährigen Reinvestitionszeitraum für die gebildeten 6b-Rücklagen und sinngemäß bei der unentgeltlichen Übertragung eines Mitunternehmeranteils, wenn der Rechtsvorgänger in seinem Sonderbetriebsvermögen einen Investitionsabzugsbetrag in Anspruch genommen hatte.

OFD Münster, Kurzinfo ESt 16/2011 v. 09.06.2011
BMF-Schreiben v. 08.05.2009 - IV C 6 - S-2139 b / 07 / 10002, BStBl 2009 I 633 (koordinierter Ländererlass)
OFD Frankfurt, Vfg. v. 09.08.2010, S-2139 A - 16 - St 210
BFH, Urt. v. 23.04.2009 - IV R 9/06, BStBl 2010 II 664

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 07.09.11