Judywie © Photocase

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Jahresabschluss: Bundestag mildert Sanktionen bei Offenlegungsverstößen

Der Bundestag hat am 27.06.2013 eine Reform des Ordnungsgeldverfahrens bei Verstößen gegen bilanzrechtliche Offenlegungspflichten beschlossen. Danach ergeben sich insbesondere für kleine Kapitalgesellschaften Erleichterungen. So wird unter anderem die Höhe der Ordnungsgelder abgesenkt. Und wer die Fristen unverschuldet versäumt, kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen.

Schon 2006 wurden mit dem Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG) Änderungen bei der Durchsetzung der Offenlegungspflicht vorgenommen. Fortan war auch das Bundesamt für Justiz für die Durchsetzung dieser Pflichten zuständig.

Dieses neue Ordnungsgeldverfahren hat sich weitgehend bewährt: Nach Überwindung technischer Anlaufschwierigkeiten legen seit mehreren Jahren über 90 % und rund 1 Million Kapitalgesellschaften ihre Rechnungslegungsunterlagen rechtzeitig offen.

Im Anschluss daran waren in einem weiteren Schritt Ende 2012 Erleichterungen bei der Offenlegungspflicht durch das Kleinstkapitalgesellschaften-Bilanzrechtsänderungsgesetz (MicroBilG) beschlossen worden. Das MicroBilG ermöglicht kleinen Gesellschaften bestimmter Rechtsformen einen einfacheren Jahresabschluss.

Nun kommt noch das Gesetz zur Änderung des Handelsgesetzbuchs hinzu, welches der Bundestag kürzlich verabschiedet hat. Damit werden die Regelungen des EHUG-Ordnungsgeldverfahrens für ab dem 31.12.2012 endende Geschäftsjahre behutsam modernisiert. Dabei werden effektive Verfahren gewährleistet und Härten in Einzelfällen abgemildert. Die Modernisierung der Regelungen bezieht sich auf sechs Bereiche:

  1. Absenkung der Mindestordnungsgelder für Kleinstkapitalgesellschaften von derzeit 2.500 € auf 500 € und für kleine Kapitalgesellschaften auf 1.000 €;
  2. Einführung eines neuen Höchstbetrags für Ordnungsgelder von 25.000 €;
  3. Einführung des Rechts, beim Bundesamt für Justiz bei unverschuldeter Fristversäumnis Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen;
  4. Einführung einer Rechtsbeschwerde gegen Entscheidungen des Landgerichts Bonn, das bundesweit in entsprechenden Ordnungsgeldverfahren entscheidet;
  5. Aufteilung des bislang unübersichtlichen Regel-Sammelsuriums in zwei übersichtliche HGB-Vorschriften; 
  6. Einführung von Ordnungsgeldverfahren gegen Personengesellschaften.

Nachfolgend die Einzelheiten in Kurzform:

  • Ordnungsgelder (Nr. 1-2): Die zentrale Neuregelung stellt die Senkung der Mindestordnungsgelder für Kleinstkapitalgesellschaften und kleine Kapitalgesellschaften dar. Nach geltendem Recht beträgt das Mindestordnungsgeld (unabhängig von der Unternehmensgröße) stets 2.500 € und der Höchstbetrag für Ordnungsgelder 25.000 €. Nach der Neuregelung wird das Mindestordnungsgeld für folgende Unternehmen gesenkt:
    • Kleinstkapitalgesellschaften, die ihre Bilanz nach Ablauf der Sechswochenfrist verspätet hinterlegt haben, hier setzt das Bundesamt für Justiz das Ordnungsgeld auf 500 € herab;
    • kleine Kapitalgesellschaften, die ihre Bilanz verspätet hinterlegt haben; hier setzt das Bundesamt für Justiz das Ordnungsgeld auf 1.000 € herab.
    Die Neuregelung soll sich nur dann auswirken, wenn die Kapitalgesellschaft ihre Pflicht zumindest verspätet erfüllt hat. In diesem Fall können Ordnungsgelder abgesenkt werden. Für kleinere Kapitalgesellschaften wird zugleich ein Anreiz geschaffen, die versäumte Offenlegung möglichst frühzeitig nachzuholen. Bei geringfügiger Überschreitung der sechswöchigen Frist kann das Bundesamt das Ordnungsgeld weiter herabsetzen (auch unterhalb der genannten Beträge). So werden entsprechende Härtefälle vermieden.

  • Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (Nr. 3): Über diesen Weg können Härten vor allem für kleine Kapitalgesellschaften bei unverschuldeten Fristversäumnissen vermieden werden. Relevante Hinderungsgründe können sein: schwere Erkrankung oder Tod des Alleingeschäftsführers, Verlust von Rechnungslegungs- oder Buchführungsunterlagen infolge von Naturereignissen oder Bränden. Auch wenn Dritte (z.B. ehemalige Geschäftsführer oder Vorstandsmitglieder) Unterlagen nicht an die Gesellschaft herausgeben und so die Offenlegung verhindern, ist dieser Weg möglich. Tragen die Beteiligten dann glaubhaft vor, dass ein unverschuldetes Hindernis der rechtzeitigen Offenlegung der Rechnungslegungsunterlagen entgegenstand, gewährt das Bundesamt für Justiz ihnen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Für die Nachholung der versäumten Handlung erhalten sie eine zusätzliche sechswöchige Nachfrist, die mit dem Wegfall des Hindernisses beginnt. Wenn Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird, kommt ein Ordnungsgeld nicht mehr in Betracht.

  • Einheitliche Rechtslage (Nr. 4): Das Landgericht Bonn ist bundesweit das allein zuständige Gericht, das über Beschwerden gegen Ordnungsgeldentscheidungen des Bundesamtes für Justiz entscheidet. Ein Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Landgerichts Bonn ist bislang nicht statthaft. Jetzt wird eine Rechtsbeschwerde gegen Entscheidungen des Landgerichts eingeführt, über die das Oberlandesgericht entscheidet. Darüber hinaus wird mit der Einführung der Rechtsbeschwerde die Kostenordnung geändert.

  • Entflechtung des Regel-Sammelsuriums (Nr. 5): Um die Verständlichkeit zu erhöhen, wird anlässlich dieser Änderungen die umfangreiche Regelung des § 335 HGB in zwei neue Vorschriften aufgeteilt: Die eine wird auf das Verfahren des Bundesamts für Justiz beschränkt. Die andere soll sich auf das gerichtliche Verfahren zur Überprüfung von Entscheidungen des Bundesamts für Justiz konzentrieren.

  • Personenhandelsgesellschaften (Nr. 6): Für sie wird gesetzlich klargestellt, dass Ordnungsgeldverfahren eingeleitet werden können gegen
    • die Personengesellschaft,
    • den persönlich haftenden Gesellschafter als Vertreter und
    • die Mitglieder der Vertretungsorgane der persönlich haftenden Gesellschafter.
    Das betrifft nur Fälle, in denen keine natürliche Person für Verbindlichkeiten der Personengesellschaft voll haftet. Um die Offenlegungspflichten wirksam durchzusetzen, sollen bei Kapital- und Personenhandelsgesellschaften die handelnden Personen gleichermaßen erreicht werden.

Praxishinweis

Die Neuregelungen werden (wie auch das Kleinstkapitalgesellschaften-Bilanzrechtsänderungsgesetz) erstmals für das am 31.12.2012 endende Geschäftsjahr wirksam. Die Rechtsbeschwerde gilt hingegen für alle Ordnungsgeldverfahren, die ab dem 01.01.2014 eingeleitet werden. Mit der Übergangsfrist wird erreicht, dass sich die Unternehmen, das Bundesamt für Justiz und die Landesjustiz in Nordrhein-Westfalen auf die Änderungen einstellen können.

Durch den Entwurf des 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes soll die Kostenordnung aufgehoben und durch ein neues Gerichts- und Notarkostengesetz ersetzt werden. Dieses enthält erstmals ein Kostenverzeichnis. Dort wird ein eigenständiger Gebührentatbestand für die Rechtsbeschwerde gegen Ordnungsgeldentscheidungen des Bundesamts für Justiz eingeführt.

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Handelsgesetzbuchs v. 23.04.2013, BT-Drs. 17/13221                                                            

Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses v. 26.06.2013, BT-Drs. 17/14203

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 30.07.13