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Kabinettsbeschluss zum Jahressteuergesetz 2010

Das Bundeskabinett hat in seiner Sitzung am 19.05.2010 den Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2010 (JStG 2010) beschlossen. Der Gesetzentwurf enthält eine Vielzahl thematisch nicht oder nur partiell miteinander verbundener Einzelmaßnahmen in 29 Artikeln, die überwiegend technischen Charakter haben. Das Gesetzgebungsverfahren soll im Herbst 2010 abgeschlossen werden und die Regelungen grundsätzlich am Tag nach der Verkündung in Kraft treten. Nachfolgende Regelungen im Entwurf des JStG 2010 sind dabei von besonderer Bedeutung.

1. Einkommensteuer

  • Aufhebung der Befristung für die Übertragung stiller Reserven bei der Veräußerung von Binnenschiffen (§ 6b, § 52 EStG):

 

An der Investitionsförderung nach § 6b EStG soll weiter festgehalten werden. Nach bisheriger Rechtslage besteht für die Übertragung stiller Reserven bei der Veräußerung von Binnenschiffen eine Befristung bis einschließlich 2010. Diese Befristung wird aufgehoben, da der Förderungszweck weiter fortbesteht.

 

  • Anwendung des Teilabzugsverbots, auch wenn nur die Absicht zur Erzielung von Einnahmen vorliegt (§ 3c, § 3 Nr. 40 EStG):

 

In § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG soll geregelt werden, dass für die Anwendung des Teilabzugsverbots nach Satz 1 die Absicht zur Erzielung von Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen i.S.d. § 3 Nr. 40 EStG oder von Vergütungen i.S.d. § 3 Nr. 40a EStG ausreichend ist. Die Änderung des § 3c Abs. 2 EStG, die im Referentenentwurf noch nicht enthalten war, soll die bisherige Verwaltungsauffassung klarstellen. Das Teilabzugsverbot war durch den BFH mehrfach in Frage gestellt worden, wenn keine Einnahmen erzielt werden (zuletzt BFH-Beschl. v. 18.03.2010 - IX B 227/09). Das Teilabzugsverbot soll nach dem Willen des Gesetzgebers nur ein unselbständiger "Baustein" innerhalb des gesamten Regelungswerks zum Teileinkünfteverfahren sein, nach dem sich Gewinne und Verluste aus einer Kapitalbeteiligung gleichermaßen nur anteilig auf die Einkommensteuer auswirken sollen.

 

  • Materielle und formelle Änderungserfordernisse der Bescheide zur Verlustfeststellung und Steuerfestsetzung des Folgejahres (§ 10d EStG):

 

Mit der Änderung des § 10d Abs. 4 Satz 4 und 5 EStG wird klargestellt, dass erstmalige oder korrigierte Verlustfeststellungen nach Bestandskraft des Steuerbescheids für nachträglich erklärte Verluste nur möglich sind, wenn auch der Steuerbescheid noch geändert werden könnte. Mit der Rechtsänderung wird auf eine Änderung der Rechtsprechung des BFH reagiert und die frühere Verwaltungspraxis gesetzlich festgeschrieben.

 

  • Konkretisierung im Bereich der haushaltsnahen Dienstleistungen (§ 35a EStG):

 

Zur Vermeidung von Doppelförderung werden bestimmte öffentlich geförderte Maßnahmen aus der Steuerermäßigung ausgeschlossen. Darüber hinaus wird gesetzlich wieder klargestellt, dass für Kinderbetreuungskosten, die dem Grunde nach unter die Regelung des § 9c EStG fallen, eine Förderung nach § 35a EStG ausgeschlossen ist.

 

  • Steuerbarkeit von Transferentschädigungen für den Wechsel eines Sportlers von einem nicht im Inland ansässigen zu einem im Inland ansässigen Verein (§§ 49, 50a EStG):

 

Entgegen der Rechtsprechung des BFH soll der in der Vergangenheit praktizierte Rechtszustand bei der Besteuerung von Sportlertransfers wiederhergestellt werden. Vergütungen, die für die Verschaffung der Gelegenheit erzielt werden, einen Berufssportler als solchen im Inland vertraglich zu verpflichten (Sportlertransfers im allgemeinen Sinne), sollen der Besteuerung nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. g EStG unterliegen. Diese Regelung findet ab dem Veranlagungszeitraum 2010 Anwendung.

 

  • Befreiung von der Pflicht zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung (§ 46 EStG):

 

In Freibetragsfällen für unbeschränkt und beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer bei Arbeitslöhnen unterhalb der Steuerbelastungsgrenze (z.B. für "Saisonarbeiter") wird von der Pflicht zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung, auch schon für 2009, abgesehen.

 

  • Übergangsregelung bis zur Anwendung der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (§ 52b EStG):

 

Die derzeitige Konzeption der §§ 39 und 39e EStG unterstellt, dass die elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) im Kalenderjahr 2011 eingeführt werden und dann anzuwenden sind. Der aktuelle Entwicklungsstand des Verfahrens für die elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale erlaubt jedoch keinen Einsatz im Kalenderjahr 2011. Die Ausstellung einer Lohnsteuerkarte erfolgte aufgrund der geltenden Gesetzeslage letztmalig für das Kalenderjahr 2010. Da der Lohnsteuerabzug in der Übergangszeit (2011 bis 2012) ohne neue Lohnsteuerkarte erfolgen muss, werden mit § 52b EStG Übergangsregelungen geschaffen. Dabei werden u.a. auch mehr Rechte des Arbeitnehmers bezüglich der Datenhoheit berücksichtigt.


2. Umsatzsteuer

  • Einführung einer Verjährungsregelung für die Ausstellung der für die Umsatzsteuerbefreiung privater Kulturunternehmer erforderlichen Bescheinigung nach § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2 UStG:

 

Rückwirkende Steuerbefreiungen mit der Folge eines rückwirkenden Wegfalls der Vorsteuerabzugsberechtigung (Rückabwicklung von Vorsteuerabzügen) sind künftig nur noch zeitlich begrenzt (vier Jahre) möglich. Damit wird für die betroffenen Unternehmer Rechtssicherheit hergestellt.

 

  • Ausweitung der Übertragung der Steuerschuldnerschaft (§ 13b EStG):

 

Zur Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs wird die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei der Umsatzsteuer auf Lieferungen von Industrieschrott, Altmetallen und sonstigen Abfallstoffen sowie Leistungen von Gebäudereinigern erweitert (§ 13b UStG).

 

  • Abschaffung des vollen Vorsteuerabzugs nach dem Seeling-Modell:

 

Mit § 15 Abs. 1b UStG wird der Vorsteuerabzug für gemischtgenutzte Grundstücke neu geregelt. Danach ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie für die sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit sie nicht auf die Verwendung des Grundstücks für Zwecke des Unternehmens entfällt. Die Übergangsregelung für die Neuregelung des Vorsteuerabzugs wurde - gegenüber dem Referentenentwurf - auf Bauanträge, die vor dem 01.01.2011 gestellt werden, ausgeweitet.


3. Abgabenordnung

  • Ausweitung der Mitteilungspflichten bei Geldwäsche als Ordnungswidrigkeit (§ 31b AO):

 

Nach der derzeitigen Rechtslage besteht für die Finanzbehörden keine Befugnis, Tatsachen, die auf eine Ordnungswidrigkeit i.S.d. § 17 des Geldwäschegesetzes (GwG) schließen lassen, den zuständigen Verwaltungsbehörden mitzuteilen. Durch die Änderung des § 31b AO werden die für die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten i.S.d. § 17 GwG zuständigen Verwaltungsbehörden in die Lage versetzt, hinsichtlich der Aufsicht über die Verpflichteten i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 9 bis 12 GwG ihrem gesetzlichen Auftrag effektiver nachzukommen. Wegen des hohen Schutzguts des in § 30 AO verankerten Steuergeheimnisses wird der Anwendungsbereich der Vorschrift auf diejenigen Verpflichteten beschränkt, die nach den bisherigen Erfahrungen besonders betroffen sind.


4. Erbschaft-/Schenkungsteuer sowie Grunderwerbsteuer

  • Umsetzung der Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnern mit Ehegatten:

 

Gleichgeschlechtliche Lebenspartner werden im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (§§ 15 bis 17, 37 Abs. 4 ErbStG) und im Grunderwerbsteuerrecht (§§ 3, 23 GrEStG) mit Ehegatten gleichgestellt. Bei der Erbschaftsteuer gehören sie damit zur Steuerklasse I. Die Gleichstellung bei der Grunderwerbsteuer führt dazu, dass bei Grundstücksübertragungen zwischen Lebenspartnern in Zukunft keine Grunderwerbsteuer mehr anfällt.


Hinweis: Zu weiteren Einzelheiten und Änderungen aus dem JStG 2010, insbesondere zu den Änderungen bei der Abgeltungsteuer, vergleiche auch das Wochenthema zum Referentenentwurf in STX 15/10.

Kabinettsbeschluss zum Jahressteuergesetz 2010

Quelle: Redaktion Steuern - vom 22.06.10